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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

DOI Artikel:
Vollbehr, Th.: Kunstausstellung in Nürnberg, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0015

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HERAUSGEBER:

CARL VON LÜTZOW und ARTHUR PABST

WIEN

Heugasse 68.

KÖLN
Kaiser-Wilhelmsring 24.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. III. Jahrgang.

1891/92.

Nr. 2. 22. Oktober.

Die Kunstehronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende. Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt» mona.tl.ch dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift mr bildende Kunst» erhalten die Kunstehronik gratis. - Inserate, a 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Ver-
'agshandlung die Annoncenexpeditionen von Haaaenstein & Vogler, End. Mosse u. s. w. an._ _

KUNSTAUSSTELLUNG IN NÜRNBERG.

(Schluss.)

Im allgemeinen scheint übrigens die Kleinmalerei
dem Aussterben nahe. Sieht man von einigen Ar-
beiten von Anton Seitz und Fritz Steinmetz ab, die
ihre Stoffe in malerisch belebten Innenräumen suchen,
so wird man in der ganzen Ausstellung nur unter
den Illustrationen und ihren Abarten Werke kleinen
Formates finden. Es gab eine Zeit, da man nur den
eigentlichen Historienbildern größere Leinwandflächen
zur Verfügung stellte und dem Genrebilde die Di-
mensionen der Werke von Brouwer und Teniers
gab. Ob mit Recht oder mit Unrecht lassen wir
dahingestellt; wir konstatiren nur die Thatsache.
Hugo Löftlers „Rodensteiner" vermag noch am besten
die Schwierigkeiten der malerischen Verarbeitung
großer Körper- und Gewandflächen bei mangelnder
Individualisirung des Interesses zu überwinden. Wem
es gelingt, über die Anteilnahme an dem Süjet als
solchem hinaus ein gewissermaßen persönliches In-
teresse an den dargestellten Einzelwesen hervor-
zurufen, der mag es kühnlich wagen, seine Menschen
m Lebensgröße darzustellen, auch dann, wenn er
keine Porträts giebt. Der Mensch ist dem Menschen
immer interessant, wenn er ihn als selbständige Per-
sönlichkeit kennen lernt. Aber nicht jeder Künstler
ist Schöpfer genug, um seinen Gestalten die Seele
einzuhauchen. Anselm Feuerbach war ein solcher
Künstler. Und es wird keinem beikommen, vor
seiner Ariadne, vor seiner Medea die Lebensgröße
der Darstellung zu tadeln. Das sind beseelte, von
warmem Blut durchwärmte Gestalten. Seine Medea

gehört in der ergreifenden Schlichtheit des Aus-
drucks, in der Tiefe des Empfindens zu dem Herr-
lichsten, was der Meister erschaffen. Es ist keine
Illustration, es ist eine Nachdichtung des fürchter-
lichen Tragödienstoffes.

Nachdichtungen, nicht Illustrationen möchten
wir auch Aug. von Erdings Faustbilder nennen. Eine
Fülle von Phantasie, von echt dichterischen Gedanken
steckt in den Vignetten und Kopfleisten und eine
Großheit, eine Tiefe des Gefühls, eine Sattheit des
Humors in den Vollbildern, wie sie unseres Be-
dünkens kein zweiter Faustzeichner aufzuweisen hat.
Trotz trefflicher Einzelheiten vermögen wir Carl
Jägers Kreidekartons zur Schillergalerie eine so
unbedingte Anerkennung nicht entgegen zu bringen.
Die elegante Sauberkeit und die formgewandte Kom-
position können über ein gewisses Bühnenpathos
nicht hinwegtäuschen. Selbst in dem vielbewunderten
Gemälde Jägers: „Kaiser Max bei Albrecht Dürer"
kommen wir über das Gefühl, ein trefflich gestelltes
lebendes Bild reproduzirt zu sehen, nicht hinaus.
Das Interesse an der Handlung zerstückelt sich zu
einem Interesse an den idealschönen Porträtköpfen
der Hauptfiguren. Die liebevolle, geschmackvoll
idealisirende Darstellung derselben lehrt uns, auf
welchem Gebiete die eigentliche Bedeutung Jägers
zu suchen ist. Das Idealporträt ist seine Domäne.
So sind denn auch seine achtzehn Porträts berühmter
Dichter undMusiker eine durchauserfreulicheLeistung,
wenn man auch in dem einen und anderen Falle
wünschen möchte, dass die charakteristischen Herb-
heiten eines bedeutenden Antlitzes etwas weniger
der verschönernden Retouche unterzogen worden
wären. Übrigens zeigen einige tüchtige männliche
 
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