Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
50 GLADBACH.

Stellung" von einer stets aus schwarzem Mittelpunkte hellblau in weiss übergehenden Wellen-
linie umschlossen. Die Hinter- und Schmalseiten werden, wie zu sehen, von einem andern
Bande umschlossen, dessen vergoldetes Muster stückweise in hellgrünem und rothem Grunde
ruht. Der Himmelsbogen Christi, die Querstreifen hinter den Figuren und die Heiligenscheine
sind grünlich. Der kupferne Kamm, auf dessen Mitte eine Bruchstelle irgend eine verzierende
kleine Figur oder ein kleines Kreuz ursprünglich vermuthen lässt, hat seitlich drei Rosetten in
Form eines hellblauen in weiss auslaufenden Vierblattes auf dunkelblauem Grunde; in der Mitte
ein goldener Punkt mit vier rothen Punkten im Umkreise. Aus dieser Farbenangabe ergiebt
sich einestheils, dass nicht alle Farben durch Stege getrennt sind, sondern dieselben oft ohne
Trennung in einander auslaufen, anderenteils dass alle Figuren ohne Emaille geblieben sind.
Die Figuren wie die sie umgebenden Kreise, Bogen und Säulen sind nur durch Vergoldung
geschmückt und seitwärts durch Gravirung, vorn durch eine mehr reliefartige Behandlung
zum Ausdruck gebracht. Die Füsse des Schreines sind gravirt. Die fabrikmässige Rohheit
der Arbeit und die langen sebon etwas geschwungenen Formen zeigen das Ausleben der rhei-
nischen Emaillentechnik im Beginn der gothischen Kunstepoche. Ein in der Form wie in
Charakter und Zeitstellung ganz ähnlicher kleiner Schrein befindet sich im Museum Walraff
zu Cöln.

GLADBACH,

Stadt am linken Rheinufer, 5 Stunden vom Flusse entfernt, welche, wie die meisten bisher
erwähnten Städte, ihren Ursprung an eine geistliche Stiftung lehnt. Die berühmte Bene-
dictinerabtei Gladbach schreibt ihre 793 geschehene Gründung dem Grafen Baldericus zu, der
auf einem schön gelegenen Hügel im Mulgaue Kirche und Kloster zu Ehren des Welterlösers,
der Jungfrau Maria und besonders des heiligen Vitus stiftete, deren Weihe der damals bei
Carl dem Grossen weilende Papst Leo vollzog.1 Bis zum Jahre 954 soll die fromme Stif-
tung blühend bestanden, in dem Jahre aber ihre Verwüstung durch die Raubzüge der Ungarn
und Hunnen stattgefunden haben. Im löten Jahrhundert kam dieses Gebiet durch Austausch
von der Lütticher Diöcese an die Cölner und Erzbischof Gero baute 974 die Abtei auf, allein
wie es scheint nur nothdürflig, denn sein Kirchenbau wird nur ein Oratorium genannt. Was
von der jetzigen Kirche dem romanischen Stile noch angehört, muss desshalb einem vielleicht
Ende des Ilten oder Anfang des 12ten Jahrhunderts entstandenen Baue angehören. Da wir
nun 1242 wieder vom Einstürze der Gebäulichkeiten hören, so werden wir den frühgothischen
Chor als ein kurz nach diesem Verfalle gebautes Werk zu betrachten haben.2 Für die

1. Hisl. fund. Gladb.: d'Achery ed. 2. II. p. G56. Ledebur, Archiv I. 299. Eckertz und Noever, Die

' Benedictinerabtei Gladbach. Cöln 1853.

2. Lac. II. 276. Der friihgothisehe Chor von Gladbach behauptet in der Entstehungsgeschichte der

rheinischen Gothik eine bedeutsame Stelle.
 
Annotationen