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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Groeschel, Julius: Der Meister des Fuggerhofes in Augsburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0265

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517

Der Meister des Fuggerhofes in Augsburg.

518

(Kat. JNr. 68)- Bei solchen Betrachtungen gelangen
wir weiter zu einem unerwarteten Resultate.

Auf dem vom Jahre 1505 datirten Gemälde
Burgkmairs im Germanischen Museum (Kat. Nr. 157),
Kaiser Maximilian und der heil. Sebastian, bietet
sich aus einer hohen Bogenöffnung der Renaissance-
architektur ein landschaftlicher Ausblick. Spuren
von Goldgrund, besonders deutlich zwischen den Fe-
derenden der Pfeile, die der heil. Sebastian in der
Hand hält, beweisen, dass die ganze Landschaft, wie
Herr Direktor Dr. W. Schmidt konstatirte, eine be-
trächtlich spätere Übermalung ist. Vergleichen wir
die hier dargestellten Gebäude mit jenen im Hinter-
grunde des obenerwähnten Universitätsaltares. Die
links stehende Gruppe, nämlich ein durch die Bogen-
architektur überschnittenes, und deshalb nur teilweise
sichtbares ländliches Gebäude, weiter zurück ein
Bauernhaus mit ungleichseitigem Dach, vorge-
schobenem Obergeschoss und anstoßender Wagen-
remise, .dann weiter rechts ein Turm mit massivem
Unterbau, Obergeschoss in Holzkonstruktion, stimmt
genau mit der in dem rechten Flügel des Altares er-
scheinenden Gruppe überein. Die durch die Wiese vor
den Gebäuden ziehenden Wege, der rechteckig be-
grenzte Teich dort, die Zahl der Fenster des Bauern-
hauses, der Wagen in der Remise u. s. f., ja sogar die
vor dem Turm auffliegende Taube, dann die Felspartie
mit Baumschlag hinter den Gebäuden, sind die pein-
lich genaue Wiederholung jener Darstellung. Dr.
W. Schmidt konstatirt, dass jene das Original, der
Hintergrund des Burgkmair'schen Bildes die Kopie ist.

Rechts neben dem Turme erhebt sich ein Felsen,
neben welchem tiefer im Hintergrunde eine Reihe
von Gebäuden sichtbar wird, die sich am Ufer eines
Flusses oder Sees hinzieht. Auch für diese enthält
der Universitätsaltar das Vorbild. Das zunächst
rechts neben dem Felsen erscheinende Gebäude mit
einem Flügelbau, an dem sich ein runder Erker be-
findet, dann der Hauptbau, der sich mit dem Giebel
gegen den Beschauer wendet, ist gewissenhaft aus
dem Mittelbilde des Altares kopirt, wo es über der
linken Schulter des heil. Matthäus sichtbar wird.
Hier ist nur rechts vor dieses Bauwerk noch ein
runder Turm gestellt, der auf der Kopie wegge-
lassen , und durch einen seitlichen Anbau an den
Giebel ersetzt worden ist. Die ganze weiter rechts
folgende Architekturgruppe ist mit größter Genauig-
keit dem rechten Altarflügel (links von der Gestalt
des heil. Johannes oberhalb des Buches in seiner
Hand) entnommen. Auch die Landschaft hier, der
zum Wasser abfallende waldige Höhenzug hinter

den Gebäuden, das jenseitige Ufer mit dem kegel-
förmigen Waldhügel und den sich darüber erheben-
den fernen Felsgebirgen stimmen genau mit jenen
überein. Aus dem Umstände, dass die weiter auf
dem Burgkmair'schen Bilde links durch eine per-
spektivisch verkürzte Thüre sichtbaren Baulichkeiten
ganz aus dem Maßstabe des übrigen Hintergrundes
fallen, und ein Zusammenhang mit diesem nicht denk-
bar ist, darf man schließen, dass auch sie irgendwo-
her von dem unselbständigen Ubermaler entlehnt
sind. Jedenfalls waren die beiden Bilder, der Uni-
versitätsaltar und dieses Burgkmair'sche Bild früher
einmal beisammen. Auf der Rückseite des letz-
teren steht auf einem kleinen Zettel „Nr. 59" mit
einer vermutlich die Sammlung bezeichnenden kurzen
Beischrift, von der jedoch ohne weitere Beihilfe nur
„ ... de Munich" entzifferbar ist.

Setzen wir die Vergleichung der auf dem Uni-
versitätaltar ersichtlichen Gebäude fort und wenden
uns zur Münchener Sammlung, so finden wir im Hinter-
grunde der dem Meister des Todes Mariae zuge-
schriebenen ,,Ruhe auf der Flucht nach Ägypten"
(Kat. Nr. 59) zwei ganz ähnliche, im Charakter voll-
ständig übereinstimmende Häuser, ebenso auf dem
demselben Meister oder dessen Schule zugeteilten
Bilde (Kat. Nr. 57), die Heiligen Christina und Gu-
dula darstellend. Weiter sehen wir fast die gleichen
Bauten im Hintergrund des Bildes „Christus am
Kreuz" von Bartholomäus Bruyn (Kat. Nr. 68), dann
auf Gemälden des Herrimet de Bles, der „Anbetung
der heil, drei Könige" (Kat. Nr. 146), und dem
Mittelbilde des Triptychons (Kat. Nr. 147), der als
Werk des Lucas van Leyden bezeichneten „Maria
in einer offenen Säulenhalle" (Kat. Nr. 148), den
gleichfalls niederländischen Bildern (Kat. Nr. 131)
Madonna im blauen Gewände, und (Kat. Nr. 159)
„Anbetung der heil, drei Könige".

Im Charakter verwandt, aber zum Teil wenig
durchgebildet, teilweise auch nicht als Steinbau ge-
dacht, treffen wir ähnliche, oft nur ihrer malerischen
Wirkung wegen verwendete Gebäude bei J. van
Ostade (Kat. Nr. 378, 381), S. van Ruysdael (Kat.
Nr. 542), Ph. Wouwerman (Kat. Nr. 505, 507) und
J. Breughel dem älteren (Kat. Nr. 686, 689, 690, 695),

Die Darstellung ländlicher Bauten mit ausge-
prägtem niederländischen Charakter scheint mir bei
Zuteilung des Universitätsaltares an einen ober-
deutschen Meister eine Erklärung zu heischen, soll
sie nicht mit großem Gewichte gegen die ganze
Hypothese sprechen. Für meine Studien zur Fest-
stellung des Meisters im Fuggerhofe fallen diese
 
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