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Rudolf Trunk : Künstler-Steinzeichnungen.
können, nach allen Richtungen auszunützen
bestrebt war. Es ist naheliegend, daß die
Industrie sich alsbald der Sache bemäch-
tigte und daß man der neuen Erfindung
nur insofern einen künstlerischen Wert
beimaß, als man in ihr ein bequemes
Reproduktionsmittel erblickte. In letzterem
Sinn ist denn auch von den Steinzeichnern
sehr Achtbares geleistet worden. —
Strixner, Piloty und Harifstängl schufen
darin mit verständnisvollem Fleiß wirklich
Hervorragendes trotz Radierung und
Holzschnitt, die den neuen Bewerber mit
Mißgunst betrachteten. Wirklich populär
aber wurde der Steindruck durch das
Portrait, wobei allerdings die Kunst wenig
profitierte, da es den Bestellern von
solchen nur auf Wiedergabe irgendwelcher
Ähnlichkeit ankam und nicht auf künstle-
rische Behandlung oder geistvolles Erfassen
alles dessen, was der Künstler aus dem
Portrait herausholt. Was gegenüber einer
Unmenge von Kopien nach Gemälden
u. s. w. oder von Darstellungen mehr
oder weniger ausdrucksvoller Alltagsge-
sichter an Künstleroriginalen die Presse
verließ, war verschwindend wenig, wenn
man von den Leistungen eines Menzel
absieht. Alles übrige beschränkt sich auf
gelegentliche Versuche, auf die Wieder-
gabe launiger Einfälle und Künstler-
schnurren, die sich auf der Leinwand
nicht schalkhaft genug ausgenommen
hätten. So blieb es, bis ein anderer Er-
finder, Daguerre, mit seiner Photographie
alle bis dahin in Übung befindlichen
reproduzierenden Künste binnen kurzem
verdrängte; es half nicht viel, daß die
Steinzeichnung als Mittel einer getreuen
Kopie sich allgemeiner Beliebtheit erfreute
— so rasch sie in Aufnahme gekommen
war, mußte sie dem gefälligeren Verfahren
Platz machen und nur als Industriezweig
konnte sie sich noch weiter behaupten.
Wenn aber jetzt, nachdem mehr
wie ein Jahrhundert seit ihrer Er-
findung dahingegangen, die lang
mißachtete und vernachlässigte Kunst
der Steinzeichnung neuerdings wieder
zu Ehren gebracht wird, so gebührt
dies Verdienst entschieden den Fran-
zosen*, bei denen sich früher schon
Künstler von klangvollen Namen ihrer
3 /nq^S 1900.
Umschlag für ein Programm von Schneider.
* Gewiii — aber es sei nicht vergessen,
dafj den Elsässern ein gutes Recht zu-
steht, in der Geschichte dieser Bewegung
mit an erster Stelle genannt zu werden.
Gottfried Engelmann, am 17. Aug. 1788
in Mülhausen geboren, unterrichtete sich
1814 bei Senefelder in München in der
Lithographie, etablierte sich sodann in Mül-
hausen, verlegte seine lithographische An-
stalt jedoch bald nach Paris, wo er am
25. April 1839 hochgeachtet in allen Kiinst-
lerkreisen verstarb. Engehnann war der
erste, der die lithographische Kunst in
Frankreich einführte und ausübte. Wir
werden seinem Andenken noch eine ein-
gehendere Würdigung gelegentlich zu teil
werden lassen. Auch Gustav Silbermann,
der berühmte elsässisische Farbendrucker,
der eine Generation tüchtiger Illustrations-
und Farbendrucker heranbildete, sei hier
erwähnt. F. L.
Rudolf Trunk : Künstler-Steinzeichnungen.
können, nach allen Richtungen auszunützen
bestrebt war. Es ist naheliegend, daß die
Industrie sich alsbald der Sache bemäch-
tigte und daß man der neuen Erfindung
nur insofern einen künstlerischen Wert
beimaß, als man in ihr ein bequemes
Reproduktionsmittel erblickte. In letzterem
Sinn ist denn auch von den Steinzeichnern
sehr Achtbares geleistet worden. —
Strixner, Piloty und Harifstängl schufen
darin mit verständnisvollem Fleiß wirklich
Hervorragendes trotz Radierung und
Holzschnitt, die den neuen Bewerber mit
Mißgunst betrachteten. Wirklich populär
aber wurde der Steindruck durch das
Portrait, wobei allerdings die Kunst wenig
profitierte, da es den Bestellern von
solchen nur auf Wiedergabe irgendwelcher
Ähnlichkeit ankam und nicht auf künstle-
rische Behandlung oder geistvolles Erfassen
alles dessen, was der Künstler aus dem
Portrait herausholt. Was gegenüber einer
Unmenge von Kopien nach Gemälden
u. s. w. oder von Darstellungen mehr
oder weniger ausdrucksvoller Alltagsge-
sichter an Künstleroriginalen die Presse
verließ, war verschwindend wenig, wenn
man von den Leistungen eines Menzel
absieht. Alles übrige beschränkt sich auf
gelegentliche Versuche, auf die Wieder-
gabe launiger Einfälle und Künstler-
schnurren, die sich auf der Leinwand
nicht schalkhaft genug ausgenommen
hätten. So blieb es, bis ein anderer Er-
finder, Daguerre, mit seiner Photographie
alle bis dahin in Übung befindlichen
reproduzierenden Künste binnen kurzem
verdrängte; es half nicht viel, daß die
Steinzeichnung als Mittel einer getreuen
Kopie sich allgemeiner Beliebtheit erfreute
— so rasch sie in Aufnahme gekommen
war, mußte sie dem gefälligeren Verfahren
Platz machen und nur als Industriezweig
konnte sie sich noch weiter behaupten.
Wenn aber jetzt, nachdem mehr
wie ein Jahrhundert seit ihrer Er-
findung dahingegangen, die lang
mißachtete und vernachlässigte Kunst
der Steinzeichnung neuerdings wieder
zu Ehren gebracht wird, so gebührt
dies Verdienst entschieden den Fran-
zosen*, bei denen sich früher schon
Künstler von klangvollen Namen ihrer
3 /nq^S 1900.
Umschlag für ein Programm von Schneider.
* Gewiii — aber es sei nicht vergessen,
dafj den Elsässern ein gutes Recht zu-
steht, in der Geschichte dieser Bewegung
mit an erster Stelle genannt zu werden.
Gottfried Engelmann, am 17. Aug. 1788
in Mülhausen geboren, unterrichtete sich
1814 bei Senefelder in München in der
Lithographie, etablierte sich sodann in Mül-
hausen, verlegte seine lithographische An-
stalt jedoch bald nach Paris, wo er am
25. April 1839 hochgeachtet in allen Kiinst-
lerkreisen verstarb. Engehnann war der
erste, der die lithographische Kunst in
Frankreich einführte und ausübte. Wir
werden seinem Andenken noch eine ein-
gehendere Würdigung gelegentlich zu teil
werden lassen. Auch Gustav Silbermann,
der berühmte elsässisische Farbendrucker,
der eine Generation tüchtiger Illustrations-
und Farbendrucker heranbildete, sei hier
erwähnt. F. L.