Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 31.1920
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https://doi.org/10.11588/diglit.10458#0281
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Lang, Hugo: "Lob der Gärten"
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INNEN-DEKORATION
GARTENARCHITEKT HERM. KOENIO-HAMBURG
WALDPARK HART1G IN HOISDORF 1. H.
LOB DER GÄRTEN«
Wann ersteht endlich dem Garten, — dem Garten-
leben, — der berauschte Sänger, dem Macht ge-
geben ist, die versteinerten Herzen der Menschen wieder
der Natur näher zu bringen? Der ihre, im Dunkel der
Steinhäuser trüb gewordenen Augen wieder sehend und
durch seine Harfenklänge ihre Hände willig macht, unser
Land der fruchtbaren Täler und Niederungen in ein Land
der grünenden Gärten zu wandeln, — Abglanz
paradiesischer Gartenlust auf der ernüchterten Erde? . .
*
Wann ersteht der Sänger der Gärten, dem es
gegeben ist, nicht wie Amphion die Steine, sondern die
Menschen zu bewegen, inmitten allen Hasses und Allzu-
Menschlich-Häßlichen die Reinheit der ewig jungen,
sündlos sprießenden Natur zu pflegen? Der Natur, die,
noch von keinem giftigen Hauch widriger Gestirne ver-
sengt, alljährlich uns in unverminderter Fülle blüht und
grünt und Früchte-Segen beschert, — alljährlich, sofern
nur der Mensch sie nicht zerstört, sondern durch Liebe
und seiner Hände Arbeit ihre Entfaltung fördert!
*
Steine schichten und türmen die Menschen, Holz und
Stein, auf tote Dinge richten sie alle ihre Kräfte. Mate-
rialien häufen, Maschinen bauen sie, — letzten Endes nur
zur Vernichtung. Aber dem willig wachsenden, leben-
den Baum, Strauch und Kraut wenden sie keine Liebe zu.
Hungrig ist wieder die Menschheit nach Lust, nach
Melodie. Wo aber ist heute noch reine Lust, reine
Melodie zu finden? Wo anders als im Wogen dicht be-
laubter Baumwipfel, in denen der raunende Sommerwind
wühlt, im Gehege besonnter, würziger Gärten, tiefgrüner
Hecken und von buntem Blühen überrankter Lauben,
über die helle Wolken — Gruß aus unerreichbar gewor-
dener Ferne — ziehen? . . . Eine melodische Welle:
singender Blütenbäume, dicht gedrängten Strauchwerks,
strotzend prangender Beete könnte ständig, — bunt im
Frühling, üppig im Sommer, golden im Herbst, — unsere
Städte umkränzen ... Wenn wir nur wollten! .. .
*
Wann ersteht die mahnende Stimme eines Predigers,
der das harte Gleichnis entsiegelt, des Knechtes, der
das ihm anvertraute Pfund nicht vermehrte und
den Zorn des Herrn auf sich lud, daß ihm auch noch
das Wenige genommen wurde?.... Um die
Mehrung des Kostbarsten, das uns die gütige Natur
spendet, sollten wir besorgt sein! . . . Noch sind die
»Tage der Rosen«, noch ist selige Zeit. Noch ist dem
Fenris-Wolf die wärmende Sonne nicht verfallen, und in
feuchtem Frühling und schwülem Sommer grünen Wälder,
Wiesen und fruchtbare Äcker .. . Aber droht nicht der
endlose Fimbul-Winter der grausen nordischen Sage,
— da kein lebendes Grün mehr sein wird? . . .
GARTENARCHITEKT HERM. KOENIO-HAMBURG
WALDPARK HART1G IN HOISDORF 1. H.
LOB DER GÄRTEN«
Wann ersteht endlich dem Garten, — dem Garten-
leben, — der berauschte Sänger, dem Macht ge-
geben ist, die versteinerten Herzen der Menschen wieder
der Natur näher zu bringen? Der ihre, im Dunkel der
Steinhäuser trüb gewordenen Augen wieder sehend und
durch seine Harfenklänge ihre Hände willig macht, unser
Land der fruchtbaren Täler und Niederungen in ein Land
der grünenden Gärten zu wandeln, — Abglanz
paradiesischer Gartenlust auf der ernüchterten Erde? . .
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Wann ersteht der Sänger der Gärten, dem es
gegeben ist, nicht wie Amphion die Steine, sondern die
Menschen zu bewegen, inmitten allen Hasses und Allzu-
Menschlich-Häßlichen die Reinheit der ewig jungen,
sündlos sprießenden Natur zu pflegen? Der Natur, die,
noch von keinem giftigen Hauch widriger Gestirne ver-
sengt, alljährlich uns in unverminderter Fülle blüht und
grünt und Früchte-Segen beschert, — alljährlich, sofern
nur der Mensch sie nicht zerstört, sondern durch Liebe
und seiner Hände Arbeit ihre Entfaltung fördert!
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Steine schichten und türmen die Menschen, Holz und
Stein, auf tote Dinge richten sie alle ihre Kräfte. Mate-
rialien häufen, Maschinen bauen sie, — letzten Endes nur
zur Vernichtung. Aber dem willig wachsenden, leben-
den Baum, Strauch und Kraut wenden sie keine Liebe zu.
Hungrig ist wieder die Menschheit nach Lust, nach
Melodie. Wo aber ist heute noch reine Lust, reine
Melodie zu finden? Wo anders als im Wogen dicht be-
laubter Baumwipfel, in denen der raunende Sommerwind
wühlt, im Gehege besonnter, würziger Gärten, tiefgrüner
Hecken und von buntem Blühen überrankter Lauben,
über die helle Wolken — Gruß aus unerreichbar gewor-
dener Ferne — ziehen? . . . Eine melodische Welle:
singender Blütenbäume, dicht gedrängten Strauchwerks,
strotzend prangender Beete könnte ständig, — bunt im
Frühling, üppig im Sommer, golden im Herbst, — unsere
Städte umkränzen ... Wenn wir nur wollten! .. .
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Wann ersteht die mahnende Stimme eines Predigers,
der das harte Gleichnis entsiegelt, des Knechtes, der
das ihm anvertraute Pfund nicht vermehrte und
den Zorn des Herrn auf sich lud, daß ihm auch noch
das Wenige genommen wurde?.... Um die
Mehrung des Kostbarsten, das uns die gütige Natur
spendet, sollten wir besorgt sein! . . . Noch sind die
»Tage der Rosen«, noch ist selige Zeit. Noch ist dem
Fenris-Wolf die wärmende Sonne nicht verfallen, und in
feuchtem Frühling und schwülem Sommer grünen Wälder,
Wiesen und fruchtbare Äcker .. . Aber droht nicht der
endlose Fimbul-Winter der grausen nordischen Sage,
— da kein lebendes Grün mehr sein wird? . . .