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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 2.1867

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Pariser Kunstversteigerungen, [3]
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Woltmann, Alfred: Holbein's "Lais Corinthiaca": gestochen von F. Weber
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https://doi.org/10.11588/diglit.4906#0141

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bücken, aus ihreu Geldschränken jcdes Bkal cinc handvoll
Banknoten aufraffen, sie zusannnenballen nnd dem Geg-
ner aus Leibeskräften an den Kopf schleudern, nicht nn-
ähnlich einem Trupp Jnngen, die sich, halb im Spaß,
halb im Ernst, mit Schnecballen bewcrfen. Ein leb
haftcr Kampf erhob sich auch um cin, nrsprünglich wnnder-
schönes, rittcrlicheS Viänncrbrustbild von van Dyck, welches
aber leider von der Zeit zu unglimpflich behandelt worden.
Trotzdem erreichte es den Preis von 73,500 Fr., nnd
wurde Herrn Andrtz zugeschlagen. Das Berliner Muscum i
wurpe abermals übcrboten; Herrn Kohlbacher dagcgen,
aus Frankfurt a. M., dem Beanftragten des Städel'schcn
Jnstituts, gelang es, für den billigen Preis von 6600 Fr.
eine Halbfigur des H.Marcns von A. Mantegna mit dem
Namen des Meisters bezeichnct, nnd für die nicht nnbe-
deutende Summe von 27,100 Fr. ein ausgczeichuet schön
gemaltes und für den Meister sehr bezeichnendes, nnr
durch entsetzliche Magerkeit unangenehm wirkendes Brust-
bild des Kardinal Borgia von Belazqnez zu erstchen. —
Der Ertrag dieses zweiten Tages übertraf noch, nm einc
Kleiuigkeit, den des ersten. — Die zwei letzten Tage
kommen, im Bergleich zu den ersteren, nicht in Betracht.
Man hatte das Unbedeutende an's Ende verlegt, eine
Anzahl mittelmäßiger Alt-Niederländer, eine Reihe von
lebensgroße» Bildnissen, zum Theil Kopien, cndlich ein
Dutzend nud darüber von großen Jagdstücken des Paul
de Bos, in der Art Snyder's. — Außerdem waren im
letzten Augenblicke zehn Bilder, nieist der italienischen
Schule angehörig, darunter sogar eines unter dem Namen
Rasfael, zurückgenommen worden. Auch sind vier auf
einander folgende Tagc ein nud derselben Bersteigerung
sür das Publiknm einc etwas harte Gcdnldprobe, nnd es
kam schließlich die hcutige, alles anlockende großartige
Truppenschau dazu, welche die Ncihen dieser, so wie noch
mancher anderen Bersammlung, lichtete. Jmmerhin be-
lief sich der Gesammtbetrag auf die erkleckliche Sunime
von 1,633,035 Franken, wobei nur eine geringe Anzahl
von Bildern, wie es scheint, von dem Eigenthümer znrück-
erstanden wurde. So ist denn, in Anbetracht des Wer-
thes der Bilder, dieser Salamanca-Verkauf eincr der
entschiedendsten uud unzweideutigsten Erfolge, den die
Geschichte der Kunstversteigerungen aufzuweisen hat.

Holdrin's (loi intliiilea".

Gestochen von M. Weber.

Der hochverdiente Stecher von Rafsael's „vierxs rm
livAs" ans dem Louvrc und von manchen andern trefflichcn
Blättern, Friedrich Weber in Basel, hat uns kürzlich mit
einem neuen Kupferstich nach einem höchst merkwürdigen
Gemälde im Museum seiner Heimatstadt erfreut. Es ist
ein kleines Bild von Holbein's Hand, von dessen Wer-

ken bis jetzt noch so wenig in geuügender Weise gestochen
wordeu ist. Wer deu Meister kennt, wird gerade dics
Gemälde besouders werth halten. Selten tritt uns Hol-
bein's Kunst so zart und liebenswürdig entgegen wie hier.
Es ist das Bild einer Dame, dessen Original kaum mehr
als 10 Zoll hoch ist und die im Kupferstich leider fortge-
lassene Jnschrift trägt: 1^18 60IMTÜI^6F 1526.
Diese Schrift, mit äußerster Sorgfalt hingesetzt, crscheint
als eingemeißelt in die Marmorbrüstung, hinter der die
Schöne sitzt. Jn die reiche Tracht, wie man sie damals
in der Schweiz und ini südlichen Deutschland trug, ist sie
gekleidet, in ein purpurrothes, geschlitztes Kleid mit gelb-
seidenen Aermeln. Ein goldenes Hänbchen krönt ihr
blondes Haar, Hals und Busen sind frei und geschmückt
mit einem ganz dünnen Goldkettchen, welches schmiegsam
der feinsten Modellirung der Formen folgt. Mit der linken
Hand faßt die Dame den herabgleitenden blauen Mantel
zusammen, vor ihr liegt auf der Brüstung ein Haufen von
Goldmünzen und sic streckt die rechte Hand dem Beschaner
offen entgegen, als ob sie mehr bcgehre. Das Gesicht ist
schön und regelmäßig, die Stirn edel gewölbt, die Nase
groß und gebogen, der Mund von feincm Schnitt. Der
Ausdruck zeigt eiue eigene Mischung von zarter Schwer-
muth und verführerischem Liebreiz, die eine bezaubernde
Wirkung übt. Ein dunkelgrüner Borhang bildet den
Hintergrund.

Das Baseler Museum besitzt noch ein Gegenstück zu
diesem Bilde, welches dieselbe Dame ebenfalls vor einem
Vorhang und hinter einer Marmorbrüstung sitzend zeigt,
beinahe ganz wie vorhin gekleidet. Nur die gelben Aer-
mel fehlen, statt deren man ihre Arme entblößt sieht, und
statt des goldenen Häubchens trägt sie ein schwarzes. Die
Dame soll hier als Venus dargestellt sein, das zeigt der
nackte kleine Knabe mit zwei Pfeilen, welchen der Maler
ihr beigegeben hat, übrigens ein häßliches rothhaariges
Kind.

Vieles in den Gemälden weicht von andern Arbeiten
Holbeins ab, und sie sind dcshalb wiederholt bezweifelt
worden. Rumohr hatte sie für Arbeiten eines Nieder-
länders erklärt, Mr. Wornum in seinem neuen eng-
lischen Buche über Holbein schreibt sie der unter Lionardo's
Einfluß stehenden Mailändischen Schule zu. Trotz manches
Abweichenden ist aber Geist und Hand des Meisters in
beiden klar zu erkennen, und auch in äußcrlicher Hinsicht ist
ihre Herkunft zicmlich verbürgt. Sie stammen aus der
Sammluug von Holbcin's Altersgenossen und Gönner,
Bonifacius Amerbach, der die Arbeiten des Meisters
aus erster Hand erhielt. Das 1586 von Basilius Amer-
! bach, seinem Sohne, angelegte Jnventar nennt bereits die
Bilder als „Zwei täfelin daruf eine Offenburgin conter-
^ fehet ist vf eim geschriben Lais Corinthiaca. Die ander
hat ein kindlin by sich. H. Holb. beide, mit ölsarben vnd
in ghüsenu." Das Inventar ist nicht in allen Punkten
 
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