Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrierte Welt : vereinigt mit Buch für alle: ill. Familienzeitung — 50.1902

DOI Heft:
Heft 11
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.56970#0258
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Abrahams Opfer.
Eine Erzählung aus dem Burenkriege
von
Gustaf Janson.
Autorisierte Aebersehurrg aus dem Schwedischen von
Friedrich v. Kanel.
(Fortsetzung.)
Major hatte sich nicht verrechnet, als er
annahm, daß die Konfiskation der vergrabenen
Kanonen Aufsehen erregen würde. Obschon
nicht ein Mensch sich zeigte, wußte er genau,
daß der polternde Zug überall mit verwunderten und
erschrockenen Blicken betrachtet wurde.
Die vielen Frauen und wenigen Männer in den
verschlossenen Höfen fragten sich auch, was das be-
deuten sollte? Und als es ihnen klar geworden war,
daß die Kanonen ihren Landsleuten gehört hatten, da
traten Thränen in ihre Augen, und schwere Seufzer
arbeiteten sich aus der beklommenen Brust hervor.
Ein neues schweres Leid hatte sich zu den früheren
gesellt, und Rücken, die sich in finsterem Trotz gerade
gestreckt hatten, krümmten sich wieder; war nun nicht
alles unwiderruflich vorüber?
Aber schon am nächsten Tag verbreitete sich das
Gerücht von Farm zu Farm, daß Verrat mit im
Spiel sei. Ein Bur habe sein Land um Gold oder
um seinen Hof zu retten, verkauft. Niemand wußte
recht wer, und niemand konnte sich erklären, woher
das schleichende Gerücht stammte. Es sand sich überall,
hing in der Lust und machte die Herzen doppelt
schwer. Wenn es sich bisher als beinahe unmöglich
erwiesen hatte, des Feindes Herr zu werden, wie sollte
es dann gehen, wenn sich sogar Verräter unter ihnen
selber befanden? Das große Unglück war bereits zu
schwer zu tragen, und unaufhörlich wurden neue Lasten
aus die Schultern der Erliegenden geladen. Da kam
ein neues Gerücht. Woher? . . . Mit dem Wind; der
Verräter sollte bestraft werden, hart und unerbittlich,
denn für sein Verbrechen war keine Strafe groß genug,
und daß niemand sonst als ein Bur das sorgfältig
bewahrte Geheimnis verraten haben konnte, das wußten
alle; sie mußten also unter ihren vorigen guten
Freunden und treuen Nachbarn suchen.
Die drei Jungen Erasmus Flicks ritten einen
ganzen Tag durch die Gemeinde und beriefen die
Männer auf einen Platz zusammen, der hinreichend
weit entfernt war, daß sie die Polizeitruppen nicht zu
fürchten brauchten. Sie flogen alle Wege entlang,
pochten an die verschlossenen Thüren, wurden eingelassen
und richteten ihren Auftrag aus.
„Wer hat uns gerufen?" fragten die Männer düster.
„Vater und Oom Zimmer."
„Und Piet Müller, der zu den Aeltesten der Ge-
meinde gehört, was sagt er?"
„Du wirst früh genug von ihm sprechen hören,
Oom."
Die Männer nickten, sie wollten an dem festgesetzten
Tag kommen.
Die Jungen ritten weiter, jeder nach einer be-
sonderen Richtung, der Distrikt war groß und die
Höfe weit zerstreut. Aus seinem eiligen Ritt kam
Jllustr. Welt. IS02. II.

Geborgen. Nach dem Gemälde von E. Payer.


33
 
Annotationen