Seitenfayaden und Ausdruck des inneren Organismus
des Gebäudes gelten. Man ist dann genöthigt, sich
strenge an die gegebenen Bedingnngen, an die Eiuthei-
lnngen des Grundplans wie des Aufbanes zu halten.
Jn Bezug auf die Bekrönnng ist dann alse die einlench-
tendste Konsequenz die Basilikalbekrönnng.
Oder man kann der Fayade eine unabhängigere
Stellung einraumen, sie zu einem Monument für sich
machen, das seine eigene Basis hat und sich vor der
Basilika in Proportionen erhebt, die ihm den Anschein
eines selbständigen Haltes geben. Jn diesem Falle
kann die Fayade auch ihre eigene Bekrönung haben, indem
sie in dieser nicht weiter, als in Bezng auf Basis nnd
Aufbau, an das übrige Gebäude gebnnden ist. Danu
stellt das Eingangsportal gleichsam cin großes mouu-
mentales Taberuakel dar, ein erhabcnes Shmbol des im
Jnueren der Kirche verschlossenen Heiligthums. Und
diese Jdee scheint in den berühmten Fayaden der Dome
von Orvieto und Siena verwirklicht zu sein. Für sie ist
in der That das Dreigiebelsystem, das dann keiue Un
wahrheit ist, da sich ja die Fayade nicht streng an das
übrige Gebände halten soll, der geeignctste Ausdrnck.
Obwohl nun, je nach der Behandlung der Fayade,
sich nnr zwei Bekrönungssysteme als Notchwendigkcitcn
ergeben, so lassen sich die der Kommissiou vorgclegteu
KoukurrcnzarbeiteN doch nach vier Systemcn nntcrscheivcu,
nämlich:
I. das Terrassensystem, wo die Bekrönnngeu
der Abseiten wie des Mittelschiffes horizontal
sind,
II. das Basilikalsystem,
III. das eingiebelige System, wo die Abseiten hori
zontal, das Mittelschiff mit einem Giebel be
krönt ist,
IV. das dreigiebelige System.
Die drei ersten richten sich mehr nach der Konstruktion
und Raumeiutheilung des ganzen Gebäudes, das vierte,
wie gesagt, ist selbständiger.
Das Terrassensystem scheint zwar am besten in
Uebereinstimmung mit dem übrigen Gebäude uud dem
Thurm des Giotto zu treten, auch läßt es die Kuppel
frei nnd ist am besten mit dem schweren Hauptgesims des
Orcagna in Einklang zu bringen, ohne daß dazu, wie bei
den anderen Systemen, besondere Künsteleien nöthig sind-
Allein dem Systcm haftet der Fchler au, mager uud
wenig gefällig zu erscheinen, weil die Uebergänge fehlen<
welche die horizontalen nnd vertikalen Linien mit einander
verbinden. Dies Bekrönungssystem ist daher für den
Kascrnenbau geeigneter als für den Kirchenstil.
Nur ein einziger Architekt hat dasselbe in seiner Rein-
heit vertreten, nämlich Scala von Venedig. Sieht man
von den gcrügten Fehlern des Systems ab, so zeugt der
Entwurf von großem Taleute des Küustlers. Er hat
für seine Fayade ein Motiv angewandt, das sich dnrck
scine Nützlichkeit empfiehlt. indem es den vorderen Theit
des Schifses, der gegenwärtig fast duukel ist, dnrcb fünf
Fenster über dem Hauptportal erleuchtet werden läßt.
Dieses Motiv ist prinzipiell zwar durchaus nicht mit dem
vorgeschriebenen Stil im Widerspruch, allein es scheint
vom Künstler nicht richtig behandelt worden zu sein.
Jm Ganzen macht die Fayade den Eindruck von Schwer-
fälligkcit, besonders weil sich die Horizontalliuien zu schr
häufen und mit den Vertikallinien der Kompartimente
krenzen. Schwer erscheiut anch das doppelte Hauptgesims,
unschön ist das unvermittelte Anstoßen desjenigen des
Mittclschiffes an die Trommel der Knppel. Unbe-
deutend und ebenfalls zu schwer sind die T.hüren mit den
Baldachinen, welche dnrch letztere anßerdem mit den schon
bestehenden Thüren in Mißklang gerathen. — Die An-
deutungen von Giebeln über den Gesimsen sind ohne
Grund vorhanden uud werden vou unten nicht einmal
gesehen.
lFortsetzung folgt.)
Korrcspondcnzcn.
Wicn, Nnfang Nngust.
ld. U. Als ein für unser Kunstleben bedeutnngsvolles
Ereiguiß habe ich Jhnen die Ernenuung des bisherigen
Generaladjutanten des Kaiscrs, Grafen Crennevillc
zum Oberstkämmerer zu melden, nachdem der bisherige
Jnhaber dieser einflußreichen Stellnng aus derselben
durch den Tod abgerufcu worden ist. Jn den Kreisen
nnserer Künstler nnd Kuustfrennde kuüpft man an diese
Erneunung frohe Hofsnungen, weil dadnrch zum ersten
Male wieder nach langer Zeit ein Mann von entschiede-
ner Liebe zur Kunst mit der Leitung der höchsten Kunst-
institute des Hofes, namentlich unserer herrlichen Gaterie
und der übrigen kaiserlichen Samnilungen betraut wurde.
Graf Crenneville soll sich, wie uns erzählt wird, geradc
dieses Ressort für den neuen Wirkungskreis besonders
ausgebetcn haben, während er eineu anderen Theil der
Geschäfte des früheren Oberstkämmerers, nämlich die
Jntcudanz der Hoftheater, nicht uugeru iu andere Häude
übergeheu sah.
Zu dcn hochwichtigen Angelegeuheiten, welche dem-
uach der Entscheiduug des kuustsinnigen Grafeu iu aller
nächster Zeil wesentlich mit auheimfallen dürften, gehört
in erster Liuie die Frage über den Neubau unserer
Museen. Die Bcurtheiliiugs-Kommission,. welche die
vier kürzlich in diesem Blatte besprochenen Konkurrenz-
Projekte fachmännisch zu begutachten hatte, ist soebeu mit
Jhren Berathungcn zu Ende gekommen, und Sie werden
über das Resultat derselben wohl von anderer Seite iu
Kenntniß gesetzt werdeu. Die endgiltige Wahl des zur
Ausführung zn bestimmcnden Entwurfes hat sich der
des Gebäudes gelten. Man ist dann genöthigt, sich
strenge an die gegebenen Bedingnngen, an die Eiuthei-
lnngen des Grundplans wie des Aufbanes zu halten.
Jn Bezug auf die Bekrönnng ist dann alse die einlench-
tendste Konsequenz die Basilikalbekrönnng.
Oder man kann der Fayade eine unabhängigere
Stellung einraumen, sie zu einem Monument für sich
machen, das seine eigene Basis hat und sich vor der
Basilika in Proportionen erhebt, die ihm den Anschein
eines selbständigen Haltes geben. Jn diesem Falle
kann die Fayade auch ihre eigene Bekrönung haben, indem
sie in dieser nicht weiter, als in Bezng auf Basis nnd
Aufbau, an das übrige Gebäude gebnnden ist. Danu
stellt das Eingangsportal gleichsam cin großes mouu-
mentales Taberuakel dar, ein erhabcnes Shmbol des im
Jnueren der Kirche verschlossenen Heiligthums. Und
diese Jdee scheint in den berühmten Fayaden der Dome
von Orvieto und Siena verwirklicht zu sein. Für sie ist
in der That das Dreigiebelsystem, das dann keiue Un
wahrheit ist, da sich ja die Fayade nicht streng an das
übrige Gebände halten soll, der geeignctste Ausdrnck.
Obwohl nun, je nach der Behandlung der Fayade,
sich nnr zwei Bekrönungssysteme als Notchwendigkcitcn
ergeben, so lassen sich die der Kommissiou vorgclegteu
KoukurrcnzarbeiteN doch nach vier Systemcn nntcrscheivcu,
nämlich:
I. das Terrassensystem, wo die Bekrönnngeu
der Abseiten wie des Mittelschiffes horizontal
sind,
II. das Basilikalsystem,
III. das eingiebelige System, wo die Abseiten hori
zontal, das Mittelschiff mit einem Giebel be
krönt ist,
IV. das dreigiebelige System.
Die drei ersten richten sich mehr nach der Konstruktion
und Raumeiutheilung des ganzen Gebäudes, das vierte,
wie gesagt, ist selbständiger.
Das Terrassensystem scheint zwar am besten in
Uebereinstimmung mit dem übrigen Gebäude uud dem
Thurm des Giotto zu treten, auch läßt es die Kuppel
frei nnd ist am besten mit dem schweren Hauptgesims des
Orcagna in Einklang zu bringen, ohne daß dazu, wie bei
den anderen Systemen, besondere Künsteleien nöthig sind-
Allein dem Systcm haftet der Fchler au, mager uud
wenig gefällig zu erscheinen, weil die Uebergänge fehlen<
welche die horizontalen nnd vertikalen Linien mit einander
verbinden. Dies Bekrönungssystem ist daher für den
Kascrnenbau geeigneter als für den Kirchenstil.
Nur ein einziger Architekt hat dasselbe in seiner Rein-
heit vertreten, nämlich Scala von Venedig. Sieht man
von den gcrügten Fehlern des Systems ab, so zeugt der
Entwurf von großem Taleute des Küustlers. Er hat
für seine Fayade ein Motiv angewandt, das sich dnrck
scine Nützlichkeit empfiehlt. indem es den vorderen Theit
des Schifses, der gegenwärtig fast duukel ist, dnrcb fünf
Fenster über dem Hauptportal erleuchtet werden läßt.
Dieses Motiv ist prinzipiell zwar durchaus nicht mit dem
vorgeschriebenen Stil im Widerspruch, allein es scheint
vom Künstler nicht richtig behandelt worden zu sein.
Jm Ganzen macht die Fayade den Eindruck von Schwer-
fälligkcit, besonders weil sich die Horizontalliuien zu schr
häufen und mit den Vertikallinien der Kompartimente
krenzen. Schwer erscheiut anch das doppelte Hauptgesims,
unschön ist das unvermittelte Anstoßen desjenigen des
Mittclschiffes an die Trommel der Knppel. Unbe-
deutend und ebenfalls zu schwer sind die T.hüren mit den
Baldachinen, welche dnrch letztere anßerdem mit den schon
bestehenden Thüren in Mißklang gerathen. — Die An-
deutungen von Giebeln über den Gesimsen sind ohne
Grund vorhanden uud werden vou unten nicht einmal
gesehen.
lFortsetzung folgt.)
Korrcspondcnzcn.
Wicn, Nnfang Nngust.
ld. U. Als ein für unser Kunstleben bedeutnngsvolles
Ereiguiß habe ich Jhnen die Ernenuung des bisherigen
Generaladjutanten des Kaiscrs, Grafen Crennevillc
zum Oberstkämmerer zu melden, nachdem der bisherige
Jnhaber dieser einflußreichen Stellnng aus derselben
durch den Tod abgerufcu worden ist. Jn den Kreisen
nnserer Künstler nnd Kuustfrennde kuüpft man an diese
Erneunung frohe Hofsnungen, weil dadnrch zum ersten
Male wieder nach langer Zeit ein Mann von entschiede-
ner Liebe zur Kunst mit der Leitung der höchsten Kunst-
institute des Hofes, namentlich unserer herrlichen Gaterie
und der übrigen kaiserlichen Samnilungen betraut wurde.
Graf Crenneville soll sich, wie uns erzählt wird, geradc
dieses Ressort für den neuen Wirkungskreis besonders
ausgebetcn haben, während er eineu anderen Theil der
Geschäfte des früheren Oberstkämmerers, nämlich die
Jntcudanz der Hoftheater, nicht uugeru iu andere Häude
übergeheu sah.
Zu dcn hochwichtigen Angelegeuheiten, welche dem-
uach der Entscheiduug des kuustsinnigen Grafeu iu aller
nächster Zeil wesentlich mit auheimfallen dürften, gehört
in erster Liuie die Frage über den Neubau unserer
Museen. Die Bcurtheiliiugs-Kommission,. welche die
vier kürzlich in diesem Blatte besprochenen Konkurrenz-
Projekte fachmännisch zu begutachten hatte, ist soebeu mit
Jhren Berathungcn zu Ende gekommen, und Sie werden
über das Resultat derselben wohl von anderer Seite iu
Kenntniß gesetzt werdeu. Die endgiltige Wahl des zur
Ausführung zn bestimmcnden Entwurfes hat sich der