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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 2.1867

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Konkurrenzmodelle zum Jahndenkmal in der Hasenhaide bei Berlin
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4906#0021

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I!1

stcmpclt, aber gegenwärtig der monnmcntalen Rnhe nud
Festigkeit noch nicht mächtig erscheinen läßt.

l§s blciben noch drei Modcllc hervorznheben, die sich
an die ruhige Wiirde der einfachen Erscheinung gchaltcn
haben (1, 2, 8). Walger und Drakc haben dem
Turnvater den Eichenkranz in die Hand gegeben, den
„wohlverdienten", wie Ersterer sicl, äußert; gewiß. Äber
der Mann des thätigen und thatkräftigen Charakters hält
sich mit dem Kranze nicht anf, der überdies auf das
Hanpt gchört. Jn dem zweiten Entwurf hat daher
Walger offenbar besser dem Kranz die Stelle am Boden
angewiesen, wenngleich er ihn deswegen nicht zu ver-
doppeln brauchte. Der AnSdrnck ist in allen drei Sta-
tnen ctwas verflacht, die Geberde des Segncnden oder
dcs Sehers, die Walger in seine Statncttcn hat legen
wollcn, nicht am Platzc. Doch kann man dic Total-
wirkung als ganz angenehm bezeichnen.

Welche Befähigung die konknrrirendeu Küustler znr
Ausführung des Denkmals im Großen mitbringen, steht
bei einigen sehr.in Frage. Genutat z. B. hat schon im
Modell bewiesen, daß ihm die rnnde Arbeit nicht wie
das Relief gelingt, und Wenige könneu, wie Möller,
auf gelungene ausgeführte Werke zurückschauen. Ein be-
denklicher Umstand für die Konkurrenz!

Etwas Jnteressantes bietet dicse aber doch noch dar,
nämlich einen Entwnrf, dem man den Eintritt in den
Saal der Konknrrenzskizzen nicht versagt hat, der sich aber
durch seine Form „Iiors eonaonrs" stellt. Jnlins Franz
nämlich, wohlbekannt dnrch große Arbeiten von meist deeo-
rativem Charakter, denen stets eine gewisse Trockenheit
inne wohnte, hat einen, wic mir scheint, änßerst glück-
lichen Gedanken in ciuer glücklichen Stnnde in einer
kleinen plastischen Skizze festgehalten, nnd eine Photo-
graphie derselben hicr mitgetheilt. Der Unterban zeigt
keine wesentlich nenen Jdeen: er schließt sich am Nächstcn
an Pohle an. Dagegen ist das Denkmal selbst ganz
originell, nnd zwar als Grnppe gestaltet. Mitten nnter
seinen Zöglingen befindet sich der Tnrnvater, anf dem
Turnplatze; nichr angelehnt als sitzend wendet er sich in
belehrendem Gespräch an einen zn seiner Linken stehcnden,
sehr gefällig motivirten Tnrnerjüngliug mit dem Spring-
stabe im Arm, währcnd zn seinen Füßen halb liegend ein
Jüngerer in seiner „Turnkunst" eifrig zu lesen scheint.
Die Linienführnng der Grnppe, der Totaleindruck wie
das Einzelne ist trefslich gerathen, und in der Bclebung
nnd Beseelnng sciner Gestalten nnd vornehmlich seiner
Köpfe hat Franz kaum jemals cineu so glücklichen Griff
gethau. Die Jdee ist merkwürdig schlagcnd: der Turn-
vater anf dem Tnrnplatze, das ist die Beschreibung der
Grnppe, das ist die Bestimmnng des Denkmales; und
liegt es nicht so nah, daß man dessen kaum verfehlen
kann, an dcn Borgang Raucb's in sciner Darstellnng des

Waisenvaters Aug. Herm. Francke in seiner liebevollen
Thätigkeit mitten nnter seincn Schützlingen zu denken?

Jch bin in erstcr Linie gegen alle derartigen Kon-
kurrenzen, in zweiter gegen die bei denselben immer statt-
findenden Unregelmäßigkeiten. Jusofern steht es mir
schlecht an, iu der Annahme der Franz'schen Skizze eine
Berletznng des Rcchtes der übrigen Konknrrenten anzu-
empsehlen. Jndessen die ästhetische Decimalwage ist noch
nicht erfnnden, nnd so lange daneben noch Bcdenken, wie
die oben von mir angeregtcn, ein unzwcifelhaftes Anrecht
anf Berücksichtignng haben, werden die Konkurrenzen
immer das Kapitel der Menschlichkeiten bleiben; wo
daher alle Erwägungen so cntschieden nnd zweifellos
wie hier nach einem Pnnkte weisen, lenke man nnbeküm-
mcrt nm klcinliche Rücksichten die Bahn des Urtheils eben
dahin, nnd schafse an bedentender Stclle cin bedeutendes
Monument, dessen Erlangnng innerhalb der Konkurrcnz
setber mehr als zweifcthaft erscheinen muß. L. LI.

Korrespondcnzen.

Berlin, Aiifang December.

P Äch frcne mich, berichten zu können, daß unmittel-
bar, nachdcm die Ansstellung das Feld gerämnt hat, der
Kunstverkehr unserer permanentcn Ausstcllungcn n. s. w.
wicder sehr re^ze wird. Bcsonders zwei größere Erschei-
nungen kann ich nicht iibergehen. Der Knltusministcr hat
von Karl Pfannschmidt eine „Auferstehung" malen
lassen, als Altarbild für eine Kirche in Pvmmern. Pfann
schmidt, dcr vor etwa cincm Äahre hier in einem vffcnt
lichen Vortrage seine Ansichten über religiöse Knnst expo-
nirte und dabei vor cinem gläubig zunickcnden Pnbliknm
so ziemlich das Gegentheil von deni behauptete, was unter
einsichtsvollen Kenncrn nnd Künstlern über Wcsen nnd
Änfgabe dcr religiöscn Kunst in unscren Tagcn feststeht,
untcrstellt sich mit seinem bedcntenden Können, seinen
Doktrincn getreu, ganz dcr streng kirchlich gläubigen Ten-
denz nnd wird dafür auch in diesem Bilde an gehöriger
Stellc, etwa im evangclisch kirchlichen Anzeiger, der
sciner Zeit den h. Georg von Kiß mit Jubelruf Legrüßte,
wcil er das Krenz auf Helm und Banner trägt, nnd auch
die Gestalt seines Schwertes ein Krcnz bildet (sio!),
aufrichtig gepriesen und bewundert werden. Anders
mnß das kunstkritische Urtheil ausfallen. Auf gcmuster
tem Goldgrunde zeigt sich dic Anferstehungsscene, der
Heiland in der bekannten Weise auf dem schmalen Rande
seines Sarkophages balancirend, um im nächsten Augen
blicke mit. den beiden unter ihm kauernden Wächtern in
Kollision zu gerathen, zu jeder Seitc ein Engel. Jch schicke
voraus, daß Pfannschmidt fein gebildeten Geschmack ge-
nug für gut geführte Linien der Gestalten und edel gc
ordnete Falten der Gewänder besitzt, m» da, wo ihn
seine nnknnstleriscbc transcendente Absicht nicht verleitet,
 
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