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Hülsen, Julius; Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Milet: Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen seit dem Jahre 1899 (Band 1,5,Text): Das Nymphaeum — Berlin, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.3617#0091
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IV. Zur Entwicklung der antiken Brunnenarchitektur.

wesen sind, so daß der Wanderer nach heißem Marsch das Monument als schönsten Abschluß seines
We»es erblickte. So lag auch das Nymphäum zu Sagalassos' in der Achse einer großen Hauptstraße.
Die Formen freilich dieser Schmuckfassaden sind einem fremden Gebiete entlehnt. O. Puchstein
hat schon 1895 auf den großen Einfluß hingewiesen, den die aus der Skenographie hervorgegangenen,
säulengetragenen und vielstöckigen »scaenarum frontes« auf die Wandmalerei um die Mitte des ersten
Jahrhunderts n. Chr. ausgeübt haben (Arch. Anz. d. Jahrb. 1896 S. 29fr.). Fassaden wie die des
Nymphäums von Milet zeigen, wie sehr der Theaterwandschmuck bei den Wasserschlössern maßgebend
wurde1); die Seitenwände des vorgelagerten Bassins entsprechen den Versurae der römischen Bühne und
die Stelle des Bassins entspricht dem Spielplatz. Man vergleiche nur Koldeweys Grundriß der Bühne
des großen Theaters von Pompei2) (Abb. 15 unten) mit der Nymphäumfassade, die uns auf der Münze
des Septimius Severus von Hadrianopolis erhalten ist und die J. Sieveking, Rom. Mitt. 1906 S. 93
•(Fig. 3) eingehend würdigt'). Hier wie dort wird die Mitte von einer großen halbrunden Nische ein-

Abb. 15.

!) Vgl. schon Chr. Hülsen, 46. Berl. Winckelmannsprogramm S. 33 und Petersens Ausführungen zum Nymphäum von
Side bei Lanckoronski, R. in Pamphylien-Pisidien S. 151.

2) Arch. Anz. des Jahrb. a. a. O., vgl. auch das Theater von Herculanum, Ruggiero, Storia dei seavi di H. Tav. V.

3) Mionnet, Suppl. 2, 314, 680. Die vergrößerte Abbildung nach Donaldson, Architectura numismatica Nr. 77 bei
Sieveking, a. a. O. — Donaldson glaubte ein Theater zu sehen. »In der Mitte des unteren Stockwerks ist ein gelagerter
Flußgott mit Urne und Schilf in der R. ganz deutlich. Zu beiden Seiten stehen Statuen (je eine) und in dem mittleren Stockwerk
noch drei stehende Statuen. Daneben sieht man auf höheren Postamenten (das sind die Versuren) je ein Roß und einen Mann
darauf (?) oder es sind schlecht gezeichnete Wagen, von denen man nur je ein Pferd sieht.« Im oberen Stockwerk sind wieder
6 stehende Statuen angedeutet, die beiden äußersten sicher weiblich, mit erhobenen Armen, lebhaft bewegt (Viktorien.-); man er-
kennt deutlich, daß die Mittelnische durch alle 3 Stockwerke ging. Jeder Zweifel daran wird ausgeschlossen durch eine Münze
von Hadrianopolis aus der Zeit der Gordiane (bei Dr. Weber), von welcher ich Max L. Strack einen Abruck verdanke. Hier ist
die Nische deutlich gegen den übrigen Teil der Front vertieft. Ein mir von Strack ebenfalls mitgeteiltes Exemplar des Cara-
calla (einst bei Rollin-Feuardent, jetzt Dr. Weberl ist leider so verrieben, daß neue Details nicht erkennbar sind. Alle Münzen
zusammen lehren, daß die Versuren nur einstöckig und von einer plastischen Pferdegruppe gekrönt waren, daß das Nymphäum ein
Hauptbassin mit Löchern in der Vorderwand hatte, durch die das Wasser in das Vorbassin lief. Für die Mitteilung eines Ab-
gusses des Exemplars im Pariser Münzkabinett bin ich Herrn Prof. Dr. B. Pick zu Dank verpflichtet.
 
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