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14 STRAELEN. — ALDEKERK.

mehr ausbildete, dieselben aber in gothiseher Zeit seltener wurden, weil die allgemeinere Sitte
der in die Kirchenpfeiler eingemauerten Wasserbecken sie verdrängte, so machen wir be-
sonders auf diesen Gegenstand des spätgothischen Kunsthandwerkes aufmerksam.

ALDEKERK,

kleines Städtchen südlich von Geldern, dessen Kirche ursprünglich eine Filiale der Kirche
des Ortes Nieukerk war, im Anfange des 13ten Jahrhunderts aber die Erlaubniss zur Spen-
dung des Taufsacramentes erhielt 1 und später als Pfarre der Vogtei der Grafen von Geldern
auftritt.2

3.

Dieser Taufstein begegnet uns verstümmelt an einer unwürdigen Stelle der Kirche.
Er ist in eine Thurmecke eingemauert, obwohl ihn die achteckige Form des Beckens zum
Freistehen bestimmte. Der ursprüngliche alte Taufstein bestand aus dem achteckigen Becken
mit den vier Schweinebildern unter demselben u. dem Delphinrachen, und wurde dieser Ober-
theil dann von vier kleinen Säulen getragen, deren Köpfe hinter der Mitte der kleinen
Schweine ansetzten. Die Ansätze der 4 Säulchen sind noch sichtbar. Der Durchmesser des
Beckens beträgt 2' 8". Merkwürdig erscheint dieser Taufstein aus mehrfachen Gründen.
Einmal sahen wir an einer ganzen Reihe abgebildeter und erwähnter Taufsteine, dass bis
zum 1 2ten Jahrhundert für dieselben am Unterrhein ein Typus feststand. Wir begegneten immer
einem von vier Säulen getragenen, oben mit vier Köpfen und einigen barbarischen Ver-
zierungen geschmückten Becken, und sogar als Material fast durchgängig dem schwarzen
Marmor von Namur wie dies bei der vorigen Nummer dieser Tafel noch der Fall war.
Dieser Taufstein von Aldekerk zeigt uns nicht allein eine wesentliche Weiterentwickelimg,
sondern er gewährt auch durch seine urkundliche Datirung gegen den Anfang des 2ten
Decenniums des 1 3ten Jahrhunderts einen kunsthistorischen Anhalt. Ferner fanden wir wohl an
den bisherigen Taufsteinen überall barbarische Verzierungen, aber keine so ausgeprägte/Symbolik,
wie sie diese 4 kleinen Schweine, die Symbole des Unreinen, als Träger eines Taufbeckens,
dessen Spende die Sünde, das Unreine vom Menschen nimmt, aussprechen. Der dritte in-
teressante Moment des Taufsteines liegt in der Wahrscheinlichkeit, dass derselbe zur Erwärmung
des Wassers eingerichtet war, indem der offene Delphinrachen zur Aufnahme von glühenden
Kohlen scheint gedient zu haben.

t. Nach einer im Kirchenarchiv zu Alclenkerk aufbewahrten Urkunde verleiht im Jahre 1218 Erzbi-
schof Engelbert von Köln, der Kirche daselbst das Recht eines Tauf brunnens. An d. hisl.
Vereins-Heft VI, p. 172.

2. Bint. I. p. 235.
 
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