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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 6.1905-1906

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Volkskunst und Kunstgewerbe, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6481#0077
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Aus dem Scbongauer-Museum zu Colmar,

Volkskunst uNp Kunstgewerbe

i.

ist in neuster Zeit fast üblich ge-
worden, daß die begeistertsten Lobredner
der guten, alten Volkskunst mit einem
gewissen zweifelnden Argwohn insoferne
auf die Vertreter des Kunstgewerbes
blicken, als sie nicht an ihre uneinge-
schränkten Sympathien und an ihr tieferes
Interesse für diese Heimatkunst glauben.
Sie untersuchen moderne Darstellungen,
z. B. auf Glasgemälden und finden dann,
daß im Entwürfe solcher modernen
Schöpfungen kein Verständnis für das
Holzfachwerk der Bauernhäuser vorhan-
den sei und dergl. mehr. Die Anreger
einer Statistik der Bauernhausformen ver-
mieden es auch möglichst, die Kräfte der
Kunstgewerbler in Anspruch zu nehmen.
Mit einem Wort: man möchte auf eine
Art Verstimmung und beginnende Ent-
fremdung zwischen Volkskunst und
modernem Kunstgewerbe schließen.

Nicht (wie einzelne Tageszeitungen
meldeten) auf dem diesjährigen «Tag für
Denkmalpflege» wohl aber auf der «Haupt-
versammlung der deutschen Geschichts-
und Altertums vereine» und zwar in der
V. Abteilung «Volkskunde», kam auch das
Verhältnis der Heimatkunst zum Kunst-

gewerbe en passant zur Sprache. Eine
offene Aussprache wird gewiß zu der im
beiderseitigen Interesse nötigen Besei-
tigung aller Mißverständnisse und Zweifel
beitragen.

Charakteristisch für das bisherige
gespannte Verhältnis war auch der auf
der erwähnten Versammlung gehaltene
Vortrag des Diplom-Architekten Kronfuß,
den wir im ungefähren Wortlaut folgen
laßen. Der Redner führte folgendes aus:

Unsere Zeit verwertet wie im Fluge
alte Werte, und es dauert nicht lange, so
sind neue Werte zu alten geworden.
Gerade in der Kunst — der Redner
spielte hier deutlich auf die angewandte
Kunst an — wurden in letzterer Zeit
viele Werte geprägt und, kaum in den
Umlauf gesetzt, sind sie auch schon außer
Kurs geraten, sind wertlos geworden.
Man braucht nicht mehr alt zu werden,
um sich an einen vergangenen Stil er-
innern zu können, der in «kaum i bis 2
Jahren in dieser oder jener Richtung»
modern war. So schön es klingt, ist es
ein unheimliches Wort, sobald es bei
ernster Kunst genannt wird. Hinter
diesem Worte «modern» lauert der frühe
 
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