Sakrißei, Domßhaß: Schi&fale
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Nun folgt die glänzende Zeit des Erzbischofs und Kardinals Albrecht von Branden-
burg. Im Jahre 1540 kam das unerhörte „Halleßke Heiligtum" nach Mainz und wurde
zum allergrößten Teil dem Mainzer Domfchaß einverleibt. Die Menge der Kost-
barkeiten war fo groß, daß die eben erß erweiterte Sakrißei, wie wir gefehen
haben, von neuem beträchtlich erweitert werden mußte und ein neues feßes Gemach
erhielt. Wiederum unterrichten unslnventare über den Beßandü) Und diesmal bleiben
die Berichte nicht toter Buchßabe: Kardinal Albrecht ließ {eine Sdhäße abbilden, und
diefe Abbildungen ßnd uns in den Miniaturen eines Ajchaffenburger Kodex erhalten.
Hat diefer erlauchte Brandenburger fo außerordentliches für die Mehrung des
Mainzer Schatzes getan, fo follte diesem ein anderer Brandenburger gefährlich wer-
den.Zu einer eigentlichen Plünderung des Schafes durch die Scharen des Mark-
grafen Albrecht Alcibiades (1552) Scheint es zwar nicht gekommen zu [ein, aber das eine
und andere Stück von der Ausßattung des Domes iß damals gewiß entführt oder unter
dem Druck der Zeit veräußert worden. Verhängnisvoller wurde die Schwedenzeit.4)
Und wenn auch die Tatsache, daß nachweisbar 1716, 1727 und 1792 zahlreiche alber-
tini(che Stücke noch vorhanden waren, ßcher ßellt, daß gewiß das Allermeiße vor den
Schweden gerettet werden konnte,5) fo läßt doch wohl andererfeits das oben Schon
erwähnte Auftauchen einzelner Werke des Halle[chen Heiligtums in Stockholm kei-
nen anderen Schluß zu als diefen: ohne Verluß überdauerte der Schaß die Schweden-
not nicht. Aber wirklich ausgeplündert war der Schaß keineswegs. Zum Jahre 1722
haben wir das Zeugnis desjoannis (IS. 93) und 1727 braucht Bourdon (f. obenS. 169),
der ßch doch vor allem an die Wappen und In(chriften hält und keineswegs alles Stück
für Stück verzeichnet, zur Schilderung des Schaßes der Sakrißei feiner Zeit immer-
hin 15 Seiten (S. 265 ff.).
So war alfo die Mainzer Kirche noch immer und immer wieder wohl verfehen, als
die leßte Schreckenszeit anbrach. Das jammervolle unrühmliche Ende hat neuerdings
A. L. Veit zuverläfßg und anfchaulich erzählt.6) Der Schaß wurde 1792 über A jchaffen-
burg nach Prag geflüchtet, dort verpfändet, 1803 um 59 000 Gulden ausgelöß, in
12 Truhen nach Regensburg gebracht und dort — zum allergrößten Teil verkauft.
0 Handßhriften der Seminarbibliothek in Mainz und im einftigen Beßß Schneiders ver-
zeichnen die nach Mainz gekommenen Stücke. Vgl. Anzeiger des German. Nat.-Mufeums II.
1887. S. 123 und IV. 1889. S. 128 ff. Ferner P. Redlich, Kardinal Albrecht. Mainz 1900-
S. 183* ff., 212* ff.
s) Jof. Merkel, Der Mainzer Domßkaß. ln treuen Abbildungen nach einem in der Kgl.
Bayr. Hofbibliothek zu Afchaffenburg befindlichen Miniaturwerke aus dem 16. Jahrhundert.
Afcbaffenburg 1848. 6 Seiten mit 17 Tafeln (davon 11 in Farben), gr. Fol. (es follten 110 Tafeln
werden). Gabr. v. Terey, Kardinal Albrecht und das Halleßhe Heiligtumsbuch von 1520.
Straßburg 1892. Friedr. Schneider, Wiedergewinnung von Miniaturen aus dem Ajchaffenburger
Prachtkodex des Hallefchen Heiligtums. Hohenzollernjahrbuch I. 1897. S. 174 ff. Über Stücke
des Halleßlien Heiligtums in Stockholm handelt Schnütgen in der Zeitschrift f. chriftl.
Kunft XI. 1898. Sp. 65. 109. Vgl. auch Sp. 149. Auch die Akten der Mainzer Geheimen Kanzlei
(jeßt in Würzburg Nr. 191) verfprechen noch eine Ausbeute. Allerlei Notizen endlich im Nach-
laß Schneiders (in der Stadtbibliothek zu Mainz, Fasz. 111, 4 und VII, 5; auch 78).
s) Zur weiteren Geßhichte des Schatzes vgl. P. Redlich, Kardinal Albrecht. S. 354ff. Ferner
Wetter, Geschichte und Befchreibung des Domes zu Mainz. S. 160ff. Auch die Domkapitels-
protokolle in Würzburg ßnd zu vergleichen.
ß Was Bodmann in feinen Rheingauißhen Altertümern (1819) S. 212 erzählt, bezieht ßch
auf den Schaß der Jefuiten. Vgl. dagegen Schnütgen a. a. O. (f. oben Anm. 2).
ß Der Schaß wurde wiederholt fortgebracht, fo 1639 nach Koblenz ufw. Vgl. die Domkapitels-
protokolle zu diefen Jahren in Würzburg, Bd. 29—32.
s) Etwas über den Mainzer Domfchaß. Feierßunde (Beilage zum Mainzer journal) 10. Jahrg.
Nr. 133. 134 vom 10. und 11. Juni 1912.
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Nun folgt die glänzende Zeit des Erzbischofs und Kardinals Albrecht von Branden-
burg. Im Jahre 1540 kam das unerhörte „Halleßke Heiligtum" nach Mainz und wurde
zum allergrößten Teil dem Mainzer Domfchaß einverleibt. Die Menge der Kost-
barkeiten war fo groß, daß die eben erß erweiterte Sakrißei, wie wir gefehen
haben, von neuem beträchtlich erweitert werden mußte und ein neues feßes Gemach
erhielt. Wiederum unterrichten unslnventare über den Beßandü) Und diesmal bleiben
die Berichte nicht toter Buchßabe: Kardinal Albrecht ließ {eine Sdhäße abbilden, und
diefe Abbildungen ßnd uns in den Miniaturen eines Ajchaffenburger Kodex erhalten.
Hat diefer erlauchte Brandenburger fo außerordentliches für die Mehrung des
Mainzer Schatzes getan, fo follte diesem ein anderer Brandenburger gefährlich wer-
den.Zu einer eigentlichen Plünderung des Schafes durch die Scharen des Mark-
grafen Albrecht Alcibiades (1552) Scheint es zwar nicht gekommen zu [ein, aber das eine
und andere Stück von der Ausßattung des Domes iß damals gewiß entführt oder unter
dem Druck der Zeit veräußert worden. Verhängnisvoller wurde die Schwedenzeit.4)
Und wenn auch die Tatsache, daß nachweisbar 1716, 1727 und 1792 zahlreiche alber-
tini(che Stücke noch vorhanden waren, ßcher ßellt, daß gewiß das Allermeiße vor den
Schweden gerettet werden konnte,5) fo läßt doch wohl andererfeits das oben Schon
erwähnte Auftauchen einzelner Werke des Halle[chen Heiligtums in Stockholm kei-
nen anderen Schluß zu als diefen: ohne Verluß überdauerte der Schaß die Schweden-
not nicht. Aber wirklich ausgeplündert war der Schaß keineswegs. Zum Jahre 1722
haben wir das Zeugnis desjoannis (IS. 93) und 1727 braucht Bourdon (f. obenS. 169),
der ßch doch vor allem an die Wappen und In(chriften hält und keineswegs alles Stück
für Stück verzeichnet, zur Schilderung des Schaßes der Sakrißei feiner Zeit immer-
hin 15 Seiten (S. 265 ff.).
So war alfo die Mainzer Kirche noch immer und immer wieder wohl verfehen, als
die leßte Schreckenszeit anbrach. Das jammervolle unrühmliche Ende hat neuerdings
A. L. Veit zuverläfßg und anfchaulich erzählt.6) Der Schaß wurde 1792 über A jchaffen-
burg nach Prag geflüchtet, dort verpfändet, 1803 um 59 000 Gulden ausgelöß, in
12 Truhen nach Regensburg gebracht und dort — zum allergrößten Teil verkauft.
0 Handßhriften der Seminarbibliothek in Mainz und im einftigen Beßß Schneiders ver-
zeichnen die nach Mainz gekommenen Stücke. Vgl. Anzeiger des German. Nat.-Mufeums II.
1887. S. 123 und IV. 1889. S. 128 ff. Ferner P. Redlich, Kardinal Albrecht. Mainz 1900-
S. 183* ff., 212* ff.
s) Jof. Merkel, Der Mainzer Domßkaß. ln treuen Abbildungen nach einem in der Kgl.
Bayr. Hofbibliothek zu Afchaffenburg befindlichen Miniaturwerke aus dem 16. Jahrhundert.
Afcbaffenburg 1848. 6 Seiten mit 17 Tafeln (davon 11 in Farben), gr. Fol. (es follten 110 Tafeln
werden). Gabr. v. Terey, Kardinal Albrecht und das Halleßhe Heiligtumsbuch von 1520.
Straßburg 1892. Friedr. Schneider, Wiedergewinnung von Miniaturen aus dem Ajchaffenburger
Prachtkodex des Hallefchen Heiligtums. Hohenzollernjahrbuch I. 1897. S. 174 ff. Über Stücke
des Halleßlien Heiligtums in Stockholm handelt Schnütgen in der Zeitschrift f. chriftl.
Kunft XI. 1898. Sp. 65. 109. Vgl. auch Sp. 149. Auch die Akten der Mainzer Geheimen Kanzlei
(jeßt in Würzburg Nr. 191) verfprechen noch eine Ausbeute. Allerlei Notizen endlich im Nach-
laß Schneiders (in der Stadtbibliothek zu Mainz, Fasz. 111, 4 und VII, 5; auch 78).
s) Zur weiteren Geßhichte des Schatzes vgl. P. Redlich, Kardinal Albrecht. S. 354ff. Ferner
Wetter, Geschichte und Befchreibung des Domes zu Mainz. S. 160ff. Auch die Domkapitels-
protokolle in Würzburg ßnd zu vergleichen.
ß Was Bodmann in feinen Rheingauißhen Altertümern (1819) S. 212 erzählt, bezieht ßch
auf den Schaß der Jefuiten. Vgl. dagegen Schnütgen a. a. O. (f. oben Anm. 2).
ß Der Schaß wurde wiederholt fortgebracht, fo 1639 nach Koblenz ufw. Vgl. die Domkapitels-
protokolle zu diefen Jahren in Würzburg, Bd. 29—32.
s) Etwas über den Mainzer Domfchaß. Feierßunde (Beilage zum Mainzer journal) 10. Jahrg.
Nr. 133. 134 vom 10. und 11. Juni 1912.
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