5. Die Voranstellung im Nominalsatz
5.0 Vorbemerkungen
Das in Abschnitt4 behandelte Syntagma ist nicht das einzige gewesen, für das „prolep-
tische Isolierung" als Erklärung einer von der gewöhnlichen abweichenden Satzstellung gedient
hat; eine solche ist etwa auch bei jn-, jr- und Nominalsatz 12 herangezogen worden. Wenn ich
mich hier diesen zuwende, so müssen Fragen aufgeworfen werden, die es geraten sein lassen, die
Behandlung des Adverbialsatzes für ein paar Abschnitte zu unterbrechen, oder vielmehr einen
großen Bogen zu ihm zurück und zum sog. Verbalsatz zu schlagen.
Hier soll sich nun erweisen, daß der Nominalsatz neben dem Adverbialsatz der zweite
große Pfeiler der ägyptischen Syntax ist, ja daß sie auf ein und dieselbe Struktur zurückgehen.
In der reinen Form der Nebeneinanderstellung zweier Nomina mit der Funktion Subjekt und
Prädikat ist der Nominalsatz im Mittelägyptischen so gut wie nicht mehr existent (wohl aber bei
komplexer Besetzung der Nominalposition, s. 8.3.2). In diese Stufe ist der Nominalsatz nur in
Realisierungen gelangt, deren gemeinsames Erkennungszeichen, neben dem Gebrauch fest-
stehender lexikalischer Elemente, die — wie zu zeigen sein wird — Voranstellung des Prädikats
ist. Sie können nach Form und Funktion als verschiedene Typen von identifizierenden und quali-
fizierenden - hier „prädizierend" genannten — Nominalsätzen klassifiziert und beschrieben
werden.
Ein wesentlicher Anteil am folgenden ist den Überlegungen Polotskys (1962) zu den
koptischen Nominalsätzen und Cleft Sentences zuzumessen; als besonders nützlich erwiesen
sich diese Beobachtungen Polotskys: Die Unterscheidung von identifizierender Cleft Sentence
und qualifizierendem Nominalsatz neben einem ebenfalls identifizierenden Nominalsatz; die
Bestimmung des Erstnomens in der Cleft Sentence als Prädikat und des folgenden (koptischen)
Relativsatzes als Subjekt; die Rolle der Pronomina in der Prädikatsstelle; einige übersetzungs-
technische Erscheinungen der Qualitätsprädikation. Die diachronische Perspektive, die diese
Untersuchung aber gegenüber dem Koptischen hat, erlaubt dafür auch, am Ende einige Fragen
zu klären, die Polotsky (1962) gestellt, aber teilweise unbeantwortet gelassen hat: Es läßt
sich die grammatische und semantische Verwandtschaft der Sätze erweisen, die Bedeutsamkeit
des Gebrauchs von Pronomina/Eigennamen kann erklärt und die Unterscheidung von Identi-
fikation und Qualifikation in ihrer Konsequenz weiterverfolgt werden; der Satztyp S-c-P
(a.a. O., 426) wird zumindest für das Mittelägyptische eliminiert.
12) Die „Emphase durch Antizipation", der jn- und jr-Satz ist schon von Callender (1971) behandelt worden,
und seine und meine Darstellung berühren sich in mancher Hinsicht; davon, meine Behandlung des Themas zu streichen,
habe ich abgesehen, weil Callenders Interesse mehr allgemein linguistisch und erst sekundär ägyptologisch aus-
gerichtet und die Untersuchung hier doch weiter zu reichen scheint, und sich m. E. durch die Bestimmung des voran-
gestellten Nomens als Subjekt die Argumentationsbasis verändert (allerdings hätte sich dies, wie mir scheint, auch für
Callender implizit aus der Behandlung des nachgestellten Satzes als „predicate" ergeben können, womit allein schon
die Besetzung der „Extraposition" durch Fragepronomina ausgeschlossen gewesen wäre (s. auch a. a. O., 20)).
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5.0 Vorbemerkungen
Das in Abschnitt4 behandelte Syntagma ist nicht das einzige gewesen, für das „prolep-
tische Isolierung" als Erklärung einer von der gewöhnlichen abweichenden Satzstellung gedient
hat; eine solche ist etwa auch bei jn-, jr- und Nominalsatz 12 herangezogen worden. Wenn ich
mich hier diesen zuwende, so müssen Fragen aufgeworfen werden, die es geraten sein lassen, die
Behandlung des Adverbialsatzes für ein paar Abschnitte zu unterbrechen, oder vielmehr einen
großen Bogen zu ihm zurück und zum sog. Verbalsatz zu schlagen.
Hier soll sich nun erweisen, daß der Nominalsatz neben dem Adverbialsatz der zweite
große Pfeiler der ägyptischen Syntax ist, ja daß sie auf ein und dieselbe Struktur zurückgehen.
In der reinen Form der Nebeneinanderstellung zweier Nomina mit der Funktion Subjekt und
Prädikat ist der Nominalsatz im Mittelägyptischen so gut wie nicht mehr existent (wohl aber bei
komplexer Besetzung der Nominalposition, s. 8.3.2). In diese Stufe ist der Nominalsatz nur in
Realisierungen gelangt, deren gemeinsames Erkennungszeichen, neben dem Gebrauch fest-
stehender lexikalischer Elemente, die — wie zu zeigen sein wird — Voranstellung des Prädikats
ist. Sie können nach Form und Funktion als verschiedene Typen von identifizierenden und quali-
fizierenden - hier „prädizierend" genannten — Nominalsätzen klassifiziert und beschrieben
werden.
Ein wesentlicher Anteil am folgenden ist den Überlegungen Polotskys (1962) zu den
koptischen Nominalsätzen und Cleft Sentences zuzumessen; als besonders nützlich erwiesen
sich diese Beobachtungen Polotskys: Die Unterscheidung von identifizierender Cleft Sentence
und qualifizierendem Nominalsatz neben einem ebenfalls identifizierenden Nominalsatz; die
Bestimmung des Erstnomens in der Cleft Sentence als Prädikat und des folgenden (koptischen)
Relativsatzes als Subjekt; die Rolle der Pronomina in der Prädikatsstelle; einige übersetzungs-
technische Erscheinungen der Qualitätsprädikation. Die diachronische Perspektive, die diese
Untersuchung aber gegenüber dem Koptischen hat, erlaubt dafür auch, am Ende einige Fragen
zu klären, die Polotsky (1962) gestellt, aber teilweise unbeantwortet gelassen hat: Es läßt
sich die grammatische und semantische Verwandtschaft der Sätze erweisen, die Bedeutsamkeit
des Gebrauchs von Pronomina/Eigennamen kann erklärt und die Unterscheidung von Identi-
fikation und Qualifikation in ihrer Konsequenz weiterverfolgt werden; der Satztyp S-c-P
(a.a. O., 426) wird zumindest für das Mittelägyptische eliminiert.
12) Die „Emphase durch Antizipation", der jn- und jr-Satz ist schon von Callender (1971) behandelt worden,
und seine und meine Darstellung berühren sich in mancher Hinsicht; davon, meine Behandlung des Themas zu streichen,
habe ich abgesehen, weil Callenders Interesse mehr allgemein linguistisch und erst sekundär ägyptologisch aus-
gerichtet und die Untersuchung hier doch weiter zu reichen scheint, und sich m. E. durch die Bestimmung des voran-
gestellten Nomens als Subjekt die Argumentationsbasis verändert (allerdings hätte sich dies, wie mir scheint, auch für
Callender implizit aus der Behandlung des nachgestellten Satzes als „predicate" ergeben können, womit allein schon
die Besetzung der „Extraposition" durch Fragepronomina ausgeschlossen gewesen wäre (s. auch a. a. O., 20)).
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