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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 65.1914-1915

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Steinlein, Stephan: Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik in Leipzig, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8768#0064

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dort vier bis fünf verschiedene Arbeiter beschäftigte.
Er vertrieb seine waren schon durch Versendung
anpreisender Verzeichnisse: „Item welicher hande
bücher man gerne hat grosz oder klein, geld-
lich oder weltlich, hübsch gemolt, die findet
man alle by diebolt louber schriber in der bürge
zu hagenow.“ 3n diesen Verzeichnissen finden
sich nicht weniger als neunundreißig Büchertitel.
Darunter sind nach Kautsch die Hauptwerke der
nationalen Epik als: Iwein, parzival, Titurel,
Tristan, wigalois, der Pfaffe Arnis, Wilhelm von
Österreich, Wilhelm von Grlens, Flore und Blanche-
flur, aber auch wolfdietrich und der Trojanische
Krieg, wie auch die Oesta Romanorum und der
König von Frankreich. Sodann die Lehrdichtungen:
Der welsche Gast, Freidank, Lucidorius, Schach-
zabel, Morolf, Asop, Die sieben weisen Meister,
Belial, Seelentrost, Die vierundzwanzig Alten,
weiter Historienbibeln, Leben Jesu, Heiligenleben,
Episteln und Evangelien, die zehn Gebote, Psalter,
Rosenkranz, Gebetbücher. Endlich Arznei-, Los-
und Rechtsbücher. Der überwiegende Teil der
deutschen populären Bilderhandschristen wurde in
diesem Jahrhundert bis um ^60 von berufs-
mäßigen Schreibern und Zeichnern geschrieben und
illustriert.

Die Federzeichnung des fünfzehnten Jahrhun-
derts bewahrt noch viel Ungelenkes, mittelalter-
lich Typisches, sie ist aber in der Hand eines wirk-
lichen Künstlers „bei weitem das beweglichere
Mittel, sie gestattet, viel leichter jeder Eigenart
des Textes gerecht zu werden" als die minutiöse,
farbige, auf „Bildwirkung" bedachte und ausgehende
Buchmalerei. So führen denn auch die Wege
zur Illustration auf Papier geschriebener billigerer
Bücher zum späteren geschmückten gedruckten,
mit Holzschnitten versehenen Buch über die Feder-
zeichnung. Schon neben den Schreibern gab es
„Karten-, Heiligen- und Briefmaler", sie fertigten
die damals höchst beliebten Spielkarten und Hei-
ligenbilder, auch wohl Blätter oder Hefte, die neben
Bildern einen kurzen erläuternden Text enthielten,
jene Dinge, die, soweit wir wissen, die ersten Gegen-
stände des Holzschnittes abgegeben haben, wie
die Notwendigkeit, immer wieder dieselben Stoffe
zu illustrieren, zum handwerksmäßigen und fabri-
kationsartigen Betrieb geführt hat, so muß die noch
schlimmere Notwendigkeit, hundertmal den Eichel-
ober oder den heiligen Sebastian zu zeichnen, schließ-
lich zum Bilddruck geführt haben. Man wandte
den vom Zeugdruck her wohl bekannten Holz-
schnitt und Holztafeldruck an, und der Bilddruck,
die erste graphische Kunstübung, war gegeben.

In Nördlingen erscheint f.^28 ein „Briefdrucker",
in Straßburg ist x^^o ein „Briefmaler" nachweis-
bar, der zugleich „Formschneider" genannt wird,
vereinzelt finden sich Handschriften, in denen die
Bilder zwischen den Text von Holzstöcken gedruckt
sind, schon vor Gutenbergs Erfindung. Der „Block-
bücher", jenen Vorläufern des Bücherdrucks, sei
nur kurz nochmals Erwähnung getan. Die frühesten
dieser Blockbücher dürften nach Kautsch um die
Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts entstanden
sein, die Hauptmasse der erhaltenen aber gehört
erst den sechziger Jahren und sogar noch der fol-
genden Zeit an. Der Heilsspiegel, die Armen-
bibel, die Kunst zu sterben, Heiligen-Legenden,
die Apokalypse, die zehn Gebote, das Vaterunser,
das apostolische Glaubensbekenntnis, das hohe
Lied, der Totentanz, Gebetbücher, Kalender und
Planetenbücher astrologischen Inhalts sind die
häufigsten Stücke dieser Druckerzeugnisse, „wenn
wir auch annehmen müssen", schreibt Kautsch,
„daß eine große Zahl der erhaltenen Blockbücher
erst in der Konkurrenz mit dem eigentlichen Bücher-
druck (mit beweglichen Lettern) entstanden ist, so
ist doch der Übergang vom Einblattholzschnitt
zum Blockbuch ein so natürlicher, daß man darin
einen jener versuche sehen darf, die der Erfindung
des Druckes mit beweglichen Lettern parallel oder
vorausgehen, ohne zu einem endgültig befriedi-
genden Ergebnis zu führen."

Mit derben, kunstlosen Holzschnitten versehen,
druckte zu Bamberg Albert Pfister schon um f$60
eine Reihe deutscher Bücher; kam bei Pfister
das „Bonersche Fabelbuch" heraus. Diese nur in
rohen Umrissen geschnittenen Illustrationen waren
noch zu nachträglicher Kolorierung mit der Hand
bestimmt. Und auch hier hatte man schon der
billigeren Massenerzeugung halber zu einem me-
chanisch anwendbaren Hilfsmittel gegriffen, man
„patronierte" diese Bildchen mit der Schablone.
„Um diese Zeit druckte man, was etwa ein Diebolt
Lauber geschrieben hatte. Es besteht eigentlich
nur ein Unterschied der Technik. Man
druckte eine Bilderhandschrift wörtlich ab und ko-
pierte die Bilder. Für fast alle die wichtigeren
illustrierten Drucke lassen sich die Vorlagen in Bil-
derhandschriften Nachweisen." Die Illustration jener
Zeit „begreift sich am besten als unmittelbare
Fortsetzung der gewerbsmäßigen Handschriften-
illustration. Ja vielleicht sind diese Holzschnitte
sogar in Werkstätten hergestellt, die ganz ebenso
organisiert waren, wie die des Diebolt Lauber in
Hagenau, in Briefmalerwerkstätten, sei es nun,
daß der Drucker selbst eine solche Werkstatt hatte —

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