Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 2.1867

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.4906#0103

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
100

bekllmmern nnd nim in den Eingeborenen den Abglanz
ihrer eigenen Natur zn sinden mcinen. Daher kommt
es wohl auch, daß die vielen hiesigen deutschen Zeitnngen
mit keiner Sylbe der Kunst erwähnen nnd alle Aus-
stellnngen einheimischer sowohl als ausländischer Gemälde
beharrlich ignoriren, und daher kommt es auch, daß man
noch immer senen Amcrikaner, welcher einst in die wciland
internationale Galerie kam und ein Bild haben wollte,
so und so groß, dies oder das vorstellend und zn den
Farben eines mitgebrachten Stückes Teppich passend, als
den Thpus hiesiger Kimstmäcene ansieht, — eine Ansicht,
welche nur die Unkeimtniß ihrer Träger dokumentirt.
Daß aber diese Ansichten falsch sind, davon kann sich Jeder
leicht überzengen.

New-Aork hat seine „ÜKntionnIAonckom^ ok OssiAn"
und sciiien Künstlernntcrstützimgsverein, welche sährliche
Ausstellungen der Arbeiten ihrer Mitglieder veranstalten.
Philadelphia hat diesen beiden entsprechende Jnstitute.
Wir haben in New-2)ork unsere permanenten Ausstellungs-
lokale (lnieä'« .lrt ('inllorv, IlLrliv OnIIorv eto.), in
welcher fast immer Bilder guter fremder und einheiniischer
Künstler zu sehen sind; wir haben blühende Kunsthand-
lungen (Goupil L Comp., Schauß etc.); wir haben
seit zwei Jahren regclmäßig wiederkehrende Aiisstellungen
des französischen (pariser) Radirklubs, nnd unter der
Leitnng eines curopäischen Komitss haben wir in der
jährlichen Ausstellung im „8tuäio Uuilckinx" schon
Bilder von Ary Schesfer, Gallait, Gckrome, Leys
u. s. w. hier zu sehen bekommen. Das zeugt kaum stir
eine Stagnation des Kunstverkehrs.

Die Masse der einheimischen (und wir dürsen wohl
anch sagen der. hier ansässigen fremden) Künstler steht
freilich unter dem Nivean der Mittelniäßigkeit. Histo-
rische Kunst, die ja auch drüben immer rarer zu werden
scheint, wenn man den Ansstellungsberichten tranen darf,
ist hier nicht zn suchen, es sei denn, daß man die Porträt
gruppen, die sich in ziemlicher Anzahl finden, wie z. B.
Huntingto n's „der republikanische Hof zur Zeit Wa-
shingtons", Rothermel's „der repnblikauische Hof zur
Zeit Lincoln's" (welches ebeu jetzt ausgestcüt ist) nnd
die Anzahl von leidlichen, mittelmäßigen und positiv
schlechten Generals- und Soldatenbildern aus dem letzten
Kriege als historische Gemalde gelten lassen wolle. Auch
das Genre ist schwach vertreten, wenngleich in dieser
Richtnng ein Bild besonders namhaft zn machen ist,
anf welches weiter unten zurnckznkouimen seiu wird, „die
alte Kentncky - Heimat", von Eastman Johnson. Da-
gegen leisten die Amerikaner Anerkennungswerthes nnd
Bortrefsliches im Porträt und in der Landschaft. Das
letztere hat wohl kürzlich ein junger amerikanischer Land-
schafter Alexander Wust Lewiescn, indeni er von dcr
brüsseler Anöstellnng von 1860 die köuigliche Medaille

und von der Ausstellung im Haag die große goldene Me-
daille mit nach Hause brachtc.

Sollte es mir gelungen sein, durch diese einleitenden
Bemerknugen bei deu Lesern der „Zeitschrift" ciu größeres
Jnteresse für hiesige Kunstznstände erregt zu haben, als
sie vielleicht bis jetzt fühltcn, so wäre mein Ziel crreicht.
Denn es nmß vvn entschiedenem Nntzen seiu, die Ent-
wickelung dieser Zustände hier zn verfolgen, nnter Be-
dingungen, welche total verschieden sind von europäischen,
fern von den begünstigenden nnd verzärtelnden Einflüssen
dcr Höfe und abgeschnitten von allen alten Traditionen,
welche dort die Kunst einestheils nähren, anderntheils
aber vielleicht auch heumien.

Natürlich ist Jhr Korrespondent kein nnbedingter Lob-
redner hiesiger Zustände, nnd sollte es ihm vergönnt sein,
öfter über dieselben zn berichten,*) so wird dies seiner Zeit
klar genug zn Tage treten. Ein — vielleicht der größte
— Uebelstand ist der schon crwähnte gänzliche Mangel
der historischen Richtung, vor allem aber die unver-
kennbare Abneigung gegeu das Nackte und die Liebe zu
äußercm Prunk, worüber das Stndium der menschlichen
Fignr natürlich fast gänzlich vernachlässigt wird.

(Schluß folgt.)

O

Stutlgart, im April.

Der hiesige Knnstverein, der mit 50 Aktien am
Münchener Kunstverein betheiligt ist, hat das Glück ge-
habt, einige namhafte Gewinne zn erzielen. Besonyers
ist es ein Gemälde Chr. Morgenstern's (ves jüngst in
München stir die Kunst zn srüh gestorbenen genialen Land-
schaftsmalers), welches von Künstlern nnd Laien mit Be
wunderung betrachtet wird. Das Bild, von ziemlicy be-
scheidener Dimension, hat eine der malerischen Küsten
Helgoland's znm Borwnrf. Die mit leuchtenden Wolken
zügen belebte Luft, der Ausblick anf das weite zur Flntzeit
dargestellte Meer mit den heranrauschenden zu dem Gestein
des Bordergrundes anfspringenden Wogen, und die rothen
starren zimi Theil von der Brandung glattgespülten Fels-
blöcke, das Alles verstand der tresslicheKünstler so wahr und
lebendig darzustellen, daß das an sich einfache nnd ansprnch-
lose Motiv zu einem der interessantesten uud reichsten her-
ansgebildet wnrde. — Ein in der permanenten Kunstaus-
steUung gegenwärtig ausgestelltes Gemälde: „Schiller am
Hofe zu Weimar" erfreut sich seines hicr sehr beliebten
Gegeustands wegen großer Theilnahme. Der Name des
Künstlers, Ender,bürgt schon dafür, daßwir esmiteinem
tüchtigen Werke zn thnn habcn. Scbiller, uicht ohne
Pathos nnd wärmende Begeisterung gedacht, steht mitten
im Krcise der bekanntcn Herren nnd Damen des Weimarer
Mnscnhofs nnd liest eines sciner neucsten Gedichte vor.
Das ganze Auditorium, in welchem wir auch den Groß-

) Wir Litteu dariim.

A. d. R.
 
Annotationen