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Illustrierte Welt : vereinigt mit Buch für alle: ill. Familienzeitung — 50.1902

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Heft 18
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https://doi.org/10.11588/diglit.56970#0425
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Im Frühling.
Von
M. von Berchthold.

ÄWlutenöes -Licht!
Weckest du wieder nach Wintersteide
Rings nun die ruhende, träumende Leide,
Küssest ihr rostg das stille Gesicht?
Weckest im Watde lockende -Lieder,
Knospendes Grün am knorrigen Meder?
Sei mir gegrüßt, du flutendes -Licht!

Schmeichelnde Lust!
Wiegest du wieder auf schimmernden Wogen
Flüchtige Falter, dem Kerker entflogen,
Trunken vom Tau und der R tüten Dust?
Suchest du wieder mit süßen Schmerlen,
Mit Sehnen und Lieben der Menschen Lernen?
Siehe, ich trinke dich, schmeichelnde Luft!

Lerze, hab acht!
Lerne vom Lenz nach trüben Tagen
Selig zu fingen und Muten zu tragen,
Merke, wie hell er entgegen dir lacht — —
Was du auch trügest an Wintersleide,
Wieder in Müten stehet die Leide:
Lerze, hab acht!

Jllustr. W-U. IS02. IS.

Die Dorfschmiede.
Eine oberösterreichische Erzählung
Jarmy Kaltenhauser.
4.
Helmberger trieb sein Geld ein, und zwar in einer
Eile, als besorge er, das Grindlingergütl könne ihm
dqvonlaufen. Der Grindlinger konnte nicht zahlen,
und so wurde über sein Gütchen die Pfändung verhängt. Da
kein Käufer da war, als es ausgeboten wurde, wurde es
dem Helmberger zugeschlagen. Um einen Schundpreis. Dem
alten Grindlinger blieben knapp dreihundert Gulden über die
Summe, die er dem Helmberger schuldete.
An einem Sommernachmittag setzte der alte Mann sein
krankes Weib aus einen Karren, legte ein paar Bündel dazu
und zog mit der Last von dannen, dem Hubingergute zu, wo
der Franz eine Stube gemietet. Eilig schob er seinen Karren
dahin. An den Feldern vorüber, an den Aeckern, die vor
kurzem noch sein Eigentum gewesen. Nun an der großen
Wiese vorüber, von der er in den Obstjahren den meisten
Gewinn erzielt; ein Baum stand hier neben dem andern, eine
ziemliche Anzahl. Schwer trugen sie Heuer an ihrer Frucht.
Bekümmerten Blickes sah er darauf hin. Drei Jahre hatte er
keine nennenswerte Einnahme erzielt, in diesem Jahre aber
hatte er sich seit vielen Wochen an dem reichen Segen erfreut.
Und nun standen sie so reichbeladen für einen andern da.
Für einen, der nichts dazu gethan, so reich zu ernten. Der für
eine lächerlich geringe Summe das nette Gut einsteckte!
Die dünnen Lippen des alten Mannes preßten sich auf-
einander; dennoch rang sich ein zischender Laut hindurch.
Die Qual, die sein Gemüt bedrückte, war zu groß. Unwill-
kürlich hatte er den Karren angehalten. Da schrie sein schwer-
höriges Weib: „Möchtest 'leicht Aepfel stehlen von deinem
eignen Grund und Boden, ha?"
Er erwiderte nichts. Er hätte schreien müssen, damit sie ihn
verstand, und es würgte ihn so in der Kehle. Aber er fuhr
noch nicht weiter. Denn da drüben, von einem schmalen Feld-
weglein her, wanderte der nächste Nachbar vom Grindlinger-
gütl, der Holzbauer, und winkte ihm eifrig zu. „Wanderst
mir schon davon, Nachbar?" rief der stämmige Bauer freund-
lich, während er rasch herankam. Und dicht neben dem Karren
stehen bleibend, legte er dem Grindlinger die Rechte auf die
Achsel und fuhr in heftiger, erbitterter Redeweise fort: „Weißt
wegen was er dich auf einmal so druckt hat, der? Der Helm-
berger! Wegen was es ihm so pressiert hat jetzt, sein Geldl,
was d' ihm schuldig warst? Ich bin in der Stadt drinn'
g'wesen, und da hab' ich's erfahren. Mein du, das ist ein Ueber-
schlauer! Die Bahn wird baut, weißt, die s' seit Jahren schon
planen, und — ja, und da wird s' halt über deinen Grund
laufen, und da hat dir die Schandseel' 's Gütl abdruckt, weil
der Grund nachher teuer verkauft werden kann, 'bald er dir
noch ein Neichtl zug'wartet hält', hätt'st du einen Grund ver-
kaufen können und hätt'st am End' so viel Geld eing'steckt,
daß du ihm deine Schuld hätt'st zahlen können, und wär'
dir doch noch ein Grund blieben. Das hat er halt schon
g'wußt. Jetzt aber steckt er den Profit ein, und du mußt gehen.
Pfui Teixel, so ein Mensch, wie der ist!"
Mit erloschenem Blick hatten die Augen des Grindlingers
erst den Sprecher angestarrt; was der redete, was konnte es
für ihn noch bedeuten, nun, wo er sein Bestes, sein Heimatl
verloren! Aber dann hatte es in den Zügen zu zucken
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