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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Rosenberg, Adolf: Die akademische Kunstausstellung in Berlin, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0224

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435

Die akademische Kunstausstellung in Berlin.

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Paul Meyerheim, der Bildhauer E. Ilerler, die Kupfer-
stecher G. Eilers und IL Meyer, Hans von Bartels,
W. Trübner, Hans Tkoma, Eduard von Gebhardt, Franz
Stuck, Gustav Schönleber u. a. nachgekommen. Dazu
gesellt sich noch eine Auswahl aus den Werken
Gustav Spangenbergs, die kürzlich in der National-
galerie zu sehen waren. Durch diese Einrichtung
ist die Gesamtzahl der ausgestellten Werke auf
rund 2140 Nummern gebracht worden. Aber es
darf nicht verschwiegen werden, dass die Sammel-
ausstellungen mit wenigen Ausnahmen nichts Neues
bieten, weil sie uns früher schon zu wiederholten
Malen in München und Berlin, von den großen Aus-
stellungen und von den Kunsthändlern vorgeführt
worden sind. Unsere hastige, nur noch auf Massen-
wirkung arbeitende Zeit hat die wandernden „Sen-
sationsbilder" der siebenziger Jahre durch die wan-
dernden Sammelausstellungen der neunziger Jahre
weit übertrumpft. Was Thoma, Trübner, Stuck,
H. v. Bartels an alten und neuen Arbeiten zu bieten
haben, ist uns in den letzten beiden Jahren auf den
großen Münchener Ausstellungen und in Berlin
durch Gurlitt, Schulte und Amsler und Ruthardt so
oft und so eindringlich zu Gemüte geführt worden,
dass unsere — und voraussichtlich auch vieler an-
derer Kunstfreunde — Aufnahmefähigkeit dadurch
völlig erschöpft worden ist. Man wird dieses nur
etwas zu schnell gebotene Repetitorium in moderner
Kunstgeschichte immerhin mit schuldigem Danke
entgegennehmen, sich aber mit größerem Inter-
esse denen zuwenden, die in ihren Sammelausstel-
lungen Neues geboten haben. Das sind in erster
Linie Paul Meyerheim und Gustav Schönleber. Ersterer
ist mit elf Ölgemälden aufgezogen, anscheinend
sämtlich „gemalt in diesem Jahr", zu zwei Dritteln
Mittelgut, mit Anstand und mit bestechender Manier
aus dem Handgelenk geschüttelt, im dritten Dritt-
teü aber gediegen und tüchtig, je nach dem Thema
voll Humor und Eleganz, Wahrheit und Anmut
glücklich mischend: drei musizirende junge Mädchen
in halben Figuren hinter einer Brüstung sichtbar,
für die Dekoration eines Saales bestimmt, aber keines-
wegs dekorativ im üblen Sinne gemalt, eine Affen-
theatervorstellung in einer Leinwandbude, in der be-
kannten, aber immer gern gesehenen Art, und ein
Affe auf einem Tisch, der bei einem heimlichen
Kirschenschmaus von einem Neufundländer ertappt
wird. Einen vollständigen Überblick über den Um-
fang seines Schaffens bietet Schönleber in 68 Öl-
gemälden und Skizzen, zu denen sich noch eine
Reihe von Studien und Zeichnungen gesellt. Alle

Studienplätze des Künstlers, dessen Kraft sich zu
immer größerer Vielseitigkeit und Ausdrucksfähig-
keit der aus dem Zusammenwirken von Wasser, Luft,
und Licht erzeugten atmosphärischen Stimmungen
entfaltet, sind in dieser Ausstellung vertreten: Vene-
dig, Schwaben, Nordholland und die Riviera. Ihr
verdankt Schönleber einen starken Aufschwung seiner
Kunst. Es ist, als ob in diesen vom Meer um-
brausten Felsen und hochragenden Städtchen, deren
Bauwerke etwas Burgartig-mittelalterliches haben,
wieder der große Stil der sogenannten historischen
oder heroischen Landschaft im Bunde mit dem mo-
dernen, zu höchster Virtuosität gebrachten Koloris-
mus erwachte.

Die Sammelausstellung des Bildhauers E. Herter,
der außer einer Zahl bekannter Werke (ruhender
Alexander, Aspasia, Amazonenkampf, Hermes) ein selt-
sames, aber glücklich durchgeführtes Phantasiestück,
den Kampf einer ihr Kind schützenden Nixe mit einem
riesigen Tintenfisch auf dem Meeresgrunde, ausge-
stellt hat, führt uns auf die Plastik. Wie im vorigen
Jahr repräsentirtsieauchin diesem den besten Teil deut-
schen Kunstschaffens und zwar ziemlich gleichmäßig
auf dem Gebiet der monumentalen, dekorativen, Por-
trät- und Genrebildnerei. Auch ohne den moralischen
Gewinn in Betracht zu ziehen, der für die Wert-
schätzung der deutschen Bildhauerkunst im Ausland
daraus erwächst, wird man das kolossale Washing-
tondenkmal Rudolf Sienierings für Philadelphia als
eine That von gewaltiger Willens- und Schaffens-
kraft preisen dürfen. Seit Rauchs Friedrichsdenk-
mal ist ein solches Werk noch nicht auf Berliner
Boden wieder entstanden, ganz und gar von der
ersten Skizze bis zu den vollendeten Bronzegüssen,
und noch nie zuvor hat eine Ausstellungsleitung den
Mut gehabt, das Gussmodell einer so kolossalen bild-
nerischen Schöpfung in einem geschlossenen Räume
mit allem architektonischen Beiwerk aufzurichten,
wie es hier mit dem Washingtondenkmal geschehen
ist. Freilich nur zu drei Vierteilen, da die an der
Rückseite des Denkmals befindlichen Terrassengrup-
pen in der großen Skulpturenhalle des Ausstellungs-
palastes keinen Platz mehr finden konnten. Eine
kleine Kopie bietet dafür eine Ubersicht über den
gesamten Umfang des Denkmals, das in seinem
Beiwerk am Sockel des Reiterstandbildes, in seinen
Menschen- und Tierfiguren auf den Vorsprüngen
des terrassenförmigen Unterbaus eine großartige Ver-
herrlichung nordamerikanischer Volks- und Natur-
kraft bildet. Von dem gleichen Streben nach großer
monumentaler, von keiner naturalistischen Neigung
 
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