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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 2.1867

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99

Korrespondenzen.

Drcsdc», im März. (Schluß.)

Unser Kmistvercin, dcm in nnffaüender Weise während
des lepten Kricgsjahres ein bedentender Znwachs an Mit-
gliedern geworden ist, mußtc iu seiner kttrzlich abgehaltenen
Gencralversammlnng die Wahl eines Bereinsblattes ver-
tagen, da die Vvrlagen sich in jeder Bezichnng als nnzn-
rcichend erwiesen. Fttr das Jahv 1866 wird als Bereins-
blatt einederherrlichstenKompositionen Genelli's, „der
Ranb der Europa" in einem Stiche von I. Burger aus-
gegeben. Nnter den Arbeiten, welche die Ansstellung des
Kunstvereins in den letztcn Monatcn brachte, ist ein Genre-
bild von d'asch in Diisseldorf und ein scin nnd schon anf-
gefaßtes und ebenso dnrchgeführtes Bild von Bode in
Frankfurt a. M. hervorzuheben. Besonders aber zog ein
großer farbiger Karton von Schnorr v. Carolsfeld
die Anfmerksamkeit der Kunstfrennde anf sich. Der Karton
gehört den Entwürfen zu den Fenstermalereien für die
St. Panlskirche in London an, welche den Kttnstler zur
Zeit beschäftigen. Das genannte GotteShans entbehrte
bisher anßer seinen plastischen Monnmenten, jedes kllnst-
lerischen Sckmnckes. Unterstützt von kunstsinnigen Pri-
vaten, hat das Dekanat der St. Paulskirche ^nternommen,
dieselbe farbig dekoriren und namentlich sieben Fenster
mit Malereien schmiicken zn lassen. Dem bekannten Archi-
tekten Penrose, welcher die erste Anregnng zu dem Unter-
nehmen gegeben zu haben scheint, wurde rie Anordnung
der den ganzen Raum umfassenden dekorativen Arbeiten
übertragen. Was die Darstellung ans der Passion und
Apostelgeschichte anlangt, welche, auf Glas gemalt, den
Hauptschmuck der Fenster bilden sollen, so erhielt Schnorr
den Austrag, die Entwürfe zu liesern. Der ausgestellte
Karton gewährt einen näheren Einblick in die Lösung der
Aufgabe, nach ihrem architektonischen Theile sowohl, wie
bezttglich dcr damit verbundenen biblischen Darstellungen.
Die Ungnnst des der Glasmalerei nicht eben entgegenkom-
menden NenaissancebaucS ist von Maler und Architckten
glttcklich ttberwuuden worden, indem beide Kttnstler in der
Behandlung ihrer Aufgabe den Weg einschlngeu, auf
welchem die prachtvollcn, nach den Entwttrfen des Coxcis
und Bernhard v. Orley ausgeführten Fenster der Kirche
der heil. Gudula in Brttssel hinweisen. Aehnlich wic dort,
tritt im Anfban des dckorativen Theiles schon, an Stelle
der gemalten gothischen Pfeiler und Baldachinenarchitektnr
mit entsprechender Ornamentik, jener reich nud horizontal
gegliederte Stil, welcher zur Zeit dcr italienischen Knnst-
blüthe aus antiken Elementen sich herausgebildet hat.
Ebenso trägt der figürliche Theil der Darstellnng das
Gepräge jener feineren, gelänterten Formenbildnng, wie
sie dic volle Reife des Cinqneccnto zeigt. Der ausgestellte
Karton vergegenwärtigt die untere Partie eines großen,
in einem Seitentheile des Querschiffes befindlichen Fen-

sters, das in seinem oberen Theile Pauli Bekehrnng ent
hält. Unterhalb dicser Darstellung befindct sich ein
kleineres, dreigetheiltes Bild, welches das gegenwärtig in
dem farbigen Karton ausgestellte ist. Der größere mittlere
Theil desselben zeigt nnter einer Bogenstellnng den Besuch
des Ananias bei Paulus. Kräftig nnd wahr im Ansdruck
empfnnden und ganz seincm biblischen Charakter ent
sprechend, ist Paulns ausgefaßt, der ans scincr Blindheit
bußfertig erwachend, rechts im Bilde, vor dem greisen
Ananias sitzt. Links rundet eine lichte Engelsgestalt die
trefflich komponirte Gruppe ab. Jn den beiden Seiten-
theilen des Bildes sodann sind Männer und Fraueu der
verfolgten Christengemeinde dargestellt, welche fttr ihre
Dränger beten. Der Künstler hat in diesen edeln charak-
tervollen Gestalten zugleich Bezug auf die Familie des
Stifters des Fensters genommen. Der umrahmende
architektonische Theil der Malerei stimmt mit den figür-
lichen Darstellungen harmonisch zusammen. Alles ist klar,
groß und schön angeordnet nnd das ganze Werk zeugt auf
das Erfreulichste von der Jugendkrast, welche sich der nun
siebenzigjahrige Meister zu wahren verstanden hat.

Ende vorigen Jahres verlcren die sächsischen Künstlcr
einen Freund und regen Förderer ihrer Jnteressen in
Geh.-RathKohlschütter. Demselben isthanptsächlich mit
die Gründung des Fonds für öffentliche Knnstzwccke, dnrch
welche der Staat die Förderung der Kunst als seine Pflicht
anerkannte, zu danken. Gegenwärtig ist die Funktion eines
königl. Kommissars beim akademischen Rathe dem Minister
Frhrn. v. Friesen übertragen worden, eine Wahl, die
der warmen einsichtsvollen Kunstliebe wie der einfluß-
reichen Stellung des Hrn. v. Friesen gegenüber als eine
sehr glückliche zu bezcichncn ist.

Nrw -Nork, Enbe März 1867.

X. Amerika ist das Land des Materialismns. Natürlich
nicht des wissenschaftlichen, wie ihn dic Heiden Vogt und
Büchner vcrtreten (dic puritanischen Amerikaner würden
vor ciner solchen Anschnldignng znrückschandern), sondern
des ganz gewöhnlichen, so zn sagen gemcinen Materialis-
mns — des „Geldmachcns" — wie dcr Aankec sagt.
Und vor allen anderen Ländcrn auf unsercm Kontincnte
ansgezeichnet sind in dieser Hinsicht dic Vereinigten
Staatcn.

Bis hierher wird wohl mancher Dentsche das Ge-
sagte als Axiom unterschreiben. Denn den meisten Jn-
sassen des lieben alten Vaterlandes ist, trotz der lebhaften
Vcrbindnng zwischen beiden Erdtheiten, dies Land noch
einc toi-r-i ineoAnitn und nnn gar unbekannt sind ihnen
die hicsigen Knnstbestrebnngen. Selbst die hiesigen
Deutschen glauben meistens, daß der Amerikancr keinen
Fnnken von Knnstliebe in sich habe, aber freilich glauben
sle dies njur, weil sie sich nicht um Knnstangelegenheiten
 
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