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I

' KEMPEN. 15

KEMPEN,

Stadt am linken Rheinufer, südlich von Geldern, welche in der Geschichte zuerst als curtis
der Kölner Kirche auftritt, im Jahre 1073 und kurz darauf 1085 als Kirchspiel.1 Stadtische
Bedeutung gewann dieser Besitz der Kölner Kirche erst am Ende des 13ten Jahrhunderts,
indem Kempen 1294 zur Stadt erhoben und bald darauf stattlich befestigt wurde.2 Wie
die endlosen Unruhen und Privatfehden in den folgenden Jahrhunderten einestheils den Zu-
stand der Verheerung dauernd machten, so war der Uebermuth, der sie fortwährend ent-
stehen liess, und das Vorhandensein der Mittel, die sie ermöglichten, auch wieder ein Beweis
des Wohlstandes u. der Blüthe jener Zeit. Auch Kempen theilte diese Unruhen u. diese
Blüthe. Es ward belagert u. verpfändet, war oft mit Köln in Streit und sagte sich endlich
von demselben los. '' Aber es bewahrt auch hinreichende Andeutungen einer bedeutenden Cultur-
blüthe. Wir erfahren von Miniaturmalern daselbst4; und da der schöne Becher (9) in Kempen
gestiftet ward, lässt sich auch seine Anfertigung dort annehmen. Thomas von Kempen, der
berühmte Verfasser der Nachfolge Christi, ward hier geboren, die herrlichen Gestühle der
Kirche, ihr Reichthum an geschnitzten Altären5 und Utensilien, endlich die bemerkenswerthen
Ziegelbauten der Burg0 und Befestigungen legen ein hinreichendes Zeugniss ab, dass Kempen
an der Blüthe des Niederrheines wesentlich Antheil hatte.

In frühester Zeit, ehe die örtliche Concentrirung der Bewohner statt fand, war für
die Bewohner des ganzen ländlichen Bezirkes die von Kempen eine halbe Stunde entfernte
Peterscapelle zum Gottesdienst gebräuchlich, eine Capelle, welcher die Tradition wohl caro-
lingisches Alter zuschreibt, die auch ohne Fundamente gebaut sein soll, aber in ihrem Mangel
jeglichen Schmuckes und künstlerischen Ausdruckes als ein einschiffiger roher Dürftigkeits-
bau jeden Zeitalters sein könnte.7 Höchst interessant für den plötzlichen Aufschwung der

1. Lac. I. 217 und 238. Vergl. Lac. I. p. 152, wo in der Anmerk. Kempen als Campini schon

um 890 vorkommt.

2. Lac. IV. 677, und Kempener Stadtgeschichte in No. 46 der Westphalia 1826.

3. Lac. III. 134. IV. 496.

4. Mooren erwähnt in seinem Schriftchen üher Thomas von Kempen Johann Hemmerken als solchen

und noch einen anderen; p. 33.

5. Ein flüchtiger Aufsatz üher Kempen im Domblalte No. 168 (1859) von Herrn Franz Bock, den

der Verfasser veröffentlichte ohne der Besichtigung der folgenden Tafeln zngedenken, obgleich
es doch sehr im Interresse der Wissenschaft lag zu erfahren, dass die Kempener Schätze in
Abbildungen vorhanden seien, nennt die drei Kempener Altäre prachtvolle Werke aus der
Blüthe der Bildschnitzerei. Wir können mit diesem Urtheil nicht übereinstimmen, indem die
Altäre der Zeit nach aus dem löten Jahrhundert und dem Werlhe nach handwerksmässiger
gearbeitet sind, wie die von uns mitgetheilten zu Calcar und Xanten. Die Gestühle von
Kempen stehen weit über den Altären. In Kempen befindet sich noch eine silbervergoldete
Kette aus künsll. Eichenlaub mit Medaillon, welche zum Schmucke einer Madonna diente, und
ein schönes Pectorale im Renaissancestile.

6. Ueber die Burg siehe das Organ für christl. Kunst.

7. Vergl. Binterim I. p, 295 und Mooren an d. betref. St.
 
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