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Postaments, an welches stch die vier Allegorien anlehnen
und welches durch eine breite Stufe aus dcm Boden ge-
hoben wird, ist zweckentsprcchend in Renaissanceformeu
entwickelt. Auf acht Pilastern ruht das Hauptsims; über
dcmselben befindet sich noch ein kleinerer Sockel, auf
welchcm die Hauptfigur steht und an welchem die Jn-
schriftcn angebracht sind. Dieser Sockel kvnnte viclleicht
noch etwas leichter sein und, in eine organisch belebtere
Form aufgelöst, noch nachhaltiger als verbindendes, über-
leitendes Glied in die Wirknng des Ganzen eingreifen.
Die untere Hälfte des Postaments, bis zu den Füßen der
allegorischen Gestalten, ist aus rothem Granit hergestellt,
der obere Postamenttheil wie sämmtliche Figuren in
Bronzemetall-Guß und Ciselirung habeu die Nachfolger
Burgschmied's, dieErzgießerLenz und Herold inNürn-
berg iu trefflicher Weisc besorgt. Was den Platz betrifft,
auf welchem das Denkmal anfgestelit worden, so ist der-
selbe vielfach angefochten worden. Jedenfalls mitUnrecht.
Monumental zn feiernde Persvnlichkeiten, die iu ciner
ethischen und politischen Bedeutung aufgefaßt werden, die
mit ihrcr Kraft in das Leben eines Volkes eingrisfen,
gehörcn mitten in das Leben und Treiben ihres Volkes,
in das Herz einer Stadt. Zudem ist der Platz durch seine
Geschlosseuheit, wie durch die architektonischcn Verhält-
nisse des Hiutergrundes der Wirkung des Monnmentes
güustig; ebenso wie der Anfstellnngspunkt beinahe im
Mittel von fast allen den Neumarkt durchkreuzeuden
Hauptverkehrsaderu liegt. — Genug, daß es geglückt ist,
cinen edlen Fürsteu würdig zu ehren und ihn getreu, wie
sein Charakter war, unter scin Volk zu stellen.
C. Clauß.
KoltMlinn's anntomische Aaturaligiilse fiir
Liunltfchnten nnd Ätrademirn.
* Anatomie — plastische Anatomie! An ihr
Studium denkeu Akademien und Künstler. Alle fühlen
daS Bedürfniß, den menschlichen Körper zu kenuen, sic
alle wünschen die dnrch die Haut verdeckten Bedingungen
der änßeren Umrisse zu verstehen; aber der Weg ist noch
kanm gebahnt, der dem Künstler aus dem Todtcn das
Geheimuiß des Lebendigeu cnthüllt. Auschaueu und
Beobachten spielen in seiner Entwickelung eine Haupt-
rolle, und soll cr die Anatomie, den Bau des menschlichen
Körpers, erfassen, so mnß er die einzelnen Theile für sich
und in ihrem Zusammenhang anschaueu — beobachten
können.
Es fragt sich, auf welche Weise das für ihn am ein-
fachstcu erreichbar sei.
Dnrch Vorträge! Das ist cine bekannte Sache; wohl
überall werdeu sie gehalten und auch gehört; sie sind un-
bedingt nöthig. Der Gegenstand wird darin dem jungen
Künstler nahegelegt und durch Präparate erläutert, eine
Aufgabe, die jedoch für Anatomen von Fach nur dankbar
wird, wenn sie nie vergessen, daß sie vor Laien sprechen,
denen jeder naturwissenschaftliche Vorbegriff fehlt. Die
Anatomie hat ihrc eigenc Sprache, die der Künstler crst
vcrstehen muß, ehe er das eigcntliche Gebiet betritt. Be-
vor man z. B. von der Muskulatur des Körpers spricht,
muß man erklären, was ein Muskel sei; und die Wirknng
dieser bewegenden Kräfte auf ein Gelenk wird unverständ-
lich bleiben, wenn nicht das Princip des betreffenden Ge-
lenkes klar gemacht ist. Jeder sieht, auch hier führt wie
überall der Weg vom Einfachen zum Zusammengesetzten.
Man fürchte nicht, daß diese Art des Unterrichts eine zu
große Ausdehnung gewinne. Jn einem Winterhalbjahre
zweimal wöchentlich 1^/z Stunde genügen, um das für
den Künstler zunächst Nothwendige und Unentbehrliche
der Knochen- und Muskellehre mit Hilfe von Präparaten
zu erläutern, um am lebenden Modell während der Ruhe
und in den vcrschiedenstcn Stellungen zu studircn;
auch findet sich noch Zeit, einen Blick auf die innere
Organisation zu werfen und die Bewegungen des Brust-
korbes mit dem Vorgang der Respiration hervorzuheben.
Breite Exkursionen über Mimik, Stehen, Gehen, Laufen,
Thcorie dcs Schwerpnnktes sind freilich unmöglich, aber
auch nicht das, was zunächst Noth thut. Das sind
Themata, die in einem spätern Cyklus von Vorträgen
für ältere Künstler anziehend sind, denn zu ihrem Ver-
ständniß gehört noch eine weit größere Menge von mecha-
nischeu Vorstellungen und geübtere Beobachtungsgabe.
Soviel vom Bortrag über Anatomie für Künstler, der
aber nicht anSreicht. Es liegt in der Natur des Vor-
trages, unaufhörlich weiter zu schreiten, immer neue
Thatsachen zu erwähnen, und der Zuhörer muß bei der
Beschreibnug des kunstvollen Gebäudes, das er mit dem
Lehrer durchwaüoelt, diesem durch die weiten Räume folgen.
Es geht ihm wie dem Fremdling in ciuer Galerie; Bild
reiht sich an Bild — Saal an Saal, und am Schluß
fühlt er wohl den Gesammteindruck, er hat den Reichthum
einzelner Kunstperioden erfaßt, lebendig sieht er noch
einige der hervorragendsten Gemälde — alles Andere,
die tausend berühmte Namen sind nnr als schwacher
Nachklang vor seiuem Auge. Um all die Schätze zu er-
keuneu, nm von den Thaten früherer Meister zu lernen,
muß er oft und öftcr wiederkommen und wiederholt, sin-
nend betrachten. Gerade so in der Anatomie für Künst-
lcr. Au die theoretische Vorlesung mnß sich ein prak-
tischer Kursus reihen. Am besten wäreu nun, wie beim
Arzt, Secirübnngen, den Bedürfnissen der Kunst ange-
paßt, bei denen der Künstlcr gleichzeitig dnrch Zeichneu
das gewonnene Bild fixirte. Aber den Meisten flößt die
Mephitis jener Säle einen unüberwindlichen Abscheu ein,
und für andere wirkte die Zeit und Geldopfer eines
solchen Studimns nicht mindcr abschreckend.
Postaments, an welches stch die vier Allegorien anlehnen
und welches durch eine breite Stufe aus dcm Boden ge-
hoben wird, ist zweckentsprcchend in Renaissanceformeu
entwickelt. Auf acht Pilastern ruht das Hauptsims; über
dcmselben befindet sich noch ein kleinerer Sockel, auf
welchcm die Hauptfigur steht und an welchem die Jn-
schriftcn angebracht sind. Dieser Sockel kvnnte viclleicht
noch etwas leichter sein und, in eine organisch belebtere
Form aufgelöst, noch nachhaltiger als verbindendes, über-
leitendes Glied in die Wirknng des Ganzen eingreifen.
Die untere Hälfte des Postaments, bis zu den Füßen der
allegorischen Gestalten, ist aus rothem Granit hergestellt,
der obere Postamenttheil wie sämmtliche Figuren in
Bronzemetall-Guß und Ciselirung habeu die Nachfolger
Burgschmied's, dieErzgießerLenz und Herold inNürn-
berg iu trefflicher Weisc besorgt. Was den Platz betrifft,
auf welchem das Denkmal anfgestelit worden, so ist der-
selbe vielfach angefochten worden. Jedenfalls mitUnrecht.
Monumental zn feiernde Persvnlichkeiten, die iu ciner
ethischen und politischen Bedeutung aufgefaßt werden, die
mit ihrcr Kraft in das Leben eines Volkes eingrisfen,
gehörcn mitten in das Leben und Treiben ihres Volkes,
in das Herz einer Stadt. Zudem ist der Platz durch seine
Geschlosseuheit, wie durch die architektonischcn Verhält-
nisse des Hiutergrundes der Wirkung des Monnmentes
güustig; ebenso wie der Anfstellnngspunkt beinahe im
Mittel von fast allen den Neumarkt durchkreuzeuden
Hauptverkehrsaderu liegt. — Genug, daß es geglückt ist,
cinen edlen Fürsteu würdig zu ehren und ihn getreu, wie
sein Charakter war, unter scin Volk zu stellen.
C. Clauß.
KoltMlinn's anntomische Aaturaligiilse fiir
Liunltfchnten nnd Ätrademirn.
* Anatomie — plastische Anatomie! An ihr
Studium denkeu Akademien und Künstler. Alle fühlen
daS Bedürfniß, den menschlichen Körper zu kenuen, sic
alle wünschen die dnrch die Haut verdeckten Bedingungen
der änßeren Umrisse zu verstehen; aber der Weg ist noch
kanm gebahnt, der dem Künstler aus dem Todtcn das
Geheimuiß des Lebendigeu cnthüllt. Auschaueu und
Beobachten spielen in seiner Entwickelung eine Haupt-
rolle, und soll cr die Anatomie, den Bau des menschlichen
Körpers, erfassen, so mnß er die einzelnen Theile für sich
und in ihrem Zusammenhang anschaueu — beobachten
können.
Es fragt sich, auf welche Weise das für ihn am ein-
fachstcu erreichbar sei.
Dnrch Vorträge! Das ist cine bekannte Sache; wohl
überall werdeu sie gehalten und auch gehört; sie sind un-
bedingt nöthig. Der Gegenstand wird darin dem jungen
Künstler nahegelegt und durch Präparate erläutert, eine
Aufgabe, die jedoch für Anatomen von Fach nur dankbar
wird, wenn sie nie vergessen, daß sie vor Laien sprechen,
denen jeder naturwissenschaftliche Vorbegriff fehlt. Die
Anatomie hat ihrc eigenc Sprache, die der Künstler crst
vcrstehen muß, ehe er das eigcntliche Gebiet betritt. Be-
vor man z. B. von der Muskulatur des Körpers spricht,
muß man erklären, was ein Muskel sei; und die Wirknng
dieser bewegenden Kräfte auf ein Gelenk wird unverständ-
lich bleiben, wenn nicht das Princip des betreffenden Ge-
lenkes klar gemacht ist. Jeder sieht, auch hier führt wie
überall der Weg vom Einfachen zum Zusammengesetzten.
Man fürchte nicht, daß diese Art des Unterrichts eine zu
große Ausdehnung gewinne. Jn einem Winterhalbjahre
zweimal wöchentlich 1^/z Stunde genügen, um das für
den Künstler zunächst Nothwendige und Unentbehrliche
der Knochen- und Muskellehre mit Hilfe von Präparaten
zu erläutern, um am lebenden Modell während der Ruhe
und in den vcrschiedenstcn Stellungen zu studircn;
auch findet sich noch Zeit, einen Blick auf die innere
Organisation zu werfen und die Bewegungen des Brust-
korbes mit dem Vorgang der Respiration hervorzuheben.
Breite Exkursionen über Mimik, Stehen, Gehen, Laufen,
Thcorie dcs Schwerpnnktes sind freilich unmöglich, aber
auch nicht das, was zunächst Noth thut. Das sind
Themata, die in einem spätern Cyklus von Vorträgen
für ältere Künstler anziehend sind, denn zu ihrem Ver-
ständniß gehört noch eine weit größere Menge von mecha-
nischeu Vorstellungen und geübtere Beobachtungsgabe.
Soviel vom Bortrag über Anatomie für Künstler, der
aber nicht anSreicht. Es liegt in der Natur des Vor-
trages, unaufhörlich weiter zu schreiten, immer neue
Thatsachen zu erwähnen, und der Zuhörer muß bei der
Beschreibnug des kunstvollen Gebäudes, das er mit dem
Lehrer durchwaüoelt, diesem durch die weiten Räume folgen.
Es geht ihm wie dem Fremdling in ciuer Galerie; Bild
reiht sich an Bild — Saal an Saal, und am Schluß
fühlt er wohl den Gesammteindruck, er hat den Reichthum
einzelner Kunstperioden erfaßt, lebendig sieht er noch
einige der hervorragendsten Gemälde — alles Andere,
die tausend berühmte Namen sind nnr als schwacher
Nachklang vor seiuem Auge. Um all die Schätze zu er-
keuneu, nm von den Thaten früherer Meister zu lernen,
muß er oft und öftcr wiederkommen und wiederholt, sin-
nend betrachten. Gerade so in der Anatomie für Künst-
lcr. Au die theoretische Vorlesung mnß sich ein prak-
tischer Kursus reihen. Am besten wäreu nun, wie beim
Arzt, Secirübnngen, den Bedürfnissen der Kunst ange-
paßt, bei denen der Künstlcr gleichzeitig dnrch Zeichneu
das gewonnene Bild fixirte. Aber den Meisten flößt die
Mephitis jener Säle einen unüberwindlichen Abscheu ein,
und für andere wirkte die Zeit und Geldopfer eines
solchen Studimns nicht mindcr abschreckend.