Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hülsen, Julius; Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Milet: Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen seit dem Jahre 1899 (Band 1,5,Text): Das Nymphaeum — Berlin, 1919

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3617#0017
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
10

I. Baubeschreibung.

werden, der bei einem Flächeninhalt von 103,23 qm etwa 110 cbm Wasser faßte, wobei der Wasser-
spiegel in einer Höhe von 2 cm über der Sohle der beiden Schwemmkanäle in der Orthostatenwand
angenommen ist, also an dieser Stelle die Wassermasse eine Höhe von 106 cm hatte (18 + 118—(32—2)).
Diese Wasserhöhe steht auch nicht im Widerspruch mit der Höhe der Trennungswand gegen den
Schöpfbehälter, an deren, durch die Dübellöcher auf den Platten erwiesenes Deckgesims sie alsdann
heranreichten, ohne in den Schöpfbehälter überzulaufen. Wenn man die verhältnismäsig unwesentlichen
Schwankungen des hier angenommenen Wasserstandes in Rechnung zieht, so ergibt sich, daß der Tief-
behälter etwa 10 cbm mehr enthalten mußte als die beiden Hochbehälter zusammen, damit sein Rück-
fluß über die Sohle der beiden Schwemmkanäle überhaupt noch möglich war. Der Schöpfbehälter
konnte bis zur Sohle seines auf der nördlichen Schmalseite gelegenen Überlaufes mit rund 17 cbm Wasser
gefüllt werden.

Der tägliche Zulauf durch den Aquädukt läßt sich nicht mehr berechnen, da, wie oben erwähnt,
der ehemals in das Gerinne eingebettete Rohrstrang nicht mehr erhalten ist und überdies sein ehemaliges
Vorhandensein lediglich aus einer konkaven Mörtelspur am Boden des Gerinnes geschlossen werden
kann. Sein Querschnitt wäre für diese Berechnung entscheidend. Daß das Gerinne selbst in seinem
rechteckigen Querschnitte ohne einen solchen geschlossenen Strang den Wasserstrom aufgenommen
hätte, darf trotz der Stärke der es bildenden beiden Mäuerchen von etwa 53 cm kaum vermutet werden.
Sicher ist jedenfalls, daß alle Behälter des Nymphaeums mit dem an sich geringen Gesamtinhalt von
rund 224 cbm nur einen kleinen Bruchteil des täglichen Zustroms auf einmal aufnehmen konnten. Es
mußte daher wohl bei ständigem Zufluß durch den Aquädukt auch ein ständiger Abfluß in das Kanal-
netz offengehalten werden. Um eine Überlastung des Brunnens zu vermeiden, wird es auch nötig ge-
wesen sein, dem Aquädukt vor seinem Anschluß an das Wasserwerk einen beträchtlichen Teil seiner
Wassermengen zu entziehen, wozu die zu beiden Seiten des Einganges der mittleren Kammer errichteten
Rohrpfeiler dienten. Es darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß die Schwemmkanäle für die
Latrinen und der Schöpfbehälter zusammen eine nicht unbeträchtliche Menge Wassers verbrauchten.
Aus den erhaltenen Resten des Unterbaues des Wasserwerks ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzu-
nehmen, daß auch dessen Oberbau ein völlig schmuckloses Aussehen hatte. In den Wiederherstellungs-
zeichnungen (Tafel 50 bis 53) ist eine massive Überwölbung der beiden Hochbehälter mit einer Längs-
tonne angenommen, für welche die unteren Mauern hinreichend stark erscheinen. Bei dieser Anordnung
würde zugleich das mittlere Geschoß der Front eine gewisse Abstützung von der Rückseite erhalten
haben. Ob in dem einfachen Mauerwerk des Obergeschosses des Wasserwerks kleinere Licht- und
Luftöffnungen angeordnet waren, kann nur vermutet werden; dagegen hat das etwaige frühere Vor-
handensein von derartigen Öffnungen über den Eingangstüren der unteren Kammern eine größere Wahr-
scheinlichkeit für sich, da diese Kammern, nach dem Befund, von der Nord- und Südseite aus keine
Durchbrechung der Wände aufweisen und das durch die Türöffnungen- eindringende Licht für die öffent-
liche Benutzung dieser Räume wohl kaum ausreichend war (auf Tafel 51 sind solche Oberlichter auf
der Wiederherstellung der Rückseite nicht gezeichnet). Sehr wahrscheinlich ist, daß als oberer Ab-
schluß des Mauerwerks und als Einfassung der Traufkante des flachen Daches ein einfaches, plattes
Gurtgesims herumlief, das aus den beiden seitlichen Wandstücken des Kranzgesimses der mittleren
Ordnung entsprang (Tafel 51). Bei genauem Verpassen des Kranzgesimsblocks Nr. 11 (vergl. in der
betreffenden Tabelle weiter unten) entsprechend der zur Gesimsausladung gehörenden Säulenachse ergibt
sich ein Vortreten des glatten Bossenstückes (Tafel 27) von 3 cm vor die Wandfläche, deren Flucht
gesichert ist.
 
Annotationen