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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 75.1925

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Fischer, J. L.: Die Kunst am Metall
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https://doi.org/10.11588/diglit.7092#0039
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DIE KUNST AM METALL.

i.

Hephäst, der Meister an der Esse im Ätna, der
mythische Patron für die Gold= und Metallschmiede
der Antike, soll schon in grauer Vorzeit die groben
und feinen Metallarbeiten gefertigt und gelehrt haben.
Als Heinrich Schliemann in den siebziger Jahren nach
mühevollen Grabungen in das sogenannte Schatzhaus,
richtiger in die Grabkammer des Atreus zu Mykenä
und andere ähnliche Schachtgräber vorstieß, da entdeckte
er neben vielen anderen archaischen Merkwürdigkeiten
eine Reihe von Dolchklingen, Waffen, die damals das
Staunen der gesamten Welt hervorgerufen haben.
Darunter befanden sich Dolchklingen aus Bronze mit
technisch meisterhaft eingelegten Goldarbeiten. Be-
kannt sind die Klingen mit der Löwenjagd, mit der
Jagd auf pantherähnliche Raubtiere, auf Enten. Man
sah sich dabei plötzlich einer Kultur und vor allem einer
Technik gegenüber, die, was Tauschierung und Gra-
vierung betrifft, nicht etwa den Anfang, sondern die
feichentwichelte Blüte einer ganzen Generation von
Meistern darstellt. Man hat zwar schon immer den
begeisterten Schilderungen eines Homer gelauscht, der
fast einen ganzen Gesang darauf verwendete, um den
Schild des Achilleus, das bedeutendste Kunstwerk des
homerischen Zeitalters, zu preisen, das die herrlichste
Meisterschöpfung der Jünger des Hephäst gewesen sein
soll. Bei diesen Schilderungen hat man vor den über-
raschenden Wundern der Ausgrabungen sehr viel der
dichterischen Freiheit zugute gehalten, aber die Funde
haben gezeigt, daß die Metalltechnik schon in der prä-
historischen Zeit um 1000 v. Chr. auf einer verblüff
fenden Höhe gestanden hat. Heute wissen wir, daß
diese meisterhafte Beherrschung des Metallschnitts, der
Tauschierung und Gravierung über die Inselgriechen
von Phönizien, bezw. von Ägypten ausgegangen ist.

So lange die Waffe Symbol Wer persönlichen In-
dividualität geblieben ist, so lange man in ihr den stoU
zen Ausdruck des Mannesmutes und der persönlichen
Ehre sah, hat man ihr den reichsten künstlerischen
Schmuck zuteil werden lassen, dessen man fähig war.
Selbstverständlich hat der Verwandte der Waffen, der
Schmuck, dieselbe Entwicklung mitgemacht, nicht bloß,
soweit es sich dabei um die unedlen oder edlen Me-
talle handelt. Auch edle und halbedle Steine wurden
in ähnlichem Stil geschnitten und das Siegel, das man
mit ihnen zum Ausdruck brachte, war gewissermaßen
die jeweilige Tauschierung.

Auch die Germanen haben an dieser Tausdiierungs-

arbeit seit ihrer Berührung mit den Römern Gefallen
gefunden und als man in den vierziger Jahren des
vorigen Jahrhunderts einige derartige Funde gemacht,
war man inähnlicherWeise, wie einst Schliemann, über-
rascht und wollte nicht daran glauben, daß unsereVor-
fahren in derMerowinger Zeit bereits mit tauschierten
Waffen einherschritten. Aber seitdem haben sich die
Entdeckungen: Eiserne Gewandnadelscheiben aller
Art und Größen, Waffen und Pferdezeug, Schwert^
griffe, Scheidenbeschläge, Lanzenspitzen, so gehäuft,
daß, wie Lindenschmit in seinem Buch über die „Alter-
tümer in derMerowinger Zeit" sagt, der „unmittelbare
Anschluß dieser tauschierten Gewandnadeln, GürteL
und Schwertbeschläge der merowingischen Zeit an die
gleichartigen Metallornamente der Römer aus Gold,
Silber und Kupfer auf Geräten und Waffen von Eisen
und Bronze außer allen Zweifel gestellt ist. Was aber
diese eigentümliche Industrie als eine in den gallischen
und germanischen Provinzen des Römerreichs sozu-
sagen landsässig gewordene bezeichnet, ist die Tat-
sache, daß sie dort bei den Burgundern Franken und
Alemannen die allseitigste und bereitwilligste Auf-
nähme fand, ohne jedodi die Grenzen der Gebiete dieser
germanischen Stämme zu überschreiten. Entweder sind
diese Verzierungen in einer die Oberfläche des Eisens
bedeckenden Silberschichte ausgeschnitten oder in vor-
gestochenen Linien mit Silberfäden auf das Eisen ein-
gelegt, sodaß sie entweder dunkle Muster in hellem
Grunde oder helle auf dunklem Grunde bilden. Bei
der ersten Art ist die Versilberung des Eisens in der
bekannten Weise des Altertums ausgeführt, daß eine
dünne Silberschicht durch Eintreibung auf die durch
gekreuzte Meißelschläge rauh gemachte Oberfläche des
Eisens eine ungemein feste Verbindung mit derselben
erhält, welche nur an der Stelle der ausgestochenen
Ornamente beseitigt, mit der dunklen Eisenfarbe der-
selben eine gefällige Wirkung bietet, Bei der anderen
Art der Tauschierung dieser Nadelscheiben sind in
gerade entgegengesetzter Weise die Verzierungen zu-
erst auf demEisen vorgestochen und in diese vertieften
Linien sodann die Streifen von Silber, Erz oder Gold
so fest eingetrieben, daß ihre Verbindung mit dem
Eisen selbst nach dem Verlaufe so vieler Jahrhunderte
nur mit der stellenweise vollständigen Verrostung
dieses Metalls verschwinden konnte. Eine besonders
ansprechende Erscheinung bietet die Vereinigung bei*
der Arten der Verzierung, bei welcher innerhalb der

Kunst und Handwerk. Jahrg. 1925. 3. Heft.

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