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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 65.1914-1915

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Steinlein, Stefan: Wandlungen in der Architektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.8768#0226

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„nationalen Formgedanken", den Stil der „deut-
schen Vorzeit" schlechthin erkannten. Der erschüt-
ternde Ausgang der französischen Revolution hatte
die weltbürgerlichen Illusionen der Befreiung der
Welt, nach einer Befreiung der europäischen Ge-
sellschaft zerstört; Napoleons dämonische Erschei-
nung führte über Europa das Faktum kosmopoli-
tischer Zwingherrschaft herauf. Nach Napoleons
Vernichtung kam über die deutschen Lande die
politische Reaktion mit all ihrer moralischen Zer-
rüttung und den tiefen seelischen Depressionen und

Schlachtfelde von Leipzig erbauen, wahrlich ein
Gedanke, der dem geschichtlichen Gang der Be-
freiung der Nation entsprach. Ernst Moritz Arndt
hatte in den deutschen Blättern einen Aufruf
dazu erlassen. Lin kleines unscheinbares Denkmal
tue es nicht; nicht ein solches in der Stadt Leipzig
selbst; es müsse draußen stehen, wo so viel Blut
floß; es müsse groß und herrlich sein, wie ein
Koloß, eine Pyramide, ein Dom in Köln; einfach,
wobei die Kunst keine Äffereien anbringen und
gegen das der nordische, allen Denkmälern so

N

€. 3. Tchmid

Zerrüttungen der nun durch Napoleons Gewalt-
akte endlich bewußt vaterländisch gesinnten Männer.
Das Nationalbewußtsein war endlich erweckt wor-
den, erwacht unter den Fußtritten des Korsen.

Die ersten Pläne für Denkmäler der Befreiungs-
kämpfe aus der Fremdherrschaft suchten sich in
gotischer, „nationaler" Formensprache auszudrücken.
Noch 1,899 schrieb Cornelius Gurlitt: „Das Be-
zeichnende bleibt, daß alle jungen Künstler, alle
jene, die sich über den Friedensschluß hinaus die
Begeisterung des Befreiungskampfes wahrten, das
Andenken an die Erhebung des Volkes in gotischen
Bauwerken zu feiern gedachten. So wollte Karl
Sievekind ^5 ^nen deutschen Dom auf dem

feindsälige Himmel nichts ausrichten könne. Ein
Lrdhügel von zweihundert Fuß Höhe, Feldsteine
darauf gewälzt, ein riesiges eisernes Kreuz darüber,
das Zeichen des Heils und der Herrscher des neuen
Erdballes; über dem Kreuz eine goldene Kuppel,
die in der Ferne leuchtet. Das Land rings um den
Hügel solle für geheiligt erklärt, umwallt, mit
Lichen bepflanzt werden, ein Kirchhof sein für
deutsche Männer, auf dem das Vaterland geliebter
Melden Leichen begrabe.

Lin Freiherr Adolf von Seckendorf forderte zu Bei-
trägen auf, dies Werk zu errichten. Ls gingen zehn
Taler ein."-

Hundert Jahre später, \^\3, nachdem inzwischen

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