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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Groeschel, Julius: Der Meister des Fuggerhofes in Augsburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0264

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515

Der Meister des Fuggerhofes in Augsburg.

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wichtige Stellen durch Abwaschen von Staub und
Russ, ich reinigte sie von oberflächlich anhaftendem,
bei Reparaturarbeiten aufgespritztem Mörtel, pauste,
was noch zu pausen war, und ließ überdies alle
Reste, soweit es ihr Zustand erlaubte, photographi-
ren. Diese Photographien übergab ich später gele-
gentlich eines Vortrages im Jahre 1888 dem histo-
rischen Vereine für Schwaben und Neuburg. So
verwendete ich im ganzen im Laufe von etwa drei
Jahren, kurze Besuche des Hofes nicht gerechnet,
mehr als drei Wochen auf die Untersuchung der
Fresken und setzte dabei an der Hand des so gewon-
nenen Materiales, freilich mit vielen Unterbrechun-
gen, die mich aber auch vor Einseitigkeit bewahr-
ten, die vergleichenden Studien fort. Deshalb glaube
ich mit einer Gewissenhaftigkeit gearbeitet zu haben,
die ein Infragestellen des Resultates lediglich auf
Grund einer nach verschiedenen Seiten hin „zweifel-
haften Signatur" ausschließen dürfte.

Die Betrachtung der im Germanischen Museum
zu Nürnberg befindlichen, vom Jahre 1509 datirten
Maria (Kat. Nr. 159) giebt mir zu einigen weiteren
Notizen Veranlassung. Dieses Bild zeigt, wie schon
mehrfach konstatirt, oberitalienische Einflüsse, die wir
auch im Fuggerhofe aus den Trompetergruppen an
der Ostwand erkennen. Die Burgkmair'sche Maria
sitzt auf einer reichen Steinbank, nicht Holzbank,
wie Alfred Schmid in seinen „Forschungen über
Hans Burgkmair" (München 1888) S. 37 angiebt. Das
zum Sitz überleitende Gesimse zeigt dasselbe Profil
wie das Brüstungsgesimse der Balustergalerie im Fug-
gerhofe und findet sich, wie in meinem ersten Auf-
satze über diesen Gegenstand angeführt, in gleicher
Form auf zwei Burgkmair'schen Bildern der Mün-
chener Sammlung (Kat. No. 226 und 227). Auf der
segrnentförmigen Gesimsbekrönung der Banklehne
ist ein bei Burgkmair häufig vorkommendes Motiv,
eine aus Delphinen zusammengesetzte Ornamen-
tirung angebracht, die in eine knopfartige Form
ausklingt, wie wir sie variirt in dem Haupt gesims-
friese des Fuggerhofes wiederfinden. Das Material
der Bank ist gelblicher und roter Marmor; letzterer
wird so charakteristisch dargestellt, dass wir behaup-
ten können, es hat Marmor aus dem Trientiner
Gebiete zum Vorbilde gedient. Dieses schöne Gestein,
das der Maler nur in Italien kennen lernen konnte,
denn selbst heute bei den erleichterten Verkehrs-
verhältnissen findet es in unserm Klima wegen seiner
geringen Widerstandsfähigkeit gegen die Einflüsse
der Witterung selten Verwendung, stellt Burgkmair
der tiefen satten Farben wegen gerne dar. Wir fin-

den es praktisch verwertet an den Säulen und
Galeriebalustern des Fuggerhofes. Da Herr Direktor
Dr. W. Schmidt konstatirte, dass die in Rede ste-
hende Maria auf Nadelholz gemalt ist, wird die Ver-
mutung Alfred Schmid's, das Bild sei in Italien
entstanden, nicht sehr wahrscheinlich.

Betrachten wir nun, der eingangs angeführten
Friedländer'schen Äußerung zufolge, den früher
A. Altdorfer, nunmehr Ulrich Apt zugeschriebenen
Universitätsaltar der Münchener Sammlung (Kat. Nr.
292a). Derselbe besitzt einen durch verschiedene
Baulichkeiten belebten, reizvollen landschaftlichen
Hintergrund, der des Charakteristischen soviel bietet,
dass er bei Bestimmung des Meisters nicht außer
acht gelassen werden sollte. Phantastische Architek-
turen, wie wir sie in jener Zeit vielfach finden,
ebenso Darstellungen großartiger und deshalb all-
gemein bekannter Architekturwerke können nicht
bedeutungsvoll sein, wohl aber müssen einfache,
ländliche Motive berücksichtigt werden, deren Hei-
mat wir bestimmen können, und die gerade in ihrer
Anspruchslosigkeit ein wichtiges Moment zur Fest-
stellung der Einflüsse bilden, unter denen, ja sogar
zur Bestimmung der Gegend, wo das Bild entstanden.

Auf den beiden Flügeln des Universitätsaltares
erscheinen ländliche Gebäude. Das Bauernhaus auf
dem rechten Flügel zeigt in seinem ungleichseitigen
steilen Strohdach ein niederdeutsches Motiv; die
schmalen Fenster die, nur durch dünne Fenster-
pfeiler getrennt, zu fünf beziehungsweise zu sechs
nebeneinandergereiht sind, müssen wir als ein rhei-
nisches Motiv bezeichnen, das sich an massiven
Bauten z. B. in Bayern vom Bodensee aus bis nach
Kempten und Memmingen mit gewissen Modifika-
tionen verfolgen lässt; an dasselbe knüpfen vermut-
lich die Zwerggalerien der rheinischen Kirchenbauten
an. Eine auf dem Mittelbilde erscheinende, von einem
Teich umgebene Burg weist gleichfalls auf Gegen-
den hin, in welchen die aus vielen Rücksichten
bevorzugte Hochstellung der Burg unmöglich ist.
Jene Fenstergruppirung in Verbindung mit Vor-
rückung des Obergeschosses und der erwähnten Dach-
bildung finden wir häufig auf kölnischen und nieder-
ländischen Bildern, so im Germanischen Museuni
auf einer die heil. Katharina darstellenden Tafel
des Bartholomäus Bruyn (Kat. Nr. 53), wo im
Hintergrunde ein ganz ähnliches Gebäude sichtbar
ist; genau denselben Charakter zeigt ein ländlicher
Bau auf der der Schule des Barend van Orley zu-
geteilten Anbetung des Jesuskindes durch die Könige
 
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