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Schneider, Friedrich; J. M. Heberle (H. Lempertz' Söhne); Gedon, Lorenz [Oth.]
Versteigerung zu Köln / J. M. Heberle (H. Lempertz' Söhne): Catalog der nachgelassenen Kunst-Sammlungen des Bildhauers und Architekten Herrn Lorenz Gedon in München: Kunsttöpferei, Glas, Arbeiten in edlem Metall, Arbeiten in Bronze, Kupfer, Eisen und Zinn, Arbeiten in Elfenbein, Emaille etc., ... : Versteigerung zu München den 17. - 21. Juni 1884 ... im Atelier des Verstorbenen ... — München, Leipzig: Verlag von G. Hirth, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.55592#0019
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Bei den nebenan in geschmackvollster Weise aufgestellten Krügen und Gläsern fällt
das Auge sofort auf einen braun glasirten Raerener Krug, der als wahres Monument unter
seinen Genossen in der Höhe von 60 Centimeter aufragt. Mit schönster hellbrauner Glasur
vereinigt er eine Schärfe in seinen geschmackvollen Wappenverzierungen und der oben
umlaufenden Hohlkehle, die ihn zu einem Prachtstück ersten Ranges macht. Ihn umgeben
kleinere aparte und seltene Krüge der verschiedensten Art und eine Anzahl deutscher, nieder-
ländischer und italienischer Gläser, deren edle Formen uns wohl schon auf den van der
Helst'schen Bildern niederländischer Schützenmahlzeiten oder auf den Stillleben de Heems
begegnet sind.
Links vom Eingang öffnet sich auf der Höhe der Estrade ein Prachtportal aus
gewundenen, mit Weinlaub verzierten Säulen in glänzendem Barock. Dazwischen spannt
sich in massigem Faltenwurf ein reicher Stoff. Durch das stylvoll gegliederte, gothische
eiserne Thor treten wir in einen tonnengewölbten gothischen Saal. In farbigem, durch
gemalte Glasscheiben hervorgerufenen Dämmerlichte umfängt uns der anheimelnde Raum.
Abgefasste Sparren gliedern, mit charaktervollen eisernen Rosetten befestigt, die Längenachse
der schlicht vertäfelten Decke, in der Naturfarbe des Holzes. Gothisches Chorgestühl zieht sich
rechts an den Wänden hin und mittelalterliche Geräthe der seltensten Art fesseln den Blick.
Ein eiserner Topf heim des 13. Jahrhunderts, ein Todtenschild von 1322 und ein
rother Heroldsrock mit weissem Astkreuz sind zu einer Trophäe vereinigt. Daneben steht
ein tadellos erhaltener gothischer Doppelschrank mit reichem Zinnenschluss und vollständigem
Beschläge. Gothische Gobelins und Plolzschnitzereien bedecken die Wände und vorzügliche
Holzfiguren, unter welchen eine Statue des hl. Benedikt von edelstem Ausdruck und höchster
technischer Vollendung hervorragt, sind längs derselben aufgestellt.
Nach links umwendend erblicken wir eine lauschige Ecke, ein gothisches Studier-
stübchen, dem Gehäuse ähnlich worin uns Dürer seinen hl. Hieronymus schildert. Bunte
Scheiben, mit dem Wappen Willibald Pirkheimers, dämpfen das Licht, das über romanische
Manuscripte, alte Buchbände und frühes Tintenzeug auf dem Studiertisch gleitet. Vor
demselben steht, wie eben von dem Besitzer verlassen, einer jener kaum auffindbaren früh-
italienischen, mit Elfenbein eingelegter Scheerenstühle, ein sogenanntes Certosini-Möbel.
Den Hintergrund bilden ein kleiner höchst interessanter gothischer Gobelin »wie der Fuchs
den Gänsen predigt«, Bücherkästen, Hausgeräthe, Holzschnitzereien und kunst- wie kultur-
historische Merkwürdigkeiten verschiedenster Art. Nur schwer trennt man sich von diesem
gemüthlich anheimelnden Raum, dessen stimmungsvoller Zauber eine fesselnde Kraft ausübt.
An einem kostbaren gothischen Tisch mit verschiedenfarbigen Holzintarsien vorbei, erblicken
wir eine vornehme Madonnenstatue aus Stein mit Spuren von Bemalung, die sich in anti-
kisirender Form von einem Baldachin abhebt, der aus gothischem, mit goldenen und silbernen
Ornamenten durchwirkten Sammt hergestellt ist. In dem dunklen Seitengrund der Halle
stehen riesige gothische Sakristei-Truhen mit wuchtigen Beschlägen, Sculpturen kirchlicher
Art, ein gewaltiges byzantinisches Kreuzbild und so manches, was sonst nur in den seltensten
Fällen im Schatten alter Kirchenräume sich vereinigt findet.
Nach der entgegengesetzten Seite der Ausstellung uns wendend, sehen wir zunächst
in einem kleineren Mittelraume die Wände mit farbenprächtigen, goldgestickten alten

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