Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 6.1905-1906

DOI Artikel:
Volkskunst und Kunstgewerbe, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6481#0098
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
88

Volkskunst und Kunstgewerbe.

Beachtung des Bauernhauses der künst-
lerische Sinn des Landvolkes wieder ge-
weckt und gekräftigt werden. Das ge-
schieht durch ständige nachdrucksvolle
Hinweise auf die Schädlichkeit der un-
künstlerischen Gleichmacherei, des so
beliebten Nachäffens städtischer Bauweise,
durch Ratschläge auf allen Gebieten der
künstlerischen und kunstgewerblichen
Betätigung, vor allem auch durch Dar-
stellung der guten alten Zeit.

Der Deutsche Verein für ländliche
Wohlfahrts- und Heimatpflege hat es
sich zur Aufnahme gemacht «den künst-
lerischen Sinn des Landvolkes wieder
zu wecken und zu kräftigen. Die be-
sonderen Aufgaben, die der Verein sich

* „Kunst auf dem Lande" herausgegeben
von Heinrich Sohnrey (Velhagen & Klasing).
Leipzig 1900.

schlechte

Bauer. Studie in Bronze, modelliert von Ph. Oberle.

stellt, berühren natürlich aufs Tiefste
auch das Kunstgewerbe. So in erster
Linie die Bemühungen um die Dorfkirche!
In der Kirche empfängt der Landbewoh-
ner seine ersten Eindrücke von der
feierlichen Gewalt und Schönheit der
Kunst. Aber — wie viel läßt oft die
innere Ausstattung einer Dorfkirche an
Geschmack zu wünschen übrig! Es ist
ein grosser Irrtum vieler Pfarrherren,
daß der « Geschmack » in der Dorf kirche
den künstlerischen Bestrebungen der
Stadtkirche folgen müsse. Wenn auch
die formalen Einzelheiten der Dorfkirche,
der Aufbau von Altar, Kanzel und Orgel
nur wie bescheidene Ableger höheren
Kunstschaffens erscheinen, so sind sie
doch, falls diese volkstümliche Kunstleist-
ungen eigenartig- und zweckmäßig sind,
höher zu achten, als mißverstandene,
Nachahmungen. Der Hang,
manches besonders effektvoll
zu gestalten, bringt häufig in
die schlichte Dorfkirche einen
schrillen Mißton hinein, der
selbst das vorhandene Gute
übersehen läßt. So bemüht
man sich in manchen Dorf-
kirchen, in denen das elek-
trische Licht eingerichtet ist,
wirkungsvolle farbige Be-
leuchtungseffekte an Altären
und Statuen herbeizuführen,
die nicht als künstlerisch und
nicht als ungesucht bezeich-
net werden können. Nicht
selten kommt es vor, daß ein
Guttäter testamentarisch zur
Verschönerung einer Dorf-
kirche eine Summe auswirft,
in der Hoffnung, daß das
Geld gut angewendet ist.
Aber was ist in den meisten
Fällen die Folge? Alte,
schadhaft gewordene Statuen
oder beschädigte Glasgemälde
werden lautlos entfernt, und
eine der beliebten Kunstan-
stalten liefert dafür einen
neuen g'oldfunkelnden Ersatz
 
Annotationen