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Julius Erhard,
der Sammler
und Stifter

Fern sei die Behauptung, ohne die Stiftung von 1890 gäbe es
heute kein Gmünder Museum, doch im Blick auf die Heimatmu-
seen der Nachbarstädte ist die Vermutung erlaubt, daß ohne
diese Stiftung das Gmünder Museum heute nicht mehr und
Ansehnlicheres zu bieten hätte als in jenen benachbarten
Museen zu sehen ist. Deshalb soll hier zunächst von Julius
Erhard (21.3.1820 - 19.1.1898) die Rede sein.
„Alles, was deutsch ist, zieht mich am meisten an", soll er mehr-
mals geäußert haben, er, der Gmünder Fabrikant, der sein Bal-
konzimmer im „Grünen Haus" (Bocksgasse 18) mit gotischem
Mobilar ausstattet, das er selbst entwirft und vom Schreiner
Öchsle machen läßt (dort trägt er seine „Gmünder Bilderchro-
nik" zusammen, eine Sammlung mit über 1000 Zeichnungen,
Aquarellen und Drucken Gmünder Motive, die nach seinem
Tode die Söhne dem Museum stifteten). 1880 schafft er auf die
nämliche Weise ein Renaissance-Wohnzimmer an.4 Ist Julius
Erhard ein deutschtümelnder Biedermann gewesen? Hat er
nicht kurz vorseinem Tode eine Gedenktafel in die nahe Lorcher
Klosterkirche gestiftet für die Kaisertochter Irene, „die Rose
ohne Dorn, eine Taube sonder Gallen"? Warfür ihn die deutsche
Geschichte und die seiner Heimatstadt ein Rührstück?
Das wäre eine völlige Verzeichnung dieser ausgreifenden Per-
sönlichkeit. Das Tun Erhards ist vor dem Hintergrund der vater-
ländisch-romantischen Ideale und Bildungsbestrebungen des
vorigen Jahrhunderts zu sehen. Sie lösten die schwärmerische
aber zugleich auch höchst aktive Anteilnahme an der
Geschichte Gmünds aus, der ehemaligen Reichsstadt. Er versi-
cherte sich der Vergangenheit dieser Stadt und seiner eigenen
Vorfahren, indem er ihre Zeugnisse und Belege sammelte. In
der angemessenen Relation kann er hierbei verglichen werden
mit Freiherr Hans von Aufseß und dem von ihm 1852 ins Leben
gerufenen Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Beide
sind Sammler und Donatoren, beide sind Museumsmitbegrün-
der und in ihrer Zeit auch Patrioten, kein Zufall, daß sie sich
kannten und Briefe wechselten. So breit die Interessen Erhards
gestreut waren, so weit reichte auch sein Bekanntenkreis. In ihm
finden sich etliche Namen, die heute in der Deutschen Biogra-
phie stehen. Manches erklärt hierbei sein Lebensweg: Enkel
eines Pfarrers vom Unterland, so berührt von protestantischer
Frömmigkeit und auch vom Humanismus und wohl noch mehr
geformtvom spezifisch schwäbischen Liberalismus des Vaters,
der 1809 als junger Kaufmann nach Gmünd kommt und dort
rasch reüssiert: Er heiratet Maria Germania Theresia Debler,
Tochter einer hoch angesehenen und vermögenden Gmünder
Patrizierfamilie. Und er wird Teilhaber in der Firma Ludwig Ger-
ber und Co., einem Engros-Geschäft in Gold-, Silber- und Semi-
lor-(Kupferlegierung)waren, das auch englische und franzö-
sische Galanterieartikel führte. Die Söhne Carl und Julius gehen
 
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