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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Rosenberg, Adolf: Ausstellung in der Berliner Nationalgalerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0111

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HERAUSGEBEK:

CARL VON LÜTZOW und ARTHUR PABST

WIEN KÖLN
Heugasse 58. Kaiser-Wilhelmsring 24.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. III. Jahrgang. 1891/92. Nr. 12. 21. Januar.

Die Kunstchronili erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
S ommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Ver-
lagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein& Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

AUSSTELLUNG IN DER BERLINER
NATIONALGALERIE.

Der Schnitter Tod hat aus seiner Ernte des
Jahres 1891 zwei Künstler, die in ihrem Leben wie
in den Offenbarungen ihrer Kunst, in ihrem geisti-
gen Wesen wie in ihren letzten Absichten von ein-
ander grundverschieden waren, zu einer Sonderaus-
stellung ihres Lebenswerkes in der Berliner National-
galerie vereinigt. Zwei Nekrologe in Denkmälern,
von denen der eine an das pessimistische Wort des
Psalmisten von den in Mühe und Arbeit köstlich
verbrachten siebenzig Jahren erinnert, während der
andere an die nicht minder düstere Legende von
dem Stamme der Asra gemahnt, „welche sterben,
wenn sie lieben". Das Leben des Genremalers,
Zeichners und Illustrators Oskar Wisnieski (3. De-
zember 1819 bis 10. August 1891) floss so ruhig
und ereignislos dahin, dass Prof. v. Donop, der Ver-
fasser der Ausstellungskataloge, knapp fünf Seiten
mit der Biographie und der Charakteristik des Künst-
lers, der im stillen lebte, arbeitete und starb, füllen
konnte. Den doppelten Raum nimmt dagegen das
Lebensbild seines Ausstellungsgenossen, des Malers,
Radirers und Bildhauers Karl Stauffer von Bern
(2. September 1857 bis 24. Januar 1891) ein, obwohl
er noch nicht die Mittagshöhe seines Lebens erreicht
hatte, und dabei hat Prof. v. Donop noch, wohl mit
Rücksicht auf die Mutter und Schwester des Toten
und die anderen beteiligten Personen, die Peripetien
und Katastrophen übergangen, die den hoch begab-
ten, von ernstem Streben beseelten Künstler zur
Selbstvernichtung getrieben haben. In unserer Zeit,

die das Rätselhafte, Geheimnisvolle und Sensationelle
über alles liebt, war Karl Stauffer natürlich eine
viel interessantere Erscheinung, als der in Zurückge-
zogenheit lebende Wisnieski, der nur gelegentlich
auf den Ausstellungen mit kleinen Genrebildern aus
alter und neuerer Zeit erschien, die freilich ein rast-
loses Fortarbeiten an der Ausbildung seines Kolorits
im modernen Sinne bekundeten.

Als Karl Stauffer 1880 nach Berlin kam, hatte
er bereits schwere Jahre harter Lehre und Entsa-
gung durchgemacht. 1874 war er als Lehrling zu
einem Dekorationsmaler in München gekommen, bei
dem er es aber nicht lange aushielt. Ein Stipen-
dium seiner schweizerischen Heimat ermöglichte ihm
den Besuch der Münchener Kunstschule und später
der Akademie, er arbeitete auch bei dem Kupfer-
stecher Raab, bei Diez und Löfftz, kopirte nach
Velazquez und van Dyck in der Pinakothek und
raffte sich auf diesem Wege eine malerische Aus-
drucksweise zusammen, die bei seinem Auftreten in
Berlin derart imponirte, dass ihm die Jury der Aka-
demischen Ausstellung von 1881 für ein Porträt des
Bildhauers Klein die kleine goldene Medaille erteilte.
Dadurch und durch andere Einflüsse fand er Ein-
tritt in die Berliner Gesellschaftskreise, die sich aus
den Mitgliedern der Geldaristokratie, der Kunst und
Wissenschaft zusammensetzen, und eine geraume Zeit
segelte sein Schiff fröhlich auf goldenen Wogen.
Die Ausstellung der N, ationalgalerie spiegelt die Er-
innerung an diese Zeit in den Bildnissen der Ge-
brüder Mosse, der Professoren Bardeleben und Gold-
schmidt, des Theaterdirektors LArronge, des Grafen
Harrach, des Bankiers Moritz Strauß u. a. wieder.
Dann kam die Ebbe. Weitere Porträtaufträge blieben
 
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