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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

DOI Artikel:
Osius, K.: Die Kunstsammlungen in Woerlitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0127

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HERAUSGEBEE:

CARL VON LÜTZOW und ARTHUR PABST

WIEN KÖLN
Heugasse 58. Kaiser-Willielmsring 24.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.
Neue Folge. III. Jahrgang. 1891/92. Nr. 14. 4. Februar,

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Ver-
lagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Kud. Mosse u. s. w. an.

DIE KUNSTSAMMLUNGEN IN WOERLITZ.

Wenn man das freundliche Städtchen Dessau
nach Osten hin verlässt, so gelangt man nach etwa
einstündiger Fahrt durch weit ausgedehnte Wiesen-
gründe und herrliche Eichengruppen von ungewöhn-
licher Schönheit endlich nach dem berühmten Wör-
litzer Park, der Schöpfung des kunstsinnigen Her-
zogs Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau,
welcher in den Jahren 1768 bis 1808 unbeirrt von
den politischen Erschütterungen' der damaligen Zeit
den Grund gelegt hat zu dem prächtigen Kunst-
werke der Landschaftsgärtnerei, welches schon da-
mals als mustergültige und bedeutsamste Schöpfung
dieser Art gefeiert und von den hervorragendsten
Persönlichkeiten besucht wurde.

Goethe ist häufig hier gewesen und der An-
regung , welche er hier gewann, verdanken die
schönen Parkanlagen bei Weimar ihre Entstehung.
Auf der Bank am Schlosse hat er besonders gerne
gesessen und hier auch an Frau von Stein geschrieben:
„Hier ist's jetzt unendlich schön; mich hat's
gestern Abend, wie wir durch die Seen, Canäle
und Wäldchen schlichen, sehr gerührt, wie die
Götter dem Fürsten erlaubt haben, einen Traum
um sich herum zu schaffen. Es ist, wenn man so
durchzieht, wie ein Mährchen, das einem vorge-
tragen wird, und hat ganz den Character der ely-
säischen Felder. In der sachtesten Mannigfaltig-
keit fließt eins ins andere. Keine Höhe zieht das
Auge und das Verlangen an einen einzigen Punkt.
Man streicht umher ohne zu fragen, wo man aus-
gegangen ist und hinkommt. Das Buschwerk ist

in seiner schönsten Jugend und das Ganze hat die

reinste Lieblichkeit."

Auch Fürst Pückler-Muskau und Alexander von
Humboldt, Fr. Wilh. von Erdmannsdorf!, Matthisson,
Gleim, Lavater und Geliert haben hier häufig ver-
kehrt. -Winckelmann's Lieblingswunsch, Wörlitz
zu besuchen, wurde durch seine Ermordung ver-
eitelt. Die weitausgedehnten großartigen *■ Anlagen
haben, wenn sie auch damals noch jung waren
und des malerischen Schmuckes der alten Bäume
und ihres Schattens entbehrten, einen fesseln-
den Anziehungspunkt für die gebildeten Kreise
der damaligen Zeit dargestellt und sind, vielfach
studirt und nachgebildet, der Typus der höheren
Landschaftsgärtnerei geworden und bis jetzt ge-
blieben. Stundenlang fährt man auf Gondeln durch
die verzweigten Wasserkanäle des Parkes, bald unter
herrlichen, dicht an das Wasser herantretenden Laub-
massen, welche in dem Spiegel des Gewässers ihre
goldigen Reflexe schimmern lassen und das wonnige
Gefühl märchenhaft träumerischer Empfindung her-
vorrufen, bald wieder vorüber an köstlichen Durch-
blicken, stolzen Schlössern oder kleinen Tempeln
Nymphäen, Urnen, chinesischen und sonstigen
Brücken, wie sie dem Geschmacke der damaligen
Zeit entsprachen. Manche bizarre Spielerei begegnet
uns hierbei, aber die geniale Größe des Ganzen wird
hierdurch nicht beeinträchtigt; immer neue Land-
schaftsbilder im köstlichen Verbände mit der Kunst
folgen aufeinander und zögernd verlässt man die
Gondel, um an das Land zu steigen und zur Be-
sichtigung der mit Kunstgegenständen reich ge-
schmückten Baulichkeiten des Parkes zu schreiten.
In erster Linie zieht uns das herzogliche Schloss
 
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