Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 4.1889

DOI Artikel:
Hauser, Friedrich: "Narcisso": Bronze-Statuette in Neapel
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36644#0128
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

n8

einer üppigen Schicht von Fleisch verborgen; besonders das rundliche Bäuchlein
läfst befürchten, dafs sich dieser herrliche Jünglingskörper einst zu einer Gestalt wie
dem »Sardanapalos« entwickeln könnte. Mit einem solch weichen, vollen Fleisch
ist aber innerhalb des Thiasos nur der Gott selbst ausgestattet. Die Marmorreplik
sichert die Deutung des Typus auf Dionysos. Ihre Arbeit ist so vorzüglich,
dafs man in ihr wohl das Original vermuthen könnte, würde dies nicht dadurch
wiederum unwahrscheinlich, dafs die Composition in der Marmorausführung an
Leichtigkeit und Eleganz einbüfst. Am rechten Oberschenkel der Figur, ungefähr in
der Ausdehnung seiner halben Länge, erscheint eine gedickte Stelle, welche
nur die Berührungsdäche einer abgearbeiteten Stütze darstellen kann. Wir können
uns nicht zu der Annahme entschliefsen, das der schöne Liniendufs dieser
Figur ursprünglich durch eine Stütze verunstaltet* gewesen sei. Sollte erst der
Schöpfer der pompejanischen Copie auf den glücklichen Gedanken gekommen sein,
die Statue lieber in Bronze auszuführen, wenn sich sonst jene schwerfällige Beigabe
nicht vermeiden liefs? Die Ansatzdäche der linken Hand an der Hüfte ist nur wenig
verwischt, sonst hat Michelangelo die Oberdäche des antiken Torso völlig unberührt
gelassen, mit einer Bescheidenheit, deren sich seine kleineren Jünger fast nie
bedeifsigten. Dem Meister konnte es auch nicht entgehen, dafs das rechte Bein
als Standbein zu behandeln ist; nur hat er der Axe des Körpers nicht ganz die
richtige Lage gegeben. Sie hätte in ihrem oberen Theil mehr zurückgeschoben
und etwas mehr nach links gedreht werden müssen.
Für die kunsthistorische Fixirung des Originals bietet die Berücksichtigung
einer Modesache wie der beiden symmetrischen Stirnlöckchen und der reichen
Verzierung an den Stiefeln, wie sie selbst in Einzelheiten übereinstimmend im Fries
der Gigantomachie von Pergamon wiederkehrt, einen Anhalt.
Strafsburg. Friedrich Hauser.
 
Annotationen