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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Rosenberg, Adolf: Das Projekt für den Berliner Dom
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0201

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Das Projekt für den Berliner Dom.

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des sogenannten „Roten Schlosses" und der Schin-
kelschen Bauakademie bezwecken. Da wir aber nicht
in der Aera Haussmanns leben und hoffentlich auch
keine Herostrate unter uns sind, wir vielmehr mit
der Zähigkeit des preußischen Fiskus und den lang-
wierigen Etappen des Expropriationsverfahrens zu
rechnen haben, so werden diese Pläne voraussicht-
lich bald wieder zur Ruhe kommen, nachdem sie
gründliche Misstimmung erregt haben. Mit vollem
Recht und in richtiger Würdigung der allgemeinen
Volksstimmung hatte erst kürzlich die Berliner
„Post" darauf hingewiesen, dass „im gegenwärtigen
Moment nichts dem Ansehen der Krone nachteiliger

danke an einen großen protestantischen Dom, in
dessen Gestaltung die deutsche Baukunst unserer
Zeit ihr Können in höchster und edelster Kraft ent-
falten wollte, ist erst seit der erfolglos gebliebenen
Konkurrenz von 1869 zu einem Dogma geworden,
an dessen Befestigung zwei Jahrzehnte gearbeitet
haben. Man kann deshalb die Enttäuschung und
Entrüstung der Architekten, die durch die gebie-
terische Lösung der Dombaufrage hervorgerufen
worden ist, wohl begreifen und würdigen; aber sie
haben in ihrem Eifer übersehen, dass der demokra-
tische Grundzug des protestantischen Bekenntnisses
mit der Erbauung eines oder vielmehr des evangeli-

Grundriss des Domentwurfs für Berlin.

sein könnte, als die Anregung von Luxusbauten
unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel und dass
mit der Bewilligung der Dombaugelder die Grenze
der Bereitwilligkeit in dieser Richtung bei allen
Parteien zur Zeit erreicht sein dürfte."

An dem Platze für den Neubau des Doms
musste also wohl oder übel festgehalten werden und
zwar nicht bloß aus ästhetischen und Sparsamkeits-
rücksichten, sondern auch aus dem Grunde, weil
es sich streng genommen nicht um einen Dom, um
eine Centraikirche der protestantischen Christenheit
im Sinne von St. Peter, sondern eigentlich nur um
ein Gotteshaus für die kleine Berliner Domgemeinde
in Verbindung mit einer Gruftkirche für das Ho-
henzollernsche Herrscherhaus handelt. Der Ge-

sehen Doms in Berlin in vollem Widerspruche steht.
Das Reichstagsgebäude muss nach der Verfassung
in Berlin sein und bleiben. Aber auf religiöse Fragen
haben die Paragraphen der Verfassung und die son-
stigen gesetzlichen Bestimmungen nur einen geringen
Einfluss, wie wir erst kürzlich bei dem Sturm gegen
das preußische Volksschulgesetz gesehen haben. In
Hamburg, Magdeburg, Wittenberg, Lübeck, Bremen
und Danzig denkt man über eine protestantische
Metropolitankirche anders als in Berliner Archi-
tektenkreisen.

Wenn man also den Gedanken an einen Central-
dom der protestantischen Christenheit fallen lässt
und nur an die Berliner Domkirche denkt, gewinnt
die Angelegenheit ein anderes Gesicht. Der Bildner
 
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