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AACHEN.

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nieot erwähnt werden, endlich die Ausschmückung durch bunte Inschriften berücksichtigen40, so
können wir mit Recht annehmen, dass den Glanzpunkt des Tempels die Absis bildete, welche
in zwei Capellen über einander, unten dem Stiftsgottesdienste, oben später dem Pfarrgottes-
dienste überwiesen war.41 Hier fanden jedenfalls die kostbarsten Reliquien des Abendlandes,
die Carl in Ryzanz, Jerusalem und Rom erhielt42, ihre goldschimmernde Aufstellung. Wenn
es uns schwierig scheint, den hinter den östlichen Rogenöffnungen befindlichen Chorbau im
Innern sichtbar zu denken, besonders wenn wir das Zeugniss berücksichtigen, dass der Hoch-
altar erhöht errichtet ward 43, so ergibt sich daraus die Nöthigung, die kaiserliehe Loge der
Absis gegenüber auf der Empore da anzunehmen, wo jetzt noch der kaiserliche Marmorstuhl
auf erhöhten Stufen steht.44 Denn nur gegenüber dem Altar konnte der würdige und auf
diesen Aussicht gewährende Platz des Kaisers sein. Unten machte das dort liegende Portal
eine kaiserliche Loge unschicklich und räumlich unmöglich, oben deutet die Thüre im Brust-
geländer und der wahrscheinlich auf den Emporen mündende Gang vom Palaste45 darauf
hin. Mit welchem Hochgefühl der Anbetung muss Carl von dieser Stelle geschaut haben, als
er seinem Sohn und Nachfolger hier die Krone aufsetzte, oben in den Rogenöffnungen um
ihn sein Hofstaat, unten im Kreise, um den die heiligsten Reliquien bergenden Altar, in der
Runde des Octogons die Geistlichen sassen, 30 Altäre im verschiedensten Schmucke prangten,

40. Ebendaselbst c. 33. Monach, S. Galt. I. c. 16. 11. 17. Einhard, Leben Carl d. Gr. c. 31 u. 32,

berichtet über zwei solcher Inschriften: die eine ging in rother Farbe zwischen der oberen
und unteren Bogenstelhing herum und bezog sich auf die Gründung, die andere schmückte
Carl's Grab. Zelte und bunte Vorhänge erhielt Carl aus Persien. Einh., Jahrb. ad an. 807.

41. Solche Doppelcapellen, freilich nicht alle als Chorcapellen, finden sich in Montefiascone, Eger, Re-

gensburg, Nürnberg, Freiberg und Landsberg in Sachsen, zu Schwarz-Rheindorf und in der
Marienkirche auf dem Berge bei Brandenburg und andere bei Förster: Denkmale I. p. 45.
Die untere Capelle war die Hauptcapelle und wie die untere Kirche für die Stiflsgeistlichkeit
bestimmt, so dienten die Emporen der Aufnahme des Publikums. Letzteres geht aus der
Beschreibung der Krönung Olto's I. hervor, nach welcher der Erzbischof seine Worte an die
Gemeinde auf den Emporen richtete. Die obere Capelle war später, ob ursprünglich ist un-
gewiss, dem Pfarrgotlesdienst geweiht, und blieb die Spendung der beiden Sacramente der
Taufe und Oelung bis ins 13. Jahrhundert lediglich der Marienpfarre. Quix: Geschichte der
Stadt Aachen. I. 43. II. 35. Die Doppelcapelle befand sich unversehrt bis im vorigen
Jahrhundert im jetzigen Chor und trennte dieses vom Octogon. In der unleren stand auf
dem Altare, an welchem nur die sieben Cardinalpriester der Kirche und die Bischöfe von
Cöln und Lüttich das Privilegium hatten zu celebriren, der grosse Rcliquienschrein und
in Gewölben sah man auf blauem mit Sternen geschmücktem Grunde in der Mitte ein Kreuz,
zu den Seiten Carl d. Gr. mit dem Kirchenmodell und Maria mit dem Kinde. Noppius lib.
I. c. 5. Merlens glaubt, dass dieser Bau, den Noppius beschreibt, schon ein golhischer Um-
bau der carolingischen Capelle gewesen sei. Merlens p. 140. Die Capelle wurde nach Quix
Beschreib, p. 16 Ende des vorigen Jahrh. abgeltrochen.

42. Floss, Geschichll. Nachrichten der Aachener Ileiliglhümer. p. 6.
4 3. Thegan ad an. 813. c. 6.

44. Vergl. Text zu Tafel XXXII.
4 5. Nollen p. 7 und 8.
 
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