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Frida Teller
der Di Ater den Stoff immer wieder aufs neue um, bis der Tod
ihm die Feder aus der Hand nahmf
Schiffers Demetrius bedeutet, wie die Kritiker des Dramas
hervorheben die fetzte Konsequenz auf dem Wege, den er seit
seiner Hinwendung zur Antike eingeschfagen hatte. Hier endfich
fand er einen Stoff, an dem sich in ganz reafen historischen Ver-
häftnissen die voffe Tragik des Ödipus durchführen fieß. Ohne ge^
waftsam vorzugehen, habe Schiffer der Geschichte die Grundzüge
des aften Mythus aufgeprägt. Wie Ödipus, wird auA Demetrius
afs Knabe am Wege gefunden,- noA ehe er zum Bewußtsein er-
waAt, ergreift ihn das SAi&saf, um auA ihn erst in ahnungiosem
Vertrauen zu siA sefbst auf den Gipfef mensAfiAen Daseins zu
führen, wo ein ganzes Vofk gfäubig seinem Winke fofgt, um dann
pfötzfich die Binde von seinen Augen zu nehmen und ihn erkennen
zu fassen, daß affes Lüge war.
Wir vermögen Kettners SAema noA ergänzend zu vertiefen:
AuA Demetrius bringt, afs ErwaAsener in die Heimat zurüAkehrend,
demjenigen den Untergang, der ihn einst afs Kind aussetzen fieß
und befreit seine Mutter aus der Gewaft des Tyrannen, der sie
gefangen häfH. Und auA im Demetrius soffte im Mittefpunkt des
Dramas eine Erkennungsszene zwisdien Mutter und Sohn statte
finden, die freifiA, dem FortsAritte der Verdrängung entspreAend,
das NiAtvorhandensein der verwandtsdiaftfiAen Beziehungen naA-
weisen soffteh SAiffer war diese Szene sehr wiAtig gewesen,- er
notierte siA in seinem Skizzenheft: ^Demetrius steht vor seiner
vorgebfiAen Mutter affein. Dieser Moment gehört zu den
größten tragischen Situationen (von mir gesperrt) und gehörig
eingefeitet kann er die tragisAe Wirkung niAt verfehfen.c Wir
erfahren aber nur noA aus den fetzten vorhandenen Versen
(Monofog der Marfa), wie sehnsüAtig sie ihren angebfiAen Sohn
und RäAer erwartet. Gerade an dieser Steife, wo SAiffer seinem
antiken Vorbifde am näAsten kam, steiften siA die Hemmungen
am stärksten ein und hemmten sAfießfiA die Voffendung des
Ganzen. Wir sehen hier eine interessante Paraffeie zu SAiffers
gfeiAzeitiger Bearbeitung der Agrippina, bei wefAer Rank beob-
aAtet hat, daß gerade jener Punkt, der SAiffer unbewußt am
meisten zu dem Stoffe hinzog, die ziemfiA unverhoffte Darsteffung
i Man hat versucht, die S&wierigkeiten, welche Schiller in der Bewältigung
des Demetriusstoffes fand, auf die Schwächung dur& schwere Erkrankung zurück^
zuführen. Wir haben uns gewöhnt, die Sache umgekehrt zu betrachten und werden
die häufigen Rezidiven aus dem Versagen der Sublimierung der immer mehr ver-
stärkten unbewußten Triebregungen herleiten.
* Vgl. Kettner a. a. O. S. XXVff.
^ Über die Häufigkeit der "Rettungsphantasie« bei Schiller vgl. Otto Ranks
schon wiederholt angeführtes Werk.
-< Doch erwog Schiller in seinem Studienheft Demetrius als natürlichen
Sohn' des letzten Herrschers und somit als Stiefsohn der Marfa ,zu erfinden'.
Frida Teller
der Di Ater den Stoff immer wieder aufs neue um, bis der Tod
ihm die Feder aus der Hand nahmf
Schiffers Demetrius bedeutet, wie die Kritiker des Dramas
hervorheben die fetzte Konsequenz auf dem Wege, den er seit
seiner Hinwendung zur Antike eingeschfagen hatte. Hier endfich
fand er einen Stoff, an dem sich in ganz reafen historischen Ver-
häftnissen die voffe Tragik des Ödipus durchführen fieß. Ohne ge^
waftsam vorzugehen, habe Schiffer der Geschichte die Grundzüge
des aften Mythus aufgeprägt. Wie Ödipus, wird auA Demetrius
afs Knabe am Wege gefunden,- noA ehe er zum Bewußtsein er-
waAt, ergreift ihn das SAi&saf, um auA ihn erst in ahnungiosem
Vertrauen zu siA sefbst auf den Gipfef mensAfiAen Daseins zu
führen, wo ein ganzes Vofk gfäubig seinem Winke fofgt, um dann
pfötzfich die Binde von seinen Augen zu nehmen und ihn erkennen
zu fassen, daß affes Lüge war.
Wir vermögen Kettners SAema noA ergänzend zu vertiefen:
AuA Demetrius bringt, afs ErwaAsener in die Heimat zurüAkehrend,
demjenigen den Untergang, der ihn einst afs Kind aussetzen fieß
und befreit seine Mutter aus der Gewaft des Tyrannen, der sie
gefangen häfH. Und auA im Demetrius soffte im Mittefpunkt des
Dramas eine Erkennungsszene zwisdien Mutter und Sohn statte
finden, die freifiA, dem FortsAritte der Verdrängung entspreAend,
das NiAtvorhandensein der verwandtsdiaftfiAen Beziehungen naA-
weisen soffteh SAiffer war diese Szene sehr wiAtig gewesen,- er
notierte siA in seinem Skizzenheft: ^Demetrius steht vor seiner
vorgebfiAen Mutter affein. Dieser Moment gehört zu den
größten tragischen Situationen (von mir gesperrt) und gehörig
eingefeitet kann er die tragisAe Wirkung niAt verfehfen.c Wir
erfahren aber nur noA aus den fetzten vorhandenen Versen
(Monofog der Marfa), wie sehnsüAtig sie ihren angebfiAen Sohn
und RäAer erwartet. Gerade an dieser Steife, wo SAiffer seinem
antiken Vorbifde am näAsten kam, steiften siA die Hemmungen
am stärksten ein und hemmten sAfießfiA die Voffendung des
Ganzen. Wir sehen hier eine interessante Paraffeie zu SAiffers
gfeiAzeitiger Bearbeitung der Agrippina, bei wefAer Rank beob-
aAtet hat, daß gerade jener Punkt, der SAiffer unbewußt am
meisten zu dem Stoffe hinzog, die ziemfiA unverhoffte Darsteffung
i Man hat versucht, die S&wierigkeiten, welche Schiller in der Bewältigung
des Demetriusstoffes fand, auf die Schwächung dur& schwere Erkrankung zurück^
zuführen. Wir haben uns gewöhnt, die Sache umgekehrt zu betrachten und werden
die häufigen Rezidiven aus dem Versagen der Sublimierung der immer mehr ver-
stärkten unbewußten Triebregungen herleiten.
* Vgl. Kettner a. a. O. S. XXVff.
^ Über die Häufigkeit der "Rettungsphantasie« bei Schiller vgl. Otto Ranks
schon wiederholt angeführtes Werk.
-< Doch erwog Schiller in seinem Studienheft Demetrius als natürlichen
Sohn' des letzten Herrschers und somit als Stiefsohn der Marfa ,zu erfinden'.