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inhaltlos, die Pinnakel nach der neuen Umarbeitung zu
klein und unschön. Das Kolorit ist zu weiß. Die ab-
gcstumpfteu Ecken der Pfeiler machen keine günstige Wir-
kung. Die Figuren find oben kleiner als unten.
Das Projekt von Treves hat gedrückte Giebel. Das
Hauptgesims ist ganz weggelaffen, was erlaubt und sogar
gerathen ist, wenn man die Fayade selbständig behandelt,
was aber hier nicht der Fall ist. Die Akanthuspilaster
find nicht glücklich.
Die genannten Architekten sind es, deren Arbeiten
Prof. Semper zu einer engeren Discussion vorschlug.
Ein jeder Preisrichter brachte ähnliche Vorschläge, so daß
man endlich dahin gelangte, 25 Projekte ohne Weiteres
auszuscheiden und die Projekte vou 15 Architekten spe-
cieller zu besprechen. Diese Architekten oder ihre Zeichen
wareu:
3 Calderini II. — 4 Cipolla II. — 10 Boito IV. —
15 Partini IV. — 17 Scala I. — 20 Scala IV. —
21 Conti IV. — 22 Falcini III. — 24 Leopoldo II. —
25 Felli II. — 28 Petersen II. — 28 de Fabris IV. —
37 Treves IV. — 38 und 40 Capellini II.
Von diesen Projekten wurden wiederum 9 beseitigt
und 6 endlich zur Abstimmung zugelassen und zwar die
Projekte der Herren:
Für: Gegcn:
(M. Treves 0 8
IV. iDe Fabris 5 3
IPartini 4 4
(Cipolla 3 5
II. (Petersen 0 8
iAlvino 4 4
für welche sich die Stimmen wie vorstehend vertheilten.
Prof. Semper suchte zuerst durch seine Abstimmung
für den Sieg Cipolla's und Alvino's, d. h. des Basilikal-
systems einzutreten. Endlich stimmte er, als noch keine
Entscheidung gekommeu war, für das Projekt Partini's
als das beste tricuspidale, und gegen das des Herrn dc
Fabris. Diescs hatte das Glück, zu allerletzt zur Ab-
stimmung zu gelangen, und zu einer Entscheidung glaubte
die Kommission diesmal doch endlich kommen zu müssen.
So trug de Fabris den Sieg davon.
Die Frankfurter Domban-Gefeltschast.
Frankfurt, im Scpteml'cr.
Am 26. August war hier eine Versammlnng zur
Gründnng eines Dombau-Vereins. Weil von keiner
Seite Lie Form dieses Vereins näher festgestellt wurde,
beauftragte man die Vorstände des Alterthums-, des
Künstler-Vereins und des Vereins für bauliche Jnteressen
mit dem Entwurf von Satzungen. Zwei Tage nachher
zeigte sich's, daß eine Partei schon Alles vorbereitet
hatte und anf einmal mit einem fertigen Plan hervortrat,
ehe die Männer der anderen Ansicht sich sammeln konnten.
Diese Partei ist eine klerikale oder wenigstens unter
dem Einfluß des geistlichen Raths Thissen stehend. Am
zweiten Tag war schon eine Einladung auf den dritteu
Abend (Donnerstag 29. August) in allen Blättern zu
lesen, in der die Satzungen berathen und der Verein
definitiv konstituirt werden sollte. Die Einladung war
so gestellt, daß nicht einmal ein Protest gegen dieses
ordnnngswidrige Verfahren vor der Versammlung mehr
in die Presse kommen konnte. Die Opposition mußte
sich darauf beschränken, in der Versammlung gegen die
sofortige Berathung von Statuten zu protestiren, die
weder zuvor in der Presse veröffentlicht, noch im Druck
der Versammlung vorgelegt waren. Wie die Herren
richtig berechnet, waren in Folge ungenügender Einladung
nur Mitglieder der einladenden Vereine und einige geist-
liche Herren erschienen, zusammeu etwa 80 — 90 Personen.
Die Opposition war nur von wenigen Männern vertre-
ten. Die Mchrheit der Versammlung begann sofort bei
einem Antrag auf Vertagung, den Redner niederzu-
schreien, und ging ohne weitere Debatte zur Tages-
Ordnung. Das Statut, was sie festsetzte, besteht aus
16 Artikeln, deren Fassung so vieldeutig, daß jedem
Mißbrauch Thor und Thür geöffnet ist. Es liefert die
ganze Leitung des Vereins in die Hände einer kleinen
privilegirten Gesellschaft. Die nationale Jdee, welche
allerwärts mit Begeisterung aufgenommen wurde, ist
verketzert, nnd die klerikale, die sich in das Gewand
des Spießbürgerthums hüllt, an ihre Stelle gesetzt
worden.
Das Statut giebt jedem, der 5 Gulden jährlichen
Beitrag zahlt, das Recht der Mitgliedschaft. Wer
500 Gulden zahlt, wird „geborenes" Ehren - Mitglied
mit dem Recht der Mitberathung im Vorstand. Wer
weniger als 5 Gulden zahlt, darf bloß mit thaten (d. h.
zahlen) aber nicht mit rathen. Das motivirte ein Herr
in folgender Weise: „Das eigcntliche Jnteresse am Dombau
haben doch nur die wohlhabcnden Leute; denn bei
diesen ist die nöthige Jntelligenz, um Kunstwerke
zu verstehen. Das Millerche (der armc Handwerks-
mann), das Sonntags in den Dom ging und sein Gebet
verrichtete, giebt auch seine sechs Kreuzer und frent sich,
wenu der Dom wieder aufgebaut wird. Es macht aber
keine Ansprüche, Mitglied zu werden, oder etwas mitreden
zu dürfen"(!)
Wenn 300 Mitglieder znsammen sind, wird ein defi-
nitiver Vorstaud von 30 Personen gewählt. (Das
Satzungs-Komits hatte schon die Dreistigkeit sich „provi-
sorischer Vorstand" zu nennen.) Dem Vorstand steht
das Recht zu, eiue beliebige Anzahl von „Ehren"-Mit-
gliedern zn ernennen, die das Recht der Mitberathung im
Vorstand haben. Die Opposition hatte die größte Mühe,
der Versammlung begreiflich zu machen, daß das Stimm-
inhaltlos, die Pinnakel nach der neuen Umarbeitung zu
klein und unschön. Das Kolorit ist zu weiß. Die ab-
gcstumpfteu Ecken der Pfeiler machen keine günstige Wir-
kung. Die Figuren find oben kleiner als unten.
Das Projekt von Treves hat gedrückte Giebel. Das
Hauptgesims ist ganz weggelaffen, was erlaubt und sogar
gerathen ist, wenn man die Fayade selbständig behandelt,
was aber hier nicht der Fall ist. Die Akanthuspilaster
find nicht glücklich.
Die genannten Architekten sind es, deren Arbeiten
Prof. Semper zu einer engeren Discussion vorschlug.
Ein jeder Preisrichter brachte ähnliche Vorschläge, so daß
man endlich dahin gelangte, 25 Projekte ohne Weiteres
auszuscheiden und die Projekte vou 15 Architekten spe-
cieller zu besprechen. Diese Architekten oder ihre Zeichen
wareu:
3 Calderini II. — 4 Cipolla II. — 10 Boito IV. —
15 Partini IV. — 17 Scala I. — 20 Scala IV. —
21 Conti IV. — 22 Falcini III. — 24 Leopoldo II. —
25 Felli II. — 28 Petersen II. — 28 de Fabris IV. —
37 Treves IV. — 38 und 40 Capellini II.
Von diesen Projekten wurden wiederum 9 beseitigt
und 6 endlich zur Abstimmung zugelassen und zwar die
Projekte der Herren:
Für: Gegcn:
(M. Treves 0 8
IV. iDe Fabris 5 3
IPartini 4 4
(Cipolla 3 5
II. (Petersen 0 8
iAlvino 4 4
für welche sich die Stimmen wie vorstehend vertheilten.
Prof. Semper suchte zuerst durch seine Abstimmung
für den Sieg Cipolla's und Alvino's, d. h. des Basilikal-
systems einzutreten. Endlich stimmte er, als noch keine
Entscheidung gekommeu war, für das Projekt Partini's
als das beste tricuspidale, und gegen das des Herrn dc
Fabris. Diescs hatte das Glück, zu allerletzt zur Ab-
stimmung zu gelangen, und zu einer Entscheidung glaubte
die Kommission diesmal doch endlich kommen zu müssen.
So trug de Fabris den Sieg davon.
Die Frankfurter Domban-Gefeltschast.
Frankfurt, im Scpteml'cr.
Am 26. August war hier eine Versammlnng zur
Gründnng eines Dombau-Vereins. Weil von keiner
Seite Lie Form dieses Vereins näher festgestellt wurde,
beauftragte man die Vorstände des Alterthums-, des
Künstler-Vereins und des Vereins für bauliche Jnteressen
mit dem Entwurf von Satzungen. Zwei Tage nachher
zeigte sich's, daß eine Partei schon Alles vorbereitet
hatte und anf einmal mit einem fertigen Plan hervortrat,
ehe die Männer der anderen Ansicht sich sammeln konnten.
Diese Partei ist eine klerikale oder wenigstens unter
dem Einfluß des geistlichen Raths Thissen stehend. Am
zweiten Tag war schon eine Einladung auf den dritteu
Abend (Donnerstag 29. August) in allen Blättern zu
lesen, in der die Satzungen berathen und der Verein
definitiv konstituirt werden sollte. Die Einladung war
so gestellt, daß nicht einmal ein Protest gegen dieses
ordnnngswidrige Verfahren vor der Versammlung mehr
in die Presse kommen konnte. Die Opposition mußte
sich darauf beschränken, in der Versammlung gegen die
sofortige Berathung von Statuten zu protestiren, die
weder zuvor in der Presse veröffentlicht, noch im Druck
der Versammlung vorgelegt waren. Wie die Herren
richtig berechnet, waren in Folge ungenügender Einladung
nur Mitglieder der einladenden Vereine und einige geist-
liche Herren erschienen, zusammeu etwa 80 — 90 Personen.
Die Opposition war nur von wenigen Männern vertre-
ten. Die Mchrheit der Versammlung begann sofort bei
einem Antrag auf Vertagung, den Redner niederzu-
schreien, und ging ohne weitere Debatte zur Tages-
Ordnung. Das Statut, was sie festsetzte, besteht aus
16 Artikeln, deren Fassung so vieldeutig, daß jedem
Mißbrauch Thor und Thür geöffnet ist. Es liefert die
ganze Leitung des Vereins in die Hände einer kleinen
privilegirten Gesellschaft. Die nationale Jdee, welche
allerwärts mit Begeisterung aufgenommen wurde, ist
verketzert, nnd die klerikale, die sich in das Gewand
des Spießbürgerthums hüllt, an ihre Stelle gesetzt
worden.
Das Statut giebt jedem, der 5 Gulden jährlichen
Beitrag zahlt, das Recht der Mitgliedschaft. Wer
500 Gulden zahlt, wird „geborenes" Ehren - Mitglied
mit dem Recht der Mitberathung im Vorstand. Wer
weniger als 5 Gulden zahlt, darf bloß mit thaten (d. h.
zahlen) aber nicht mit rathen. Das motivirte ein Herr
in folgender Weise: „Das eigcntliche Jnteresse am Dombau
haben doch nur die wohlhabcnden Leute; denn bei
diesen ist die nöthige Jntelligenz, um Kunstwerke
zu verstehen. Das Millerche (der armc Handwerks-
mann), das Sonntags in den Dom ging und sein Gebet
verrichtete, giebt auch seine sechs Kreuzer und frent sich,
wenu der Dom wieder aufgebaut wird. Es macht aber
keine Ansprüche, Mitglied zu werden, oder etwas mitreden
zu dürfen"(!)
Wenn 300 Mitglieder znsammen sind, wird ein defi-
nitiver Vorstaud von 30 Personen gewählt. (Das
Satzungs-Komits hatte schon die Dreistigkeit sich „provi-
sorischer Vorstand" zu nennen.) Dem Vorstand steht
das Recht zu, eiue beliebige Anzahl von „Ehren"-Mit-
gliedern zn ernennen, die das Recht der Mitberathung im
Vorstand haben. Die Opposition hatte die größte Mühe,
der Versammlung begreiflich zu machen, daß das Stimm-