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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 61.1910-1911

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Hillig, Hugo: Die Tapetenausstellung in Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.7091#0358

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Die Tapeten-Ausstellung in Hamburg.

sss. (Hamburger Tapeten-Ausstellmig) Jmiggesellcnschlafzimmer. Raumausstattung:
Philipp Mendelson Nächst, ftamburg.

später allerdings begann, als man mittels Dampf-
kraft und Rotationsmaschinen die Tapsten auf end-
loses Papier drucken konnte, die Tapetenindustrie
noch einmal, fertig abgepaßte, zum Teil noch mittels
pandmodeldruck hergestellte Wand- und Decken-
dekorationen in den Handel zu bringen, aber auch
hier versagte die Praxis. Neuerdings aber versucht
man es doch wieder in den von undisziplinierten
französischen Tapetenzeichnern herrührenden Tapeten
mit eingedrucktem breiten oberen Abschlußfries, aber
es scheint, als wenn auch hier die notwendige Ver-
breitung dieser Tapetenart ausbliebe. Gb die Zu-
sammenstellung von Wandgliederungen wie in
Raum f (Abb. 56^) in der Praxis nicht doch zu
Alebekunststückchen führt, möge dahingestellt sein.

Die Räume sind also alle tapeziert und man
kann hier die teuersten Tapeten aus Damast, Leder,
Seide, Samt sehen, — allerdings als Imitation.
(Raum 2 z. B., Abb. 565.) Ts läßt sich nicht leugnen,
daß auch diesen Tapeten eine äußerlich vornehme
Wirkung eigen ist, aber bewußte Imitation, die
täuschen will, bleibt es eben doch! Die Tapeten-

industrie würde sich leichter
in die kunstgewerbliche Pro-
duktion einreihen, wenn sie
ihre Grenzen erkennen und
bei der Papiertapete, die
nichts anderes sein will,
bleiben wollte. Als solche
ist sie in unseren gegen-
wärtigen Wohnungsver-
hältnissen der breiten Masse
und auch des Mittelstandes
nicht wegzudenken und hier
kann sie auch von der Be-
malung der Wände nicht
verdrängt werden (Abb.
566). Tine gleich reiche
Wirkung, von der ästhe-
tischen Wirkung abgesehen,
wie die Tapete in den fol-
genden Räumen (bis 568)
kann dieDekorationsmalerei
nur mit sehr viel größerem
Arbeitsaufwand erreichen.
Außerdem aber hat die
Tapetenindustrie in der
Linkrustafabrikation ein so
unbesiegbares Arbeitsfeld,
daß ihr trotz der Rührsam-
keit der Maler um einen
größeren Wirkungskreis
nicht bange zu fein braucht.
Die Wurzel der Mißstände in Tapetenindustrie und
Pandel liegt ja auch hauptsächlich in ihrem eigenen
Boden und die Aartellierung der Tapetenfabriken
konnte bis jetzt eine nennenswerte Gesundung der
Branche noch nicht mit sich bringen.

Große Fortschritte hat die Tapetenindustrie in
der Perstellung abwaschbarer Tapeten zu verzeichnen,
auch hier aber darf sie nicht so weit gehen, nun
alles und alles mit ihnen überkleben zu wollen; in
der Tapetenausstellung ist z. B. ein Badezimmer
tapeziert! Daß das Treppenhaus durchweg tapeziert
ist, liegt wohl am Ausstellungsprinzip, eben Tapeten
in ihrer Anwendung zu zeigen; in der Praxis wird
nicht allzuviel Vorliebe für tapezierte Treppen-
häuser sein. Auch hierbei fällt auf, daß man fast
durchweg, wie auch im tapezierten Badezimmer
Majolikafliesen imitieren will. Damit schadet man
der Verwendung der Tapete mehr, als man viel-
leicht denkt. Papier ist eben, auch wenn es ab-
waschbar ist, noch immer keine Majolika und die
Täuschung bleibt nur halb; man merkt die Absicht,
auf billige Weise den Anschein kostspieligen Auf-

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