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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 65.1914-1915

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Bernhart, Max: Die Entwicklung der Münztechnik
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https://doi.org/10.11588/diglit.8768#0202

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Darstellung. Die Art der Herstellung war einfach.
Lin Stück Metall wurde kugel- oder linsenförmig
gegossen (Schrötling) und auf einen Amboß ge-
legt^ in welchem das der Münze auszuprägende
Bild eingegraben war (Unterstempel). Nun setzte
man auf die obere Seite des Schrötlings den
punzenförmigen Oberstempel und schlug mit dem
Hammer darauf, daß sich das Münzbild wie die
untere Seite des Gberstempels auf dem Metall-
stück abdrückte. Der bildlose Stempel hatte quadra-
tische Form, oder es war ein einfaches Ouadrat
erhaben eingeschnitten, so daß auf der Rückseite
der Münze eine viereckige Vertiefung entstand,
welche „quaclratum incusum" benannt wird. Durch
Linfeilen des Oberstempels, wodurch ein Fest-
halten des Schrötlings bezweckt wurde, wurde das
Ouadrat meist durch Linien geteiltest Die Flächen
des Ouadratums wurden später mit Buchstaben
oder Tierfiguren geschmückt. Endlich ging man
dazu über, in den zweiten Stempel ebenfalls ein
Bild einzuschneiden, und gelangte so zur zwei-
seitig geprägten Münze, von dieser Prägeweise
machten die großgriechischen Städte eine Ausnahme.
Sie schlugen ihre Münzen von Anfang an mit zwei
Stempeln. Doch erschien nur die Hauptseite er-
haben; die Rückseite ist vertieft geprägt, meist
eine Wiederholung der Darstellung der Vorder-
seite zeigend. Diese Münzen heißen ,,nummi
incusi".

Selbstverständlich tragen die ältesten Münzen auch
die einfachsten Münzbilder. Sie sind dem Tier-
und Pflanzenreiche entnommen: Schildkröte, Ähre,
Traube, Delphin, Feigenblatt usw. Sie nehmen
fast die Bedeutung von Wappen an, da die ein-
zelnen Münzorte immer das gleiche Zeichen an-
bringen, so die Schildkröte für Agina, der Pegasus
für Rorinth, die Biene für Lphesus, die Rose für
Rhodos, der Apfel für Melos usw. Später zeigen
die Münzen zum großen Teile Götter und Men-
schen sowie Pferde und Stiere in ganzer Figur
eingeprägt, bis zu Gruppenbildern sich steigernd,
während die ältesten Münzen schriftlos, dann
höchstens einzelne Buchstaben eingesetzt sind, fin-
den sich später ganze, längere oder kürzere Namen.
Die Bilder werden immer mannigfaltiger und
reicher, welchen Aufschwung die Stempelschneide-
kunst etwa gegen 400 v. Lhr. genommen hat, zeigt
jede bedeutendere Sammlung griechischer Münzen.
Goethe drückt dies gelegentlich seiner Besichtigung
der Sammlung sizilischer Münzen des Fürsten
Torremuzza mit den Worten aus: „Aus diesen

i) Das leere Quadratum incusum ist ein Lharakteristikum
der ältesten Münzen.

köstlichen Münzen lacht uns ein unendlicher Früh-
ling von Blüten und Früchten der Runft. Der
Glanz der sizilischen Städte, jetzt verdunkelt, glänzt
uns aus diesen geformten Metallen wieder frisch
entgegen."

Die rohen und armen Völker Mittelitaliens, auch
die Römer, bedienten sich zur Herstellung ihrer
Münzen anfänglich nur des Rupfers und gingen
erst später zur Silber- und Goldprägung über.
Rupfer war in Italien eben das gebräuchlichste
Nutzmetall, aus welchem die ältesten Waffen und
Geräte hergestellt wurden. Das Rupfer war an-
fänglich in formlosen Stücken im Verkehr, die
man einander zuwog. Später wurde es in vier-
eckige Formen, Barren, gegossen. Frühestens in
der ersten Hälfte des 5. vorchristlichen Jahrhunderts
wurde ein gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt,
indem man die Barren in Formen gießen ließ,
welche gewisse Zeichen oder Bilder trugen, am
häufigsten das Bild eines Rindes oder Schweines.
Diese gezeichneten Rupferbarren hatten noch kein
festgesetztes Gewicht; ihre Wertbestimmung setzte
noch immer den Gebrauch der wage voraus. Erst
um die Mitte des 5. Jahrhunderts wurden die
Rupferbarren mit Wertzeichen und dem Wappen
der Stadt versehen, ihnen also damit die ^Geltung
der Münze verliehen. Münzeinheit wurde der
A5 = \ römisches Pfund zu \2 Unzen —327,H3g.
Diese Münzen haben eine runde Form und zeigen
ein hohes Relief. Sie wurden, wohl wegen ihrer
Größe und weil sie als alleinige gesetzliche Münzen
in großer Menge und rasch beschafft werden mußten,
nicht durch Prägung, sondern durch Guß hergestellt.
Ob die Formen hierzu aus Sand oder fester Masse
bestanden, läßt sich nicht feststellen. Daß aber eine
Reihe Formen durch Gußkanäle verbunden zur
gleichzeitigen Erzeugung mehrerer Stücke diente,
ist an einzelnen Stücken durch die Spuren zweier
Gußzapfen und durch den Fund mehrerer mit
Gußzapfen noch verbundener Rupferasse unzweifel-
haft erwiesen. Dieses älteste, römische Geld nennt
man das römische Schwergeld (ae5 grave).
Sämtliche Schwergeldmünzen tragen auf einer
Seite das Schiffsvorderteil (die Galeere war nach
Mommsen um die Zeit des Dezemvirats wahr-
scheinlich das althergebrachte, aus der seemänni-
schen Stellung Roms hervorgegangene Stadt-
wappen); auf der anderen Seite waren verschie-
dene Götterköpfe dargestellt.

Das Schwergeld blieb bis zu Anfang des ersten
punifchen Rrieges s(26H bis 2Ht r>. Ehr.), also un-
gefähr 1(50 Jahre 'als ausschließliches, alleiniges
Zahlmittel im Gebrauch. Dann begannen die

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