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Zu Gmünds Geschichte und Kunst

Produkte keine Blüte der Kunst heißen, die nur darauf
gewartet hätte, aufzugehen und zu sprießen. Doch dann
1670 der Paukenschlag einer neuen Kunst: der Hoch-
altar des Münsters. Ein großes Barockwerk wird den
Gmündern vor Augen gestellt, entworfen und in seinen
künstlerischen Teilen weithin geschaffen von Auswär-
tigen, vor allem von Augsburgern.
Die Verdienste nehmen zu. 1652 bekommt Balthasar
Botzenhardt für eine Deichelkachel 6 kr, 1658/59 7 kr,
1661/67 7 1/2 kr. Nun kommen wieder mehr Fremde in
die Stadt, darunter wandernde Handwerksgesellen aus
Tirol und von Behrn im Schwaitzerlandt. Die Menschen
atmen auf. Sie können wieder reisen und die Hand-
werksgesellen sollen es wieder tun. Man gönnt sich et-
was. Bote Eiselin hat im Auftrag der Stadt Sauerbronn
von Göppingen zu holen. Ein indianisch Kraut wird ge-
trunken [geraucht]. Und am 2. Juni 1667 sind alle Rats-
herren das erstemal mit Mantel und Degen, wie vor al-
ters, in Rat gegangen (Ils, Chronik, 148). Lebenslust
kehrt wieder, im Verständnis der Gmünder Obrigkeit zu
viel, weil im ganzen Augspurgischen Bistumb in keiner
Statt und Herrschaft so vihl ärgerliche Unzucht, Bueh-
lerey und Schwängerungen sich begeben, als Inn: und
außerhalb dieser Statt und landts Obrigkaith. Als gäbe
es noch eine Steigerung dieser Sittenlosigkeit, beklagt
Syndikus Eustachius Jeger dazuhin, daß sogar Mäd-
chen am hellen Tage baden1. (Jeger, Periphrasia, 1086,
1092)

1 In jener Zeit könnten in der Gegend Gmünds die Redensarten im
Umlauf gewesen sein (s. Schwäbisches Wörterbuch, Band III, 348 f.):
„Wer oft geht nach Gmünd, verdirbt mit Weib und Kind. - Jetzt geht
man nach Gmündchen, wo die schönen Mädchen sünd’gen. - Hinter
de(n) Gmünder, steckt nix dahinter (mit dem überlieferten Zusatz:
sind lauter arme Sünder.) Den letzten Ausspruch hielt ein Lehrer in
einer Gmünder Volksschule noch in neuerer Zeit am Leben. Unwis-
sen seiner Klasse rügte er mit Aufstehen und dem Sprechchor: Hinter
de Gmünder. . . Der Lehrer war ein ..Altwürttemberger“.

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