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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Martin van Meytens in Italien
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Verschiedenes / Inserate
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297

ßücherschau.

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bildhauer ist, gemacht. In denen Palazzi de Farnese,
Medici, Barbarini, Justiniani, Matthei, Verospi, Borghese,
Ruspoli, duca Landi und andern zeichnete ich alle
zum studio publico der Malerey ausgesetzte statuen".
Martin van Meytens blieb, wie es scheint, noch in
Rom, als Martini am 16. Juni 1725 über Ostia,
Civitavecchia und Livorno nach Pisa und Florenz
reiste (Fol. 383 ff.). K.

BÜCHERSCHAU.
Vorträge über Plastik, Mimik und Drama, von

Wilhelm Henke. Rostock, Willi. Werthers Verlag.
1892. 8.

Es ist nicht das erste Mal, dass ein hervorra-
gender Anatom von Fach mit seinem wissenschaft-
lichen Rüstzeug Exkursionen auf die Idealgebiete
der Kunst unternimmt und Analysen und Betrach-
tungen auch über das Außere der menschlichen Ge-
stalt in Bezug auf die künstlerische Darstellung an-
stellt. Kunst und Wissenschaft sind ja Schwestern,
wie der Autor geistvoll bemerkt, von einer Mutter,
der Wahrheit, geboren und zu einer großen Lebens-
aufgabe, das Ewige im Vergänglichen zu erkennen,
erzogen. Aber sie verfolgen dieselbe auf getrenn-
ten Wegen, die eine durch das Gefühl, die andere
durch den Gedanken; die Kunst, indem sie mit
freier Hingebung die Erscheinung des Lebens, in
welcher sich ewige Ideen spiegeln, erfasst, festhält
und neugeboren vor Augen stellt, die Wissenschaft,
indem sie mit bedächtiger Zurückhaltung aus dem
Bilde des Lebens nur die Züge herausgreift und auf
feste Formeln bringt, in denen sich ewige Gesetze
aussprechen. Henkes Buch ist, wie schon der Titel
sagt, kein zusammenhängendes Ganze; es sind Vor-
träge, deren Entstehung der Zeit nach sogar ziem-
lich weit auseinander fällt und die nunmehr vereinigt
in Buchform vor die Öffentlichkeit treten. Es ist
aber bei aller Verschiedenheit der Themen durch-
weg der Anatom, der das Künstlerische in der Dar-
stellung, sei es nun im Bildwerk, der Malerei oder
Mimik, von seinem Standpunkte aus erklärend, er-
läuternd oder auch kritisch behandelt. Der weitaus
größere Teil des Buches gehört dem Gebiete der
bildenden Kunst an und auch bei den Abschnitten
über Mimik ist wieder die bildende Kunst mit ihren
Gesetzen mehr oder minder zum Ausgangspunkt ge-
nommen. Wie trefflich der Verfasser auch in kunst-
geschichtlichen Dingen bewandert ist, hat er in zahlrei-
chen darauf bezüglichen Abhandlungen bewiesen; mit
welcher Liebe er sich aber in seine Themen vertieft
und mit welchem Scharfsinn er oft die schwierig- j

sten Fragen zu zergliedern versteht, bezeugen unter
den vorliegenden Abschnitten besonders die, in
denen „die Menschen Michelangelos" behandelt
werden. In dem ersten Vortrage wird das Verhält-
nis der Gestalten des großen Italieners zur Antike,
im folgenden dann die Deckenmalerei der Sixtina
einer geistvollen Betrachtung unterzogen. Der Ver-
gleich des anatomischen Reliefs in der Gestaltung
des aus dem Studium an der Leiche hervorgegan-
genen Formenbaues der Menschen Buonarottis gegen-
über den direkt nach dem Leben geschaffenen Ideal-
bildern der Griechen, des Dramatischen in den Atti-
tüden hier wie dort, führt den Verfasser zu einer
Reihe interessanter Schlüsse, auf die hier selbstver-
ständlich nicht weiter eingegangen werden kann.
Wie treffend aber charakterisirt z. B. Henke das
Wesen der Menschen Michelangelos in wenig Sätzen
im Gegensatze zu der freudigen Schönheit der An-
tike, wenn er sagt: „An Michelangelos Gestalten
hat die Arbeit des Lebens diese zarte Äußerung der
Beseelung schon von der Oberfläche zurückgedrängt.
Ein Bild der gealterten Menschheit, die sich nicht
mehr in naivem Behagen ihres Lebens im Leibe
freut, sondern ihn nur als Werkzeug des Geistes
gebraucht, bieten sie uns dar. Sie stellen uns nicht
den täuschend natürlichen und jugendlich blühenden
Glanz der Erscheinung gesunder frischer Leiber vor
Augen, um uns wie in einem idyllischen Stande
daran zu ergötzen; noch weniger machen sie gar,
wie die Nuditäten moderner Maler, einen üppig rei-
zenden Eindruck, eher den einer traurigen Blöße.
Aber sie lassen um so viel mehr die wirklich ver-
ständliche Beseelung des Körpers, das Spiel der
Muskeln, die Stellung der Knochen mit gesteigerter
Deutlichkeit, als wenn wir es im eigenen Körper
nachfühlen, erkennen. Der Autor analysirt Statue
um Statue des großen Meisters und zergliedert so-
dann die Darstellungen der Sixtina, von den groß-
artigen Gestaltungen der Thaten Gottes angefangen
bis zu den genrehaften Bildern der L^petten. Er
bleibt aber nicht etwa bei der Zergliederung und
dem Detail stehen, dem Anatomen reicht sofort der
Philosoph die Hand und in geistvoller Reflexion
baut sich die Idee des Ganzen wieder vor uns auf,
allseitig durchleuchtet und geklärt. Den genannten
Aufsätzen, welche unseres Erachtens das Wertvollste
des Buches ausmachen, gehen die Vorträge über
das „Gehen und Stehen des Menschen" und den
„Ausdruck des Gesichtes" voran. Im ersteren sind
namentlich die einschlägigen Arbeiten der Brüder
Weber zur Grundlage genommen, die einzelnen
 
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