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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Ein Wort über die Münchener Jahresausstellungen
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0122

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231

Todesfälle. — Ausgrabungen und Funde.

232

riskiren haben, nichts. Immer heisst es mir „Kunst,
Kunst und noch einmal Kunst! Höret nicht auf das,
was philiströse Gesinnungsweise euch vorrechnet!"
Hinter die Kulissen schaut niemand. Scheut man
sich davor oder will man offiziell nichts von ihnen
wissen? Was ist das Resultat davon? Die Ausstel-
lungen rufen im Gehirn manches Menschen etwas
Ähnliches an Vorstellungen hervor wie vor Jahr-
zehnten der Name Kalifornien, wo die Leute das
Geld auf der Straße zu finden hofften! Mancher fand
es nach vieler Arbeit und Mühe, die zehnfache oder
größere Zahl aber ging dabei zu Grunde. Die Mün-
chener Künstlerkolonie, welche vor einem Jahrzehnt
nach Hunderten sich bezifferte, zählt heute nach
Tausenden. Immer kommt neuer Zuzug; die Akademie
bildet ganze Regimenter von Kunstjüugern aus und
was wird aus ihnen allen werden? Wird jeder jähr-
lich sein Bild verkaufen und davon leben können?

Nein, dreimal nein! Es werden zum guten
Teile, wenn die wirklich bedeutenden Elemente aus-
geschieden sind, verunglückte Existenzen, die zwar
den Künstlerstolz im Herzen tragen und auch eine
Zeit lang hungern können, weil sie nicht viel an-
deres gelernt haben und dann?

Wird der Staat jedem ein Galeriebild abkaufen?
Natürlich! weiter nichts! Kauft der Staat etwa
Stiefel und Hosen, um staatliche Trödelbuden ein-
zurichten? Vielleicht in Zukunft, bis jetzt nicht!

Es wäre aus einem Grunde zu wünschen, dass
nicht mit leichtfertigen Worten der Welt mehr vor-
gemacht wird, als an der Sache ist, zumal nicht
durch die Presse, die, sobald sie Partei ist, das,
was sie mit Elan in die Welt hinaus schleudert,
gewiss nicht von der Kehrseite beleuchtet; nur die
lichten Momente werden betont; entsprechenden Falls
rückt man dann gelegentlich mit einem falschen
Bedauern heraus über Dinge, die sich ganz anders
entwickelt haben, als man im Rausche des Optimis-
mus annahm. Unsere Zeit, das ist eine erwiesene
Thatsache, hat kein allgemein brennend ausgespro-
chenes Kunstbedürfnis. Sie würde in ihrer Ent-
wicklung nicht einen Moment stehen bleiben, wenn
auch einmal während eines, während zweier Jahre
alle Pinsel ruhten. Wie es aber thatsächlich heute
ist, stehen Produktion und Nachfrage im umgekehr-
ten Verhältnisse; dabei schafft man der Kunst keine
neuen Gebiete, wo sie sich entwickeln kann und
zum Blühen kommt, sondern man bildet ein Heer
von künstlerischen Proletariern heran und schafft zu
der Zahl der vorhandenen sozialen Fragen eine neue.

Komme man doch nicht immer wieder mit der

albernen Redensart, die Kunst müsse für sich exi-
stiren und habe mit der Zeit mit der umgebenden
materiellen Welt nichts zu thun! Das geht dann,
wenn die Magen versorgt sind, im allgemeinen aber
sind die Künstlermagen, wenn man ihnen auch von
vielen Dingen manche starke Dosis zumuten kann,
nicht widerstandsfähiger als diejenigen anderer Men-
schen, und der Staat hat absolut kein Interesse
daran, ganze Scharen groß zu ziehen, die ihm
nichts nützen, sondern ihm eher zur Last fallen.

Möchte diese Seite der Sache, so philiströs, un-
freundlich und trockenbrötig sie auch klingen mag,
zur Erwägung kommen! Oder sollen auch da stets
Mäntel über vorhandene Schäden gedeckt, das ru-
hige Wort durch den Schall des Tam-Tam übertönt
werden ?

Es ist innerhalb der Münchener Künstlerschaft
eine starke Gegenbewegung im Gange. Die Jahres-
ausstellungen vom Arbeitsprogramm streichen zu
wollen, das fällt keinem vernünftigen, höchstens
einem und dem anderen Reaktionär ein.

In sie aber endlich einen gesunden Zug hinein
zu bringen, das wird von vielen angestrebt. Damit
dies geschehe, ist es nicht bloß wichtig, viel zu
reden, neue Satzungen zu schaffen, sondern vor allem,
sie ehrlich und ohne jedwede Schwankung für Partei-
interessen wirklich zu halten und sich dabei von dem
Prinzipe leiten zu lassen, dass die Achtung, die man
dem Fremden zollt, vor allem auch dem eigenen
Hause gebührt. So hält man es überall in der
Welt, wo die Gesinnung nicht schlotterig und cha-
rakterlos ist. Wird es bei uns Gebrauch, das Gegen-
teil zur Regel zu machen, so braucht man für das
Gespött der Welt, womit diese falsche Großmut
allezeit belohnt wurde, nicht zu sorgen und er trifft
uns dann mit voller Berechtigung.

II. E. von BERLEPSCH.

TODESFÄLLE.

0 Der französische Kupferstecher Hcnriquel-Dupont,
der Meister des Linienstichs, ist am 20. Januar in Paris, eine
Woche nach Vollendung seines 95. Lebensjahres gestorben.

AUSGRABUNGEN UND FUNDE.

*»* Zur Ausgrabung von Delphi wird jetzt gemeldet,
dass das Haupthindernis, das nach dem Abschlüsse des Ver-
trages zwischen der griechischen und der französischen Re-
gierung noch zu überwinden war, beseitigt worden ist. Die
Bewohner des Dorfes Kastri, das sich auf und zwischen den
Trümmern des alten Delphi eingenistet hatte, sind abgefun-
den worden und haben sich an anderen Orten niedergelassen.
Die französische Kommission wird demnächst mit den Aus-
grabungen beginnen.

%* Eine Ausgrabung des alten Sparta ist der neueste
Plan, der auf dem Programm der Erforschung von Althellas
 
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