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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 34.1918-1919

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Wolf, Georg Jacob: Kunst und Revolution: Glossen zu einem aktuellen Thema
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https://doi.org/10.11588/diglit.13748#0235

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wie in den Tagen der Fürstensouveränität
schließe sich im Volksstaat aus. Kunstpflege
und Künstlerunterstützungen müßten grund-
sätzlich getrennt werden (diesen Gedanken hat
übrigens schon vor geraumer Zeit Theodor von
Cramer-Klett in der bayerischen Reichsrats-
kammer ausgesprochen und in ausgezeichneter
Weise begründet). Ein Ideal wäre es, wenn
die Künstlerunterstützung überhaupt überflüs-
sig gemacht werden könnte durch planvollen,
alle Fähigkeit erfassenden und an die richtige
Stelle dirigierenden Kunstunterricht und durch
die Organisation der vorhandenen künstlerischen
Kraft. Dazu sei es allerdings nötig, daß der
lächerliche und kleinliche Unterschied zwischen
reiner und „angewandter“ Kunst falle.
Diese Ausführungen Riemerschmids leiten
zu dem Kernpunkt im Programm der Mächte
der Bewegung: zu der Frage der Kunster-
ziehung. Die Radikalen wünschen eine sofor-
tige Aufhebung aller Akademien, Kunstge-
werbeschulen und architektonischen Abteilungen
der Technischen Hochschulen. In den beiden
letzteren Fällen kann man keinen Augenblick zwei-

feln, daß solche Forderungen unmöglich sind.
Der junge Architekt benötigt eine Menge tech-
nischer Kenntnisse, der beginnende Kunstge-
werbler so vieler Handfertigkeitsvoraussetzun-
gen, daß man der Schule nicht entraten kann,
nachdem der heutige Werkstätten- oder Bau-
bureaubetrieb keineswegs über die nötige Zeit
verfügt, Lehrlinge und Anfänger gründlich und
systematisch zu unterrichten. Dort kann man
die jungen Leute vor die praktische Arbeit
stellen, aber für die Universalität ihrer Ausbil-
dung keine Garantie übernehmen. Trotzdem
ist der seit langem lebendige, immer wieder in
den Debatten aufspringende Werkstattgedanke
in anderer Weise nutzbringend zu gestalten,
nämlich durch Umwandlung der Kunstgewerbe-
schulen, die heute viel zu sehr das reine Ent-
werfertum fördern auf Kosten der praktischen
Arbeit, in große Werkstättenkomplexe von
Schnitzern, Töpfern, Graphikern, Dekorations-
malern, Goldschmieden, Schreinern, Webern,
Stickerinnen, die unter der gemeinsamen Lei-
tung der besten Künstler und der besten Hand-
werkstreibenden zu nützlicher und erfolgver-


WILLY JAECKEL LANDSCHAFT

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