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WESEL.

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WESEL.

Die Lage Wesels am rechten Rheinufer zur rechten Seite der jetzigen Lippemündung, das
Bestehen einer römischen Feste am Einfluss der Lippe1 und das im Mittelalter durchaus
nicht als unbedeutend auftretende Lippeheim2 machen es von vorn herein wahrscheinlich,
dass die römische Feste die mittelalterliche Stadl und das jetzige Wesel die Weiterentwicke-
lung derselben Niederlassung ist, wenngleich durch die Veränderungen des Flusslaufes des
Rheines und der Lippe Local-Verschiebungen stattgefunden haben."' Das jetzige Wesel an
seiner gegenwärtigen Stelle knüpft sich an das Prämonstratenserkloster Averdorp, welches
anfangs ein Gut des Klosters Kappenberg war und 1163 ein Nonnenkloster wurde. Dieses
Kloster, als dessen Kirche der erste vom Erzbischof Philipp von Heinsberg 1181 geweihte Bau
der prachtvollen, fünfschifngen, spätgothischen Willibrordkirche erscheint, hatte das Patronat über
die spätere Pfarrkirche zu Wesel und mehrere andre Kirchen bis zur Reformation4. Im
Jahre 1241 erhielt Wesel städtische Rechte5 und gelangte bald zu grosser Rlüthe, wovon
die Stiftung eines Nonnenklosters 12906, eines Johanniterhauses 1291", später der Bau
der Matenakirche, begonnen 1429, und des Rathhauses um 1390, und des vom Herzog Adolf II.
von Cleve gestifteten und 1590 zerstörten Klosters auf der Gravinsel zwischen Wesel und
Xanten Zeugniss geben. Die Voglei über Wesel zu besitzen war ebenso verlockends als
es schwer war, den republikanischen kühnen Sinn der Bewohner zu beherrschen.9 Wesel
erscheint als der kräftigste Ausgangspunkt der Reformation am Niederrhein, und ward schutz-
bringend für die aus Relgien und England vertriebenen Protestanten.10 Auch seine gelehrte

1. Aliso kann nicht gar weit von der Lippemündung gelegen haben, weil Germanieus (Tac. An. II. 7)

zwischen Aliso und dem Rheine die Verschanzungen herstellte, und die Existenz solcher Ver-
schanzungen doch der Annahme entgegen steht, als seien deren Ausgangspunkte meilenweit
auseinander. Vergl. über seine Lage: Die Geschichtsschreiber deutscher Vorzeit I. B. p. 296.

2. Lippeheim wrird häufig erwähnt in Einhard's Leben Carls d. Gr. Dederich, Gesch. d. Rom. u.

Deutschen am Rh. p. 213. Jahrb. d. rhein. Alterth.-Ver. HI. p. 13. IV. p. 77.

3. Da Wesel drei Wiesel im Wappen führt, so liegt es nahe anzunehmen, dass es von diesen Thieren

seinen Namen erhielt, um so mehr, als etymologisch diese Ableitung sich am meisten empfiehlt
und der Name Wisele im 12len Jahrh. in Urkunden vorkommt. Binterim I. p. 98.

4. Binterim I. p. 97. Teschemacher, Cod. dipl. 33. Lac. IV. 068 u. 673. II. 609 u. 389.

5. Lac. 11.258. 421. III. 72. 103. 104. 202.

6. Lac. II. 917.

7. Lac. II. 914. 989. III. 367. Das Haus der Johanniter-Comthurei bezeichnet noch eine Inschrift

mit dem Datum 1418.

8. Lac. III. 68.

9. Lac, III. 442. IV. 507.

10. Zur Zeit der gewaltsamen Kalholisirungen in England und Holland nahm Wesel viele flüchtige Pro-
testanten auf, manche von fürstlichem Geblüt. Die Stadt besitzt als derzeitiges Geschenk
derselben 2 prachtvolle silberne vergoldete Pokale mit reichen Darstellungen u. Verzierungen
im Renaissancestil, welche wir würden in Abbildung gegeben haben, hätten dies die uns
gezogenen Grenzen erlaubt. S. die Beschreibung derselben in L. J. F. Janssens Abhandlung,
de Nederland'sche Reevormden in Kleefsland, voral te Wesel, im archief voor Nederl. Kerk.-
Geschied. V. Deel. p. 38—4 5.

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