112
Rerhe kommt. Dasselbe wird sofort mit Getrampel begrüßt
— einer Demonstration, welche hier als Beifallszeichen
gilt. Um ein konkretes Beispiel zu haben nnd bei einem
nun schon oft genannten Meister zu bleiben, wollen wir
nns die Versteigerung der Meher von Bremen'schen
Bilder vergegenwärtigen.
„Nun, meine Herren," beginnt der Auktionator, „jetzt
haben Sie aber etwas Vorzügliches! Dieses Bild hier ist
wirklich einer der besten Treffer dieses ansgezeichneten
Meisters, ein wahres Iuwel. Sie thun besser, die Chance
wahrzunehmeu, denn so billig, wie die Bilder heute hier
verkauft werden, können Sie nicht mehr kaufen. Der
Maler kann nicht rasch genng malen, so gesucht sind seine
Werke." Jemand bietet 300 Dol. „300 Doll? — Deß-
wegen steh' ich nicht anf! Was denken Sie meine Herren?
Wenn Sie das Bild nach Paris bringen, so bekommen
Sie 1500 Dol. dafür und Gold dazu." 400 Dol. werden
geboten. „Bieten Sie unr noch etwas höher! Jmmer zu,
damit fang ich noch nicht an!" Das Gebot ist anf 600 Dol.
gestiegen. „So, jetzt kann ich anfangen. Wer bietet noch
mehr? Nur 600 Dol.! Bedenken Sie, meine Herren,
was ich Jhnen sagte. Jch will Jhncn etwas aus einem
Briefe vorlesen. Den Brief hat einer unserer angesehen-
sten Bürger geschrieben, der jetzt Europa bereist und
überall die Ateliers besncht. Er schreibt hier: Meyer
von Bremen hat jetzt zwei Bilder auf der Staffelei, das
eine mit zwei Figuren soll 5000 Franken kosten, für das
zweite mit vier Figuren verlangt er 10,000. Das ist also
2000 Dol. Gold! Daran können Sie sehen, was diese
Werke in Europa bringen."
Die Gebote steigen immer HLHer, bis sich endlich nur
noch zwei Liebhaber 5 Dol. um 5 Dol. in die Höhe bieten.
Der Auktionator neckt beide. „Jetzt sind Sie dran. Wol-
len Sie nicbt das Hnndert voll machen?" Das Hundert
ist voll und wird vom Publikum mit Getrampel begrüßt.
„So, nnn sind Sie wieder dran. 5 Dol. mehr? So,
nnn Sie wieder? Geben Sie doch lieber gleich 10 Dol.
So ist's Recht; ich hab's Jhnen ja gesagt, daß Sie mehr
geben müssen."
So geht es weiter — jedes neue Hundert wird mit
Getrampel begrüßt -— bis endlich der eine die Lust ver-
liert. „Haben Sie endlich den Muth verloren?" fragt
ihn der Auktionator. „Nun dann — rechtzeitige War-
nung! — Aoi'nx! — ssvinZ! — ^ons!" und unter aber-
maligem Getrampel wird das Bild seinem neuen Eigen-
thümer zugeschlagen.
Der gebildete Knnstliebhaber mag solches Verfahren
vielleicht roh nennen und er hat allerdings Recht. Allein,
sind diese amerikanischen Barbaren, welche das Lokal bis
zum Erdrücken füllen nnd lieber bis tief in die Nackt
hinein stehen, um Nichts zu versaumen — sind diese Bar-
baren nicht um Vieles besser, als jene Vertreter der deut-
schen Jntelligenz, welche mit Verachtung von ihnen
sprechen nnd doch bei allen derartigen Gelegenheiten nur
dnrch ihre Abwesenheit glänzen?
Für die Pariser Ausstellung hat sich Amerika nach
besten Kräften gerllstct. Da die Künstler nicht über sich
selbst zn Gericht sitzen wollten, so ist ein Komits sachver-
ständiger Männer mit der Auswahl der zu versendenden
Gemälde beauftragt worden. Die Besitzer von Galerien
habcn ihre Schätze bereitwilligst zur Berfügnng gestellt nnd
so ist eine Sammlung von etwa l OO Bildern, den Werken
von 50 Künstlern, znsammengekonnnen, welche das Beste
enthalten soll, was auf amerikanischem Boden geschaffen
worden ist. X.
München, Mltte April.
8—t. Wiederum sind neue Knnstwerke dem Depot
zu Sckleißheim entrissen und der Pinakothek einverleibt
worden. So zwei kölnische Bilder, Maria, das Kind an-
betend nnd Christus am Oelberge, welche dem Zeitraum
von 1380—1400 angehören. Das Hauptbild indessen
bleibt eine kleine reizende Landschaft von A. Altdorfer,
mit seinem Mvnogramm nnd der Jahreszahl 1510 be-
zeichnet. Freilich ist es keine reine Landschaft, denn der
Maler hat, wie zur Entschuldigung, noch den Ritter
Georg, den Drachen tödtend, hinzugefügt; allein das
Jnteresse des Bcschaners bleibt nicht an den Figuren
haften, die noch obendrein der gemüthvoll idyllischen
Stimmung ihrer Umgebuug widersprechen. Wir sind an
den Ausgang eines deutschen Bnchcnwaldes versetzt, dessen
Vegetation in bunter Verschlingung die Hauptmasse des
Bildes ausfüllt; nur rechts theilen sich die Bäume und
lassen dnrch kleine Oeffnungen den Blick über den Abfall
eines Hügels auf eine blaue Gebirgskette schweifen. Mit
den Vorftellungen einer vollendeten Landschaftskunst darf
man da freilich nicht kommen; geht man aber die Leistungen
der Zeitgenossen Altdorfer's durch, so wird man ebenso
über den einheitlich gestimmten, goldigen Ton, wie über
die individuelle Charakteristik erstaunen. Da ist nichts
Komponirtes, sondern der Maler suchte den Eindruck
einer bestimmteu Gegend mit fleißigem Pinsel nachzubilden.
Ein solches Bild wirft ein eigenthümliches Licht auf das
Studium des Regensburger Künstlers und ist nickt min-
der für die Geschichte der LandschaftSmalerei von großem
Jnteresse.
Nachdcm die Bilder, welche zur Pariser Ansstellung
wanderten, aus dem Kunstverein verschwnnden waren,
trat natürlich eine bedeutende Ebbe ein. Zum Theil
wurde man aber entschädigt durch eine Reihe älterer
Gemälde, die wenigstens theilweise Gutes boten. Wir
nennen darunter ein Bildniß von A. Cnyp, eine Ansicht
des Colossenms von I. v. d. Illft und ein Thierstück von
K. Kuntz. Jnteressant waren auch die Bildnisse von vr.
Heuß. Da sahen wir Overbeck, Reinhart, Veit, Guizot,
Koch, Gagern und Andere, vor Allem aber haftete der
Rerhe kommt. Dasselbe wird sofort mit Getrampel begrüßt
— einer Demonstration, welche hier als Beifallszeichen
gilt. Um ein konkretes Beispiel zu haben nnd bei einem
nun schon oft genannten Meister zu bleiben, wollen wir
nns die Versteigerung der Meher von Bremen'schen
Bilder vergegenwärtigen.
„Nun, meine Herren," beginnt der Auktionator, „jetzt
haben Sie aber etwas Vorzügliches! Dieses Bild hier ist
wirklich einer der besten Treffer dieses ansgezeichneten
Meisters, ein wahres Iuwel. Sie thun besser, die Chance
wahrzunehmeu, denn so billig, wie die Bilder heute hier
verkauft werden, können Sie nicht mehr kaufen. Der
Maler kann nicht rasch genng malen, so gesucht sind seine
Werke." Jemand bietet 300 Dol. „300 Doll? — Deß-
wegen steh' ich nicht anf! Was denken Sie meine Herren?
Wenn Sie das Bild nach Paris bringen, so bekommen
Sie 1500 Dol. dafür und Gold dazu." 400 Dol. werden
geboten. „Bieten Sie unr noch etwas höher! Jmmer zu,
damit fang ich noch nicht an!" Das Gebot ist anf 600 Dol.
gestiegen. „So, jetzt kann ich anfangen. Wer bietet noch
mehr? Nur 600 Dol.! Bedenken Sie, meine Herren,
was ich Jhnen sagte. Jch will Jhncn etwas aus einem
Briefe vorlesen. Den Brief hat einer unserer angesehen-
sten Bürger geschrieben, der jetzt Europa bereist und
überall die Ateliers besncht. Er schreibt hier: Meyer
von Bremen hat jetzt zwei Bilder auf der Staffelei, das
eine mit zwei Figuren soll 5000 Franken kosten, für das
zweite mit vier Figuren verlangt er 10,000. Das ist also
2000 Dol. Gold! Daran können Sie sehen, was diese
Werke in Europa bringen."
Die Gebote steigen immer HLHer, bis sich endlich nur
noch zwei Liebhaber 5 Dol. um 5 Dol. in die Höhe bieten.
Der Auktionator neckt beide. „Jetzt sind Sie dran. Wol-
len Sie nicbt das Hnndert voll machen?" Das Hundert
ist voll und wird vom Publikum mit Getrampel begrüßt.
„So, nnn sind Sie wieder dran. 5 Dol. mehr? So,
nnn Sie wieder? Geben Sie doch lieber gleich 10 Dol.
So ist's Recht; ich hab's Jhnen ja gesagt, daß Sie mehr
geben müssen."
So geht es weiter — jedes neue Hundert wird mit
Getrampel begrüßt -— bis endlich der eine die Lust ver-
liert. „Haben Sie endlich den Muth verloren?" fragt
ihn der Auktionator. „Nun dann — rechtzeitige War-
nung! — Aoi'nx! — ssvinZ! — ^ons!" und unter aber-
maligem Getrampel wird das Bild seinem neuen Eigen-
thümer zugeschlagen.
Der gebildete Knnstliebhaber mag solches Verfahren
vielleicht roh nennen und er hat allerdings Recht. Allein,
sind diese amerikanischen Barbaren, welche das Lokal bis
zum Erdrücken füllen nnd lieber bis tief in die Nackt
hinein stehen, um Nichts zu versaumen — sind diese Bar-
baren nicht um Vieles besser, als jene Vertreter der deut-
schen Jntelligenz, welche mit Verachtung von ihnen
sprechen nnd doch bei allen derartigen Gelegenheiten nur
dnrch ihre Abwesenheit glänzen?
Für die Pariser Ausstellung hat sich Amerika nach
besten Kräften gerllstct. Da die Künstler nicht über sich
selbst zn Gericht sitzen wollten, so ist ein Komits sachver-
ständiger Männer mit der Auswahl der zu versendenden
Gemälde beauftragt worden. Die Besitzer von Galerien
habcn ihre Schätze bereitwilligst zur Berfügnng gestellt nnd
so ist eine Sammlung von etwa l OO Bildern, den Werken
von 50 Künstlern, znsammengekonnnen, welche das Beste
enthalten soll, was auf amerikanischem Boden geschaffen
worden ist. X.
München, Mltte April.
8—t. Wiederum sind neue Knnstwerke dem Depot
zu Sckleißheim entrissen und der Pinakothek einverleibt
worden. So zwei kölnische Bilder, Maria, das Kind an-
betend nnd Christus am Oelberge, welche dem Zeitraum
von 1380—1400 angehören. Das Hauptbild indessen
bleibt eine kleine reizende Landschaft von A. Altdorfer,
mit seinem Mvnogramm nnd der Jahreszahl 1510 be-
zeichnet. Freilich ist es keine reine Landschaft, denn der
Maler hat, wie zur Entschuldigung, noch den Ritter
Georg, den Drachen tödtend, hinzugefügt; allein das
Jnteresse des Bcschaners bleibt nicht an den Figuren
haften, die noch obendrein der gemüthvoll idyllischen
Stimmung ihrer Umgebuug widersprechen. Wir sind an
den Ausgang eines deutschen Bnchcnwaldes versetzt, dessen
Vegetation in bunter Verschlingung die Hauptmasse des
Bildes ausfüllt; nur rechts theilen sich die Bäume und
lassen dnrch kleine Oeffnungen den Blick über den Abfall
eines Hügels auf eine blaue Gebirgskette schweifen. Mit
den Vorftellungen einer vollendeten Landschaftskunst darf
man da freilich nicht kommen; geht man aber die Leistungen
der Zeitgenossen Altdorfer's durch, so wird man ebenso
über den einheitlich gestimmten, goldigen Ton, wie über
die individuelle Charakteristik erstaunen. Da ist nichts
Komponirtes, sondern der Maler suchte den Eindruck
einer bestimmteu Gegend mit fleißigem Pinsel nachzubilden.
Ein solches Bild wirft ein eigenthümliches Licht auf das
Studium des Regensburger Künstlers und ist nickt min-
der für die Geschichte der LandschaftSmalerei von großem
Jnteresse.
Nachdcm die Bilder, welche zur Pariser Ansstellung
wanderten, aus dem Kunstverein verschwnnden waren,
trat natürlich eine bedeutende Ebbe ein. Zum Theil
wurde man aber entschädigt durch eine Reihe älterer
Gemälde, die wenigstens theilweise Gutes boten. Wir
nennen darunter ein Bildniß von A. Cnyp, eine Ansicht
des Colossenms von I. v. d. Illft und ein Thierstück von
K. Kuntz. Jnteressant waren auch die Bildnisse von vr.
Heuß. Da sahen wir Overbeck, Reinhart, Veit, Guizot,
Koch, Gagern und Andere, vor Allem aber haftete der