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29.

Die VBerfälſchung, der Nabrungsmittel und
ö Getränke.
(Fortſetzung.)

Alaun, Kupfervitriol, Zinkvitriol verbraucht die
Gewiſſenloſigkeit, beſonders bei verdorbenen Mehlen,
um dem Brode beſſeres Ausſehen zu geben. Schwefel-
ſaure Kali⸗Thonerde (Alaun), welche verſtopfend wirkt,
wird dann nicht ſelten mit etwas beigemengter abfüh-
render Jalappenwurzel unterſtützt. Schwefelſaures Ku-
pfer (blauer Vitriol) ſoll ſchlecht beſchaffene Mehle
leichter verarbeitbar machen und gleich der Alaune in-
nen wie außen ein ſchönes Anſehen geben. Auch er-
lauben beide Theile größere Waſſerzuſätze. Der Ge-
nuß ſolch gekupferten Brodes wirkt namentlich auf die
Dauer geradezu vergiftend. Eine blanke Meſſerklinge
in ein verdächtiges friſches Brod geſtochen, wird ſchon
nach einer Nachtlänge einen rothen Kupferüberzug zei-
gen. Zinkvitriol dient dazu, dem Weißbrod blendende
Farbe zu verleihen. Desgleichen unterkohlenſaure Mag-
neſia. Pottaſche vertritt als Helfer das Natron. Gyps
und das ſchreckliche Bleiweiß ſind ſchon benutzt wor-
den, um Brod ſchwerer und weißer zu machen. Borax
ſoll ebenfalls ſchlechtes Mehl verbeſſern. Um recht viel
Waſſer zuſchießen zu können, ſetzt man ſogenannte
„Waſſerſchlucker“ zu. Solche ſind: Kalk, Kreide, Thon,
Gyps, Alabaſterſtaub, Knochenaſche, Holzaſche, Erde,
Bergmehl, Infuſorienerde u. ſ. w. ö
Statt Salz wird Salzſole oder Lake von einge-
ſalzenen Fiſchen genommen. Unkrautſamen, wie: Korn-
rade, Roggentreſpe, Hahnenkamm, Gauchheil, Wachtel-
weizen, Ackerkleeſamen, Taumellolch — gehören in die
Giftmiſcherei der Mehlverderber. Brandiges und Mut-
terkorn gerathen unmittelbar vom Getreide ſelber in
das Mehl. ö
Zucker und Syrup ſollen beide eigentlich aus
Zuckerrohr dargeſtellt ſein. Wir können den aus der
Runkelrübe, aus Ahorn, Palmen und anderen Pflan-
zen gewonnenen als Erſatz noch ganz wohl gelten laſ-
ſen. Jenen aber aus Kartoffelkleiſter, Baumwolle,
Flachs, Seegras, Seetang, Perl⸗ wie isländiſchem
Moos, aus Sägeſpähnen, Papierſchund, ekelen alten
Lumpen ꝛc. mittels engliſchen Vitriolöles hergeſtellten
Zucker und Syrup ſollten wir uns dagegen ernſtlich
verbitten. Echter Rohr wie Rübenzucker in Broden
oder Hüten muß weiß ſein. Gebläut enthält er das
unſchädliche Ultramarin, das überflüſſig iſt, wenn es
nicht eine verdächtige graue Färbung decken ſoll. Fer-
ner ſei er hart, klingend und klitzere von feſten Kry-
ſtallen. Krümelnde Stellen, matte oder ſyrupfarbené
Streifen darf er nicht aufweiſen. Es iſt ein ſchlech-
tes Zeichen, wenn er ſtatt höchſt trocken zu ſein, ſtarke
Neigung zeigt, die Feuchtigkeit der Luft anzuziehen,
um darin zu ſchmelzen. Das ihn einhüllende Papier
muß jeder Feuchtigkeitsflecken entbehren. Iſt er glanz-
los, mißfarbig, gelblich, feucht, im Pulverzuſtande zu
Klumpen geballt, klebt er ſolchergeſtalt auch zwiſchen

mit Spiritus.

den Fingern, ſo iſt ſein Werth ein geringer. Er ent-

hält dann Melaffe, d. h unkröſtalliſirbare Syruptheile.
Beſonders 4 Sihenlerten in pulveriger Form iſt
zzu mißtrauen. S
RKrümel⸗ oder Stärkezucker oder ſonſt verpfuſcht durch
ſchlechten Milchzucker, Mehl, ſchwefelſaures Kali, Sand,
Gyps, Kalk, Faſergemenge aus dem entzuckerten Rohr
mittelſt Gewebstheilen, welche der Rübe entſtammen.
Schlechter Zucker, ſogar die guten Rohzucker (Mosco-
vaden) und der bräunliche Farin wimmeln meiſt, durch
angezogene Feuchtigkeit von Gährungspilzen.
nach längerem Liegen, und je geringer um ſo ſchlim-
mer, ſtrotzen die mehligen, klümperigen und klebrigen
Zuckerarten von Zuckermilben.

Zie ſind meiſt gefälſcht mit Trauben⸗,

Ebenſo

Man betrachte nur
den weißlich ausgeſchwitzten Traubenzucker auf Feigen
und anderen getrockneten Früchten unter einem Ver-
größerungsglaſe, um ſich von dem eigenthümlich darin

herumkribbelnden Leben ſolchen Zuckers zu unterrichten.
Guter Zucker, gleichviel in welcher Form, darf auch
nie einen Geruch, am allerwenigſten einen widerlichen
haben. Er ſei ſtets waſſerfrei, leicht, gänzlich und

klar löslich.
Der Syrup iſt der unkryſtalliſirbare Rückſtand
des Zuckers. Er geht gereinigt in den Handel über
oder wird zur Rumbereitung verwendet. Vorherr-
ſchend, namentlich weiter zurückgelegen von den See-
häfen, wird nur Rübenſyrup verkanft oder doch min-
deſtens blos die dritte, alſo ſchlechteſte Sorte aus der
Rohrzuckerdarſtellung. Der aus Obſt, Kartoffeln, Wur-⸗

zeln, Kaſtanien, Quecken, Lumpen u. dgl. m., der bei

der Krümel⸗ oder Traubenzuckerfabrikation als Erſt-
lingsproduct gewonnene Syrup dient zum Verſüßen
des ſchlechten und zum Vermehren des guten Zucker-
ſaftes. Solcher Syrup, und je nach geringer Herkunft

ſo viel ſchlimmer, hat nicht die gehörige Dicke und

Süße, ſehr oft brenzlichen, kratzigen Beigeſchmack, riecht
zurückſtoßend oder ſauer und ſchmeckt auch ſo. Endlich
noch iſt er trübe, wie mit einem feinen Häutchen be-
deckt nnd glanzlos. Stark mit Waſſer verdünnt, ſetzt
er Niederſchläge ab. Auch erzeugt er Schimmelpflan-
zen. Wie ein Tropfen guter Milch auf dem Finger-
nagel nicht ablaufen darf, ſoll echter Syrup, auf einem
kalten Teller getropft ſelbſt beim Bewegen nicht ab-
rinnen. Angeblaſen wird er nicht feine Fältchen ſchla-
gen und mit dem Meſſer zerſchnitten darf er nicht
das Beſtreben ſchneller Wiedervereinigung verrathen.
Bier, beziehendlich die Lagerbiere, verfälſcht
man mit ſchlechtem Glycerin, gebranntem Zucker, Stär-
keſyrup oder verdorbenen Getreidereſten, ſtatt des Mal-
zes. Die Stärkegrade gibt, Verdorbenheit deckt man

CFortf hung folgt.)
 
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