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Journal für die Baukunst: in zwanglosen Heften — 1.1829

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Lassaulx, Johann Klaudius von: Beschreibung des Verfahrens bei Anfertigung leichter Gewölbe über Kirchen und ähnliche Räumen
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https://doi.org/10.11588/diglit.19234#0368

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Da dem Verfasser ferner bekannt war, dafs in Wien noch heuti-
ges Tages grofse und flache Kugelgewölbe fast ganz aus freier Hand aus-
geführt, und in seiner nächsten Umgebung sehr flache Backöfen und
grofse Rauchfangmäntel fast eben so und nur mit Beihülfe von einigen
schwachen Stäben oder vielmehr Gerten zu Stande gebracht werden, so
sann er emsig darauf, durch Anwendung ähnlicher Mittel die Ausfuhrung
oder vielmehr Einrüstung gröfserer Kirchengewölbe zu erleichtern.

Das Nachschlagen ergab, aufser den längst bekannten Methoden die
VerStreckungen der Gewölbelinien zu finden und einigen historischen
Notizen, wovon später die Rede sein wird, durchaus nichts, was auf den
fraglichen Punct Bezug hätte; an den vorhandenen alten Kirchengewöl-
ben war ebenfalls nicht viel ersichtlich, da solche fast überall mit einem
Mörtelübergufs oder einer Art Estrich bedeckt sind. Als er jedoch vor
ungefähr fünf Jahren den Boden auf der schönen Kirche zu Ahrweiler
bestieg, bemerkte er an dem Extrados ihrer Gewölbe eine solche Ungleich-
heit an Höhe und Rundung, dafs augenblicklich der Gedanke entstehen
mufste, wie hier unmöglich regelmäfsig gerüstet worden sein könne.
Bei genauerer Besichtigung konnte kein weiterer Zweifel hierüber auf-
kommen ; auch entdeckte sich sehr bald an mehreren von jenem Mörtelgufs
entblöfsten Stellen die ganze Art und Weise des stattgefundenen Verfah-
rens, was sich bei fortgesetzter Untersuchung einer Menge anderer Ge-
wölbe immer mehr und mehr bestätigte.

Das ganze Geheimnifs liegt darin, dafs diese spitzbogigen Kreuz-
gewölbe aus einzelnen, in der Regel horizontalen Schichten bestehen, de-
ren jede eine kleine Ausbauchung hat, mithin ein kleines Gewölbe
für sich bildet, sobald dessen Endpuncte ihr gehöriges Widerlager
haben. Da nun die Lagerflächen der einzelnen Schichten eines regelmä-
fsigen Spitzbogens, d. h. eines solchen, der um ein gleichseitiges Dreieck
beschrieben ist, sich sehr langsam von der Horizontallinie entfernen und
selbst am Schlüsse mit dieser nur einen Winkel von 60 Graden machen,
so ist die Adhäsion jedes einzelnen Gewölbsteins von nicht allzugrofsem
Kaliber, wie Back- oder ähnliche Steine zu haben pflegen, zur Mörtellage,
hinreichend das Herableiten der einzelnen Steine vor dem Schlüsse die-
ser Schicht zu verhindern; es hat daher keine Schwierigkeit, jede ein-
zelne Schicht ganz aus freier Hand aufzusetzen und gegen die Wider-
lager zu schliefsen, auf jeder bereits geschlossenen, also bereits un-
 
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