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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0147

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2S1

Bücherschuu.

282

nötigen Gelde ausgerüstet darauf losging, mit der
Camera künstlerische Ziele zu verfolgen und Bilder
zu schaffen, wie sie das menschliche Auge sieht und
sucht. Dieser impressionistischen Richtung in der
Photographie kamen nun eine Menge untergeord-
nete, aber nicht minder wichtige Erfindungen zu
Hilfe: zunächst die Steigerung der Empfindlichkeit
der Platten, so dass Bilder selbst in Bruchteilen von
Sekunden aufgenommen werden können, dann die
diversen Entwickler, durch welche Modulation in
die Aufnahmen gebracht werden kann, die isochro-
matischen Platten, welche Blau und Gelb in Bezug
auf die Werte der Farben im Schwarzweiß-Bild kor-
rigiren und endlich die für künstlerische Reproduk-
tionen so vorteilhaften Platinpapiere, die verschie-
denen Vergrößerungsverfahren mit Eastman- oder
Justpapier u. s. f.

Aber selbst im Kopiren werden die Kniffe des
Atzens in der Radirung durch „Abdecken" und
„Anlaufen" zu Gunsten der Bilder mit vielem Er-
folg angewendet. So ausgerüstet stand die Photo-
graphie im vorigen Jahre da, als in Wien die erste
internationale Ausstellung künstlerischer Photogra-
phien stattfand. Wir haben damals Rühmliches
über dieselbe berichtet und wollen nur wiederholen,
dass der allgemeine Erfolg ein überraschend glän-
zender war und das Interesse weit über die Fack-
und Amateurkreise der photographischen Schwarz-
kunst hinaus sich geltend machte, so dass regelmä-
ßige Wiederholungen derartiger Ausstellungen wohl
für die Zukunft gesichert sind. Die berufene Künst-
lerjury hatte von 4000 eingesandten Blättern nur
600 zur Ausstellung zugelassen und darin den Weg
gezeigt, auf welchem die Amateurs künftig ihre
Lorbeeren zu holen haben. Es zeigte sich, dass vor
allem landschaftliche Stimmungsbilder von der Ge-
latineplatte in bewunderungswürdiger Weise fixirt
werden können und dass an solchen Aufnahmen,
wie sie namentlich die Engländer und Amerikaner
ausgestellt hatten, auch große Künstler ihre Freude
haben und sogar daran lernen können.

Das vorliegende Unternehmen der Gesellschaft
für vervielfältigende Kunst, in welchem eine Aus-
wahl der besten Bilder der genannten Ausstellung
weiteren Kreisen vermittelt wird, ist daher nur zu
loben, und dies umsomehr, als für die Wiedergabe
die vornehmste der photomechanischen Reproduk-
tionsarten, die Heliogravüre gewählt wurde, welche
die zartesten Tinten der Originale in trefflicher
Weise wiedergiebt. Wir finden unter den 37 Blät-
tern so ziemlich alle Gattungen, in denen sich die

Lichtkunst ergeht, vertreten; obenan, wie erwähnt,
die landschaftlichen Aufnahmen. Wir heben aus

I der köstlichen Mappe zur Charakterisirung des man-
nigfaltigen Inhalts nur einige Stichproben heraus
und nennen voran das reizende Momentbild, welches

j die hohe Protektorin der Ausstellung, Ihre Kaiserl.
Hoheit die Frau Erzherzogin Maria Theresia selbst
zur Urheberin hat. Es ist eine treffliche malerische
Aufnahme des Palazzo Vendramin-Calergi, des schön-
sten Palastbaues am Grande-Canal in Venedig mit
Wellenschlag und zartem Luftton. Von Nathaniel
Freiherrn v. Rothschild findet sich ein zartgestimm-
tes und gut staffirtes Bild vom Dürensee und ein
trefflich der Natur abgewonnenes Genrebild „die
Kinderjause". Albert v. Rothschild bringt zwei Auf-
nahmen einer gar reizenden „Ninetta aus Waid-
hofen :< als Reminiscenz an das bekannte Bild von
E. Blaas. Unter den landschaftlichen Stimmungs-
bildern, die an poetischem Reiz wetteifern, "sind die
von Karl Greger (London), Ernest Spencer (New-
Southgate) und Ralph W. Robinson (Redhill) beson-
ders hervorzuheben. Namentlich ist des letzteren
„Sweet springtime" mit einer Nachahmung von Uhdes
Staffage aus der „Herberge" geradezu ein meister-
haftes Blatt. Ein stürmisches Strandbild mit hohem

I Wellengang und schäumendem Gischt finden wir
von Ferd. H. Worsley Benison (Chepstow) und auch
aus der Kollektion der trefflichen Strandskizzen von
Dresser (Bexley Heath) hat sich als Textvignette
ein köstliches Bildchen eingeschlichen. Stimmungs-
volle Waldinterieurs sind zu notiren von Leon Keu-
sters (Antwerpen), künstlerisch staffirte Skizzen aus
den einsamen Triften des eisigen Russland hat
Alexis Mazourine (Moskau) geliefert. Das Tierstück
ist durch eine größere Momentaufnahme von Dr. Jul.
Strakosch (Hohenau) in gelungenster Weise reprä-

l sentirt. Auch die Wiener Versuchsanstalt für Photo-
graphie etc. hat eine reizende Porträtstudie dem
Album einverleibt, und es ist nur schade, dass die
Frauenschönheit in der Sammlung nicht reicher be-
dacht ist. Die einleitenden Worte zu der Publi-
kation haben Jak. v. Falke und J. M. Eder geschrie-

j ben; ersterer erörtert in Bezugnahme auf die Aus-
stellung die künstlerischen Gesichtspunkte der Ama-
teurphotographie, während letzterer, eine Kapazität
auf dem technischen Gebiete, die fachlichen Fort-
schritte der Lichtkunst übersichtlich und einsichts-
voll beleuchtet. J. L.
 
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