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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 7.1921

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van der Wolk, P. C.: Zur Psychoanalyse des Rauchopfers
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https://doi.org/10.11588/diglit.28545#0147
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Zur Psychoanaiyse des Rauchopfers

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sei es auch symbolisch. DennoA war er in seiner Unbewußtheit zu
demselben Symbole gelangt, zu dem das Hohelied in seiner Poesie
sich aufsdhwingt. Symbol und Wirklichkeit Hießen im Liede in eins
zusammen. Aber bei der Verherrlichung der Zeugungskraff der
Natur, wie dieselbe bei den alten Völkern, namentliA des Orients
und Indiens, unter der Inspiration der sArankenlosen Üppigkeit der
tropisAen Natur übliA war, liegt nur ein SAritt zwisAen der symboli-
sAen Sprache des Hoheliedes und der symbolischen Handlung
des RauAopferzeremoniells.
Und so versuAe iA zum zweiten Male einen großen SAritt
naA rüdcwärts: in das Zeitalter der alten Indier, in die Zeit, die
die ursprüngliAen Qiva= und Durgagestalten im religiös^philosophi-
sdien Geiste der alten Indier ersAuf. Qiva, Herr der Herren,
Batara Guru, SAöpfer des Himmels und der Erde und alles, was
in denselben ist. Qiva, die Verkörperung der phänomenalen Üppig-
keit und Zeugungskraft der Tropennatur,- Qiva, der SAöpfer des All-
lebens, der göttliAe Erzeuger, das göttliAe Symbol der Zeugungs-
kraft. In seinem Zeugungsdrang (auA eine Zwangshandlung, sei es
auA eine göttliAe), wollte er das Weltall mit Tieren, PHanzen und
MensAen füllen und um jenen gewaltigen Plan zu verwirkliAen,
übertrug er seine Zeugungskraft auf MensA, Tier und PHanze,
damit sie ihm behilfliA wären bei der sAnellen Bevölkerung seines
Universums.
Hier steht der BeisAlaf auf einer weitaus gesünderen und
reineren Basis als es der der Paradieserzählung der Okzidentalen
ist. Der Koitus wurde dadurA, in erster Instanz, zu einer heiligen
Handlung, zu einem Werkzeug Gottes,- für den MensAen selbst
war der Koitus niAts,- man übte ihn nur, um ein gottgefälliges
Werk zu verriAten, um mitzuhelfen, die erhabenen, göttliAen Pläne
zu verwirkliAen,- das war also der einzige Beweggrund und man
übte den BrauA gottesfürAtigen Herzens. Der Koitus war lauter
und allein eine religiöse Zeremonie ohne weiteres: mithin heilig.
Aber Durga, Qivas Gemahlin, verdarb allts. Aus RaAe und Eifers
suAt wegen der Liebe Qivas zu der Nymphe Parvati, ersAuf sie die
Leidenschaft, damit dieselbe die Parvati verzehre. Und seit der
Zeit hatte der Koitus der MensAen seine Natur geändert,- man
übte die Handlung um der Handlung willen, indem man siA eigenem
individuellen Genuß hingab. Qiva versAwand aus den Herzen der
Kodierenden und die ehemals hoAheilige gottgefällige Handlung
wurde zur Todsünde. Umsonst versuAte man die LeidensAaft zu
töten,- vergebliA setzte man seine Hoffnung auf MensAen, die,
durA Askese und Studium dem Gotte nähergerüdct, meinten, sie
könnten die göttliAe Reinheit des Koitus üben: sAuf man doA
als letztes Auskunftsmittel Priester und Priesterinnen, die im
Namen der sündigen MensAheit vor dem AngesiAt des Herrn
kodieren sollten: die ebenso sehr bekannte als berüAtigte TempeL
Prostitution.
 
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