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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 2.1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.4906#0007

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namitm Meister charakteristischen iiiiiiiaturartigeu Aus-
führimg, dic ihm anch klciuere Bilder besscr gerathen licst
als uiiifaiigrcichere, hat sich der Ausdruck der beiden zarten
Äbpfc, Jesu uud der Maria, sehr vcrflacht, uiigeincin
sprechend und würdevoll ist dagegen die Bewegimg des
ersteren. Uuter den übrigen Köpfen treffen wir uicht so
die scharfe, häufig au's Derbe streifende Judividnalisiruiig,
wie auf audercn Bildcrn Mazzoliuo's, dagegen sind dic
auf Studiuin uach dem Lebeu beruheudcu Formen edler
uud korrekter als gcwöhnlich. Jn der Farbe douiiniren
die vou ihm besonders bcliebteu weuigeu nngöiuischtcii,
zwar gesättigten, aber zusammen nicht gerade sehr har-
moiiischeu Töne. — Alonso Cano soll der Meister des
dritten, gleichfalls nicht großeu Bildes sciu. Jn breitem
Oval stellt es das auf weißemLager schlafcnde Christ-
kiud stark verkürzt gezeichuet dar, desseu liukes Händchen
der kleiuc Johanueü ehrerbietig nnd vorsichtig gefaßt hat
und audachtsvoll küßt. Das Bild zeigt ein herrlichcs
Helldunkel, warm röthliche Schatteu im Fleisch, gelbliche
Achter. Der Ausdruck der Köpfe ist kindlich innig, die
Forinen ruud und völlig, aber nicht übermäßig, die nach
vorn licgeuden Bcine des Christkindes, wie hänfig, sehr
knrz im Berhältuiß zum Oberkörper. DaS Bild ist eineS
so aumuthigeu und zartcu Malers wie Alonso Cano,
desscn bewuuderungswerthe Sicherheit in der Zeichnung
sich hicr iu jedem Piufelstrich osfeubart, gewiß würdig,
nud sollte aucki der Hcllduiikelton, selbst bei seiuem schönen
Kolorit, fast zu saftig nnd warm scheineu, wird uian doch
nicht lcicht eine Haud uachweiseu köniieu, der man das
schätzeuswerthe kleine Bild eher verdanken möchte. — Das
vierte Bild, vou alleu das größtc, uenut sich nach
Antonio Palomino de Castro y Velaseo, ich wciß
nicht, ob irgcud eiuer sicheren Beglaubigung folgend. Es
zeigt eine Empfäugniß Mariä, das so beliebte Thema
der spanischen Maler. Die heilige Jimgfrau im weißen
Kleide mit blauem faltigem Ueberwnrf wird anf Cherubs-
köpfen steheud von Engcln iu die Höhe getrageu. Die
Hände berühreu sich auf dcr Brnst, der Blick ist gehobeu.
lleber ihrem vou eincr Sternenglorie umgebeucn Hauptc
schwebt der heilige Gcist in Gestalt eiuer Taube, iu dem
goldigeu Wolkenhintergrund Gruppen von Cherubim.
Die Schulc Nlurillo's wie die bloß piusclfertige Verfall-
zeit, allerdings in eineui ihrer trefflichsten Vertreter, ist
niiverkennbar. Die gegen den kleinen K'opf stark gebildeten
nnteren Extremitäteu scheinen bei einem iu dem wisseu-
schaftlichen Theilc seiner Kunst so wohlerfahreueu Meister
darauf hiuzuweiscn, daß das Bild für die Aufstelluug au
eincm hoheu Platzc, etwa als Altartasel, bestimmt war.

Unscre soustigeu Ausstellnugslokale feieru mehr oder
minder. Viele Bilder der AnSstellung machen, bevor sie
Berlin verlasscn, noch in ihnen vorübcrgehend Rast, uud
haben Labei zmuTheil Gelegenheit, sich und ihre llrheber
zu restituiren und die totalc Berkeunung zu berichtigen, die

ihnen die Beleuchtuug eines musterhaft schenßlichen AuS
stellnugslokales und eine — gelinde gesagt — rücksichts-
lose Anfhäugekoinmission zugezogeu. Sehr Gutes, auch
Neues, sindet man wie stets Lei Lepke, darunter eiu Bild
von F. Krans, das er viellcicht nicht hätte malen solleu.
Eine Prügelei liebender Brüder, die unvorhergesehener
Weise die Ruhe einer gemeinsamen Arbeitsstunde nnter der
Aufsicht einer älteren Schwester oder einer ziemlich ju-
geudlichen Gouvcrnante unterbricht, und von dieser bei-
gelegt werdcn soll, während die jüugercn Schwestcrn recht
unbcfangen dcm Schauspiele zusehen, schlägt auS der Art
seiner stets der feinstcn Welt der clegautesten Zeiten
eutnommeu Süjets, dcueu sich Auffassnngweise und Tech-
uik bei ihm wuudcrbar angepaßt hatte. Hier tritt zwischen
der gewöhnlicheu Dclikatesse nnd eiuer stellcnweis vcrsuch
ten massiveren Bchandlnng cin beunruhigendes Schwan-
ken hervor.

Sachse's permaneute Ausstellung läßt es sich ange-
lcgeu seiu, den Vorrath ausländischer Bilder fortdauerud
angemessen zu vermehren, resp. zn ersetzen. Vorzügliche
Blumen von Backhuhscn erfreuen durch poetischen Au
hauch. „Der Untergang des Veugeur im Kampfe gcgen
dic Engländcr" vou Ernest Slingeneher, den ich nculich
vergessen, eine 1852 gemalte Wiederholung des Bildes,
dnrch das er 1842 seinen 9iuf mit begründete, kann als
glänzende Probc des krassen Realismus gelten, der seinc
Wirkung gethan, an dessen Berechtignng in nnseren Tagen
sich jcdoch mit Fug zweifeln läßt. Zwci Genrebilder vou
Jules Goupil, „au der Kirchthür" und „ermüdendc
Mutterpflicht," frappiren durch die naturwahre Wiedcr
gabe der Stoffe, welchen aber eben so wie allem Uebrigeu
vorwiegeud die nnschöne Seite abgelanscht ist. A. Ton-
lemouche's „nach dem Maskenball" hat ein precaires
Snjet: die Erschlaffung nach einer gewaltigen Aufregung
hat kaum etwas Aesthetisches, selbst wenn die Sache so gut
dargestellt wird wie hier. Von den übrigen Genrebildern,
unter dcnen viel Hübsches, will ich nur noch anführen
das durch ticfe satte Töne ausgezeichnete kleinc „holländi-
sche Jnterieur" von Artz, und „eine Vorstellung" vou
I. Carolus, die die dentlichen Kennzeichen seiuer Mal-
weise trägt, aber der ihm eigenthümlichen Reize ermangelt.
Robert Fleurh's „Nembrandt im Atelicr" entwickelt
seine Hauptkraft in dem Apparat nud der Beleuchtung. —
Bon dentschcn Werken will ich uur die Folge von sechs
Bildern von C. Engel von der Rabenan ncniien, dic
durch die Photographie bercits weite Verbreitung gefun-
den. Freilich habeu auch die Schilderuugen hessischer
ländlicher Sittcn „still nnd fleißig", „herzig und tren",
„iriein", „dein", „nnser", „juchhe!" viel Gntes, trotz
mancheS störenden Beigeschmackes, nud die günstige Auf-
nahinc, die dcn 9ieproduktionen zu Theil gewordeu, ist
daher wohl erklärlich. Aber die geziert saubere, überaus
geleckte Malweisc bringt die Originale um ihren Erfolg.
 
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