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Schneider, Friedrich; J. M. Heberle (H. Lempertz' Söhne); Gedon, Lorenz [Bearb.]
Versteigerung zu Köln / J. M. Heberle (H. Lempertz' Söhne): Catalog der nachgelassenen Kunst-Sammlungen des Bildhauers und Architekten Herrn Lorenz Gedon in München: Kunsttöpferei, Glas, Arbeiten in edlem Metall, Arbeiten in Bronze, Kupfer, Eisen und Zinn, Arbeiten in Elfenbein, Emaille etc., ... : Versteigerung zu München den 17. - 21. Juni 1884 ... im Atelier des Verstorbenen ... — München, Leipzig: Verlag von G. Hirth, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.55592#0020
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japanischen Seidentapeten bedeckt. Reizende Wappensculpturen in Stein sind ringsum auf-
gestellt und eine Schweizer Brunnensäule mit reichster Hochreliefschnitzerei der besten
Renaissancezeit ist selbst in beschädigtem Zustand noch ein glänzendes Zeugniss des Ge-
schmackes und der Technik.
Im nächsten Saal wird das Auge durch eine erlesene Zahl kostbarer Eisengeräthe
gefesselt. Frühe Werkzeuge von schönster Zeichnung und Durchführung, herrliches Klein-
geräth, wie jenes Glöckeleisen zum Spitzenkrausen (das im Catalog irrthümlich als Locken-
eisen bezeichnet ist), getriebene und geschnittene Prachtstücke der Schmiedekunst erwecken
gleichmässig Staunen und Bewunderung. Geschick und Geschmack theilen sich hier in der
That in das Lob. Ueberhaupt bietet die hier ausgebreitete Sammlung an Eisengeräthen
die Fülle an prachtvollen Leistungen. Die gothische Zeit ist mit einer Anzahl der herr-
lichsten Schlossbleche, Ringe, Thürklopfer u. s. w. vertreten. Renaissance und Barock,
sowie die Spätzeit glänzen in einer Folge vorzüglicher Stücke. Die wuchtigsten Schlösser
und Angeln wechseln mit meisterlich behandelten Zierstücken.
Die Wandflächen sind hier mit Gobelins, holzgeschnitzten Wappen, Stammbäumen
und ernstblickenden Bildnissen geschmückt. Die ganze Schlusswand wird durch ein präch-
tiges, wahrhaft monumentales Schrankmöbel der Spätrenaissance eingenommen. Die Glas-
kasten in diesem Saale bergen neben einer Menge herrlicher Bucheinbände in Silber und
Leder, kostbarster Waffen, Lederarbeiten und Stoffe ein vollständig erhaltenes Hemd aus der
Zeit Holbeins mit ebenso reich wie geschmackvoll gesticktem und gefälteltem Kragen und
Manchetten, geradezu ein Unicum. Unter den hier noch eingereihten kleineren Holz-
schnitzereien befindet sich ein Lüstreweibchen, in der Zeichnung eines Hans Holbein würdig
und von einer Ausführung, welche der Zeichnung vollständig entspricht.
In den rückwärts liegenden Zimmern umziehen mit Ahorn vertäfelte Wandbekleid-
ungen die Wände, an welchen Truhen und Schränke, reizvoll geschnitzt und in vielfarbigen
Holzarten eingelegt, aufgestellt sind. Was überdies die Zeit an Gefässen und Geräthen,
Instrumenten und Spielen zum gesellschaftlichen Zeitvertreib besass, ist hier in zum Theil
kostbaren Stücken vertreten.
Der Bedeutung nach nicht an letzter Stelle, sondern nur mit Rücksicht auf den Ort
ihrer Aufstellung sind hier die Stein-Skulpturen zu erwähnen, welche in dem Hofe gegen
Süden vereinigt sind. Wir treffen dabei auf eine Menge der feinsten Bauglieder (theilweise
vom Ulmer Dom) aus der früheren wie aus der Zeit des Barock. Jeder Rest bezeugt noch,
dass es der Mühe werth gewesen, ihn vor dem Untergang zu bewahren, und so sind in der
That die Steine noch redende Zeugen für Gedon’s richtige Empfindung.


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