Psychoanalytische Psychotechnik
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die hier ebenfalls in Betracht stehenden Fragen der Enge des Bewußtseins
und der Spaltung der Aufmerksamkeit — welche jene logisch geleitete
Sinnfälligkeit Berücksichtigt — innerlich mit unterbewußten Tatbeständen
Zusammenhängen.
Wenn Sinnfälligkeit durch gefühlsmäßige Werte zustande kommt, so
finden wir zweierlei. Häufig die Weckung der Heiterkeit beim Beobachter
und ebenso häufig produktive Unterströmungen des Zeichners und beides
durchaus unterbewußt geboten. Was die Heiterkeit des Beobachters belangt,
so zeichnet sie sich bei der Sinnfälligkeit einer Reklame durchaus durch
ethisch unterwertige Gefühle, wie Schadenfreude, auch Roheit und Gefühle
metatropistischer Form (insbesondere sadistischer Färbung) aus. Einige Bei-
spiele: Eine Firma für Etiketten mit Nadelschutz zum Auszeichnen von
Waren, bringt über dem Begleittext eine Figur, der ein riesiger Degen
Brust und Rücken durchstoßen hat. Die Bluttropfen hängen am Schwert,
der Ärmste ist wahrhaft aufgespießt; sein Gesicht zeigt erschrockene Angst;
die Schwarzweißzeichnung ist mit Fettdruck erläutert durch den Satz: „Sie
können sich nicht mehr pieken." Immer hat in meinen Vorlesungen dies
Bild, projiziert, ungeheure Heiterkeit und Schadenfreudegelächter ausgelöst.
Werbetechnisch ist es ausgezeichnet, denn die assoziative Beziehung zwischen
dem sich Verletzenden und den nun angepriesenen Nadelschutzetiketten ist
geboten und haftet mnemisch, wie mir Experimente erwiesen, ausgezeichnet.
Warum aber? Weil die Freude am Unglück eines anderen, weil der Lust-
effekt, selber nicht in diese peinliche Situation der Reklamefigur zu geraten,
für den Betrachter den Ausschlag bietet. Die Sadismusfreude der Leute wird
noch klarer bei ähnlichen Bildern, die zugleich reklametechnisch schlecht
sind. Jemand haut einem beleibten Gegenüber mit einem Riesenbesen auf
die Nase. Das Blut spritzt sichtlich; zur Befriedigung des Lesers steht in
Fettdruck darunter: „Das merkt man." Alles lacht schadenfroh. Hinterher
empfiehlt der Fabrikant Patent-Medaillon-Stahlblechplomben (in Fettdruck)^
die bekanntlich zu Paket- und Flaschenverschlüssen dienen. Bild und Text
werden ungeschickt verbunden mit: „Das merkt man bei einem Versuche
sofort, daß unsere Patent-Medaillon-Stahlblechplomhen . . . alle anderen über^
treffen." Der Fabrikant fordert also mit der Assoziation — zu seinem eigenen
Schaden, da er den Begriff Plombe auf eine ganz falsche Richtung lenkt! —
noch einen ganz bestimmten Vorstellungsablauf hämischer Art: Das Zu-
schlägen auf Nase und Gesicht unter Blutspritzen geht zugleich auf die
Zähne = Zahnplomben. Der Erfolg ist also, sadistisch betrachtet, äußerst
ergiebig. Alsdann wird die logische Assoziation Plombe—Paketplombe—Patent-
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die hier ebenfalls in Betracht stehenden Fragen der Enge des Bewußtseins
und der Spaltung der Aufmerksamkeit — welche jene logisch geleitete
Sinnfälligkeit Berücksichtigt — innerlich mit unterbewußten Tatbeständen
Zusammenhängen.
Wenn Sinnfälligkeit durch gefühlsmäßige Werte zustande kommt, so
finden wir zweierlei. Häufig die Weckung der Heiterkeit beim Beobachter
und ebenso häufig produktive Unterströmungen des Zeichners und beides
durchaus unterbewußt geboten. Was die Heiterkeit des Beobachters belangt,
so zeichnet sie sich bei der Sinnfälligkeit einer Reklame durchaus durch
ethisch unterwertige Gefühle, wie Schadenfreude, auch Roheit und Gefühle
metatropistischer Form (insbesondere sadistischer Färbung) aus. Einige Bei-
spiele: Eine Firma für Etiketten mit Nadelschutz zum Auszeichnen von
Waren, bringt über dem Begleittext eine Figur, der ein riesiger Degen
Brust und Rücken durchstoßen hat. Die Bluttropfen hängen am Schwert,
der Ärmste ist wahrhaft aufgespießt; sein Gesicht zeigt erschrockene Angst;
die Schwarzweißzeichnung ist mit Fettdruck erläutert durch den Satz: „Sie
können sich nicht mehr pieken." Immer hat in meinen Vorlesungen dies
Bild, projiziert, ungeheure Heiterkeit und Schadenfreudegelächter ausgelöst.
Werbetechnisch ist es ausgezeichnet, denn die assoziative Beziehung zwischen
dem sich Verletzenden und den nun angepriesenen Nadelschutzetiketten ist
geboten und haftet mnemisch, wie mir Experimente erwiesen, ausgezeichnet.
Warum aber? Weil die Freude am Unglück eines anderen, weil der Lust-
effekt, selber nicht in diese peinliche Situation der Reklamefigur zu geraten,
für den Betrachter den Ausschlag bietet. Die Sadismusfreude der Leute wird
noch klarer bei ähnlichen Bildern, die zugleich reklametechnisch schlecht
sind. Jemand haut einem beleibten Gegenüber mit einem Riesenbesen auf
die Nase. Das Blut spritzt sichtlich; zur Befriedigung des Lesers steht in
Fettdruck darunter: „Das merkt man." Alles lacht schadenfroh. Hinterher
empfiehlt der Fabrikant Patent-Medaillon-Stahlblechplomben (in Fettdruck)^
die bekanntlich zu Paket- und Flaschenverschlüssen dienen. Bild und Text
werden ungeschickt verbunden mit: „Das merkt man bei einem Versuche
sofort, daß unsere Patent-Medaillon-Stahlblechplomhen . . . alle anderen über^
treffen." Der Fabrikant fordert also mit der Assoziation — zu seinem eigenen
Schaden, da er den Begriff Plombe auf eine ganz falsche Richtung lenkt! —
noch einen ganz bestimmten Vorstellungsablauf hämischer Art: Das Zu-
schlägen auf Nase und Gesicht unter Blutspritzen geht zugleich auf die
Zähne = Zahnplomben. Der Erfolg ist also, sadistisch betrachtet, äußerst
ergiebig. Alsdann wird die logische Assoziation Plombe—Paketplombe—Patent-